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Die Erwachsenen reden viel über die Arbeit im Krankenhaus und auf der Rettungswache, während ich in meinem Essen stochere. „Hast du keinen Hunger?", flüstert Phil mir von der Seite zu. „Doch.", sage ich und fange an zu essen. Ich finde es etwas unangenehm zwischen diesen vielen Ärzten so zutun, als wäre das das normalste der Welt. „Und Liv, du gehst noch zur Schule? Hast du Hobbys?", fragt Alex, der sich gerade eine Nudel in den Mund steckt. „Ja ich gehe noch zur Schule, wurde aber krank geschrieben, als das mit meiner Mutter passiert ist. Wann soll ich eigentlich wieder zur Schule?", frage ich an Phil gewandt. Er überlegt kurz und antwortet dann knapp, dass er mit der Schule telefoniert hat und ich am Montag wieder zur Schule kann, wenn ich das möchte. „Vorausgesetzt, sie schafft das. Also psychisch.", meldet Paula sich zu Wort und sofort liegen alle Blicke auf mir. „Ja ich denke schon.", antworte ich schüchtern. „Achso und Hobbys habe ich keine außer lernen und Schule. Ich wollte schon immer mal Volleyball spielen aber das wird zu stressig mit dem lernen.", antworte ich auf Alex frage, der sofort große Augen bekommt. „Volleyball? Paula hat eine Zeit lang Volleyball gespielt. Vielleicht kann sie dir helfen.", sagt er. Sofort sehe ich zu Paula sie grinsend nickt. „Echt? Du hast gespielt?", frage ich euphorisch und merke nicht, dass ich eigentlich Angst vor ihr habe. „Ja für 5 Jahre in meiner Jugend und 2 Jahre in meiner Studienzeit, doch dann habe ich aufgehört, da mir das Studium wichtiger war.", erklärt sie.
Zusammen essen wir zu Ende und räumen dann das Geschirr weg. „Wir könnten ja an den Rhein.", sagt Phil, woraufhin alle nicken. Dies machen wir auch schon eine halbe Stunde später. Auf den Weg dorthin frage ich Phil, wie das mit der Adoption abläuft. „Also die Frau vom Jugendamt wird öfter vorbeikommen und wenn sie merkt, dass es dir bei uns gut geht und du bei uns bleiben willst, darf ich dich adoptieren. Du erhältst dann meinen Nachnamen und ich bin dann dein Adoptivvater.", erklärt er „Papa.", lache ich ironisch. „Wer hätte das gedacht. Am Anfang konnte ich dich überhaupt nicht leiden und jetzt bist du mein Vater.", sage ich und schüttle dabei lachend den Kopf.
Als wir am Rhein ankommen setzen wir uns alle auf eine Decke und schauen auf das Wasser. Ich sitze vor den Ärzten, weil ich lieber für mich alleine sitzen wollte. Ich kann ihre Blicke förmlich auf mir spüren, was mich etwas unsicher macht. „Liv, komm doch zu uns.", sagt Tabea, die bemerkt hat, dass ich weit weg sitze. Ich drehe mich um und schüttle dann mit dem Kopf. Ich will das alles nicht überstürzen. „Ich habe eine Idee.", höre ich Paula flüstern und plötzlich sitzt sie neben mir. Sofort rutsche ich weg von ihr und drehe mich dann um, damit Phil mir hilft aber er beobachtet uns nur. Was soll das von ihm? Ich habe ihn doch gebeten, mir immer zu helfen und jetzt sitzt der da nur rum. „Wollen wir Volleyball spielen?", fragt Paula und holt aus ihrer Tasche einen platten Ball und eine Luftpumpe. Man, kann Phil mir mal bitte helfen? Die vier Ärzte, die hinter mir sitzen beobachten das Geschehen, während Paula anfängt den Ball aufzupumpen. Ich kann mich nicht daran erinnern, ja gesagt zu haben. „Ich will nicht.", knurre ich und stehe auf. „Liv?", ruft Phil, als ich Anstalten mache, wegzurennen. Die anderen WG-Bewohner stehen ebenfalls auf. „Lasst mich einfach in Ruhe. Ich will mit euch Ärzten nichts zutun haben!", schreie ich und renne weg. Mein Entschluss steht fest. Ich will diese Personen nicht in meinem Leben haben. Ich hasse Ärzte und werde es auch immer tun. „Liv, bleib hier!", rufen Phil und Alex, die mir hinterherrennen. „Haut ab, lasst mich.", brülle ich und renne weiter, doch ich stolpere und falle mit voll Karacho auf den Asphalt. „Aua!", schluchze ich nun. Meine Hände und Knie sind aufgeschürft und bluten. Die beiden Männer sind schnell bei mir, doch ich rutsche von ihnen weg. „Ihr sollt euch verpissen.", knurre ich unter Tränen. Phil sieht mich mit erschrockenen Augen an, weil er wahrscheinlich dachte, dass ich ihm endlich vertraue. Habe ich auch, bis jetzt. Ich will kein Teil dieser Familie sein. Das sind Ärzte, also Monster und ich will nicht, dass ein Monster mein Vater wird. „Liv, komm her.", sagt Phil und macht eine Bewegung, dass ich ihn in die Arme kommen soll, doch ich schüttle wütend den Kopf. „Ich...ich will nicht bei dir einziehen du...du blödes Monster!", schreie ich das aus, was mir gerade auf der Seele brennt. Phil sieht mich nur traurig und erschrocken an und steht dann auf. „Gut, wenn du das nicht willst, bringen wir dich jetzt zurück ins Heim.", antwortet er und hält seine Hand hin. Ohne seine Hand zu nehmen, stehe ich auf und wische mir den Dreck aus den Wunden. „Ich gehe nicht ins Heim.", sage ich und laufe an ihnen vorbei. Phil hält mich am Handgelenk fest, woraufhin ich ihm voll eine klatsche. Zuerst schaue ich ihn erschrocken an, weil ich erst realisieren muss, was ich da gerade getan habe, doch dann schnaube ich heftig, entziehe mich ihm und laufe weiter. Phil hält sich immer noch die Wange, während Alex mir hinterherläuft. „Alex, verpiss dich.", schreie ich und lege einen Zahn zu. Mittlerweile bin ich wieder bei den anderen angekommen und nehme mein Handy, welches noch auf der Decke liegt. „Liv du blutest ja.", stellt Paula fest und steht auf. „Wo ist Phil?", fragt Tabea, doch dann sieht sie ihn schon kommen. „Ihr seid alle Scheisse. Ich hoffe ihr kommt in die Hölle.", sage ich und gehe dann weiter. „Liv.", höre ich Phil rufen, doch gehe nicht darauf ein. Die können mich alle mal kreuzweise. Wie naiv mussten die sein, um zu denken, dass wir eine normale Familie sein könnten? „LIV!", schreit Phil nun lauter. Mittlerweile starren uns schon die Passanten an, doch das ist mir sowas von egal. „Was? Verdammt Phil, lass mich in Frieden. Du hast mein Leben zerstört schon vergessen? Dank dir ist Mama Tod. Ich hoffe...", beginne ich und überlege, ob ich das folgende sagen soll. „Ich hoffe, dir und den anderen passiert das selbe.", schreie ich es nun und gehe dann weiter, doch plötzlich...schwarz.

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Man liest sich im nächsten Teil:)

Der Grund zum kämpfen Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt