83 - Stolz

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Die restliche Nacht blieb zum Glück ruhig. Gina schlief wie ein Stein neben Michael und konnte so ein paar Stunden Schlaf nachholen, was bitternötig war. Als die ersten Sonnenstrahlen das Wohnzimmer erhellten, war Michael kurz einmal wach geworden, hatte dann aber wieder die Augen zu gemacht, als er auf der Wanduhr sah, dass es gerade einmal 8 Uhr war.

Jetzt war er aber nicht wegen der Sonne aufgewacht, sondern wegen etwas oder besser gesagt jemanden, der ihn immer wieder von hinten ins Ohr kniff und ihm dann wieder durch die Haare wuschelte.
"Bist du jetzt endlich wach?", flüsterte eine Kinderstimme, als er seinen Kopf soweit es ging nach hinten drehte, um zu sehen, wer ihm da gerade auf die Nerven ging.

"Elisa? Was machst du denn schon hier?", flüsterte er ihr leise zu, sodass er Gina nicht aus dem Schlaf riss.

"Schon? Michi, es ist 11 Uhr und 40 Minuten! Also fast Mittag und du und Mama schlaft noch wie so zwei Murmeltiere. Ich war schon um 10 Uhr und 30 Minuten da und wollte dich wecken aber ich hab dich nicht wach gekriegt. Und Mama wollte ich nicht aufwecken, weil sie so schön geschlafen hat.", plapperte Elisa los.

Immer noch schlaftrunken versuchte Michael Elisa zuzuhören, die offensichtlich schon ausgeschlafen war und nun unterhalten werden wollte.
"Das tut mir leid, dass du mich nicht wachgekriegt hast. Aber Angst oder so hattest du nicht, oder?"

"Nein, alles gut! Ich wusste, dass ihr nur auf dem Sofa eingeschlafen seid und du dich um Mama kümmerst. Ihr habt richtig süß gekuschelt!", kicherte sie leise und strahlte von einem Ohr zum anderen.

"Haben wir das?", antwortete Michael grinsend und fühlte sich ein wenig ertappt.

"Jaaa! Richtig süß!", bestätigte Elisa erneut. "Ihr seid genauso dagelegen wie jetzt, nur die Mama hat ihren Arm dann noch um dich gelegt gehabt, als ich zum ersten Mal reingeschaut habe."

"Elisa? Ist das...also ist das in Ordnung für dich?", wollte Michael sichergehen.

"Was? Dass ihr gerne kuschelt oder dass ihr voll verliebt seid?", feixte Elisa.

"Nix von beidem. Dass ich bei deiner Mama am Sofa übernachtet habe und sie bei mir im Arm geschlafen hat, meine ich."

"Klar! Ich finde das schön und gut, wenn du da bist bei mir und der Mama. Hast du gedacht, dass ich irgendwie sauer oder traurig bin wegen Papa?", fragte Elisa.

"Ja...irgendwie schon. Weil es halt auch noch nicht so lange her ist..seit dein Papa nichr mehr auf der Erde ist."

"Nein, das ist echt ok für mich. Ich bin froh, wenn es der Mama gut geht und wenn du da bist, dann geht es der Mama und mir sehr gut, also darfst du immer zu uns kommen wenn du magst! Ich habe noch eine Frage an dich...Also ich weiß, dass die Mama noch keinen neuen Mann haben will, weil Papa erst ein Jahr tot ist...aber sie mag sich ja voll...und wenn du und die Mama...also wenn ihr irgendwann euch so richtig mögt...und halt dann immer kuschelt und euch lieb habt und so...dann spielst und malst du trotzdem mit mir auch noch, oder?", fragte Elisa nachdenklich.

"Klar! Ich nehme mir immer Zeit für dich, Elisa. Da brauchst du keine Angst haben! Du sag mal...wo hast du denn Bruce gelassen?"

Elisa war mittlerweile auch aufs Sofa gekrochen und hatte sich auf das andere Ende gesetzt. Stolz begann sie zu erzählen, was sie schon alles gemacht hatte, während Gina und Michael noch geschlafen hatten.

"Ich muss dir was erzählen: Also ich bin ja schon früher aufgewacht, ich glaube da war es so 9 Uhr oder so und dann bin ich aufs Klo gegangen und hab geschaut, ob ihr noch da seid, weil es so leise war. Und ich hab dann gesehen, dass du und Mama kuschelt und noch am Schlafen seid und hatte dann Hunger. Also bin ich dann in die Küche gegangen und habe mir eine Scheibe Brot genommen. Da bin ich auf den Stuhl geklettert, das soll ich eigentlich nicht, aber ich war auch wirklich vorsichtig und hab mich nur darauf gekniet und nicht darauf gestellt. Und dann habe ich mir mit meinem Messer, das ist so ein Kindermesser, Nutella darauf gemacht und hab das dann gegessen und hab ein Wasser dazu getrunken. Weil das mit dem Teewasser das hab ich mich nicht alleine getraut, weil die Mama sagt, dass man da aufpassen muss, weil das Wasser so heiß ist. Und dann habe ich so gegessen und Bruce ist dann immer um den Tisch gegangen und ich habe erst gedacht er hat auch Hunger aber er hat ja noch was zu essen in seiner Schüssel, die da im Flur steht."

Have faith in the dark - MPKWo Geschichten leben. Entdecke jetzt