Kapitel 35

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Ich habe gestern noch Dardans Wohnung aufgeräumt und mich ein bisschen umgesehen. Es ist eine richtig schöne Wohnung. Alles ist so schön eingerichtet, aber was erwartet man von einem Architekten. Ich habe seit langem wieder gut schlafen können, da seine ganze Bettwäsche nach ihm riecht. Es hat sich angefühlt, als würde ich in seinen Armen schlafen.

Dardan wollte mich heute zum Frühstück abholen und dann mit zur Arbeit nehmen. Ich würde nicht bei ihm arbeiten, aber als mentale Unterstützung. Er klingelt an der Tür, obwohl er einen Schlüssel hat. Schnell rutsche ich über den Boden bis zur Haustür und reiße diese auf. „Guten Morgeeeeeeen!" Meine gute Laune kann ich mir selber nicht erklären. Fragt einfach nicht. „Guten Morgen Sonnenschein. Warum bist du so gut drauf?", fragt mich Dardan. „Vielleicht weil ich von einem sehr gut aussehenden Mann abgeholt werde?" Er streicht sich verlegen am Bart. „Eh danke. Bist du Ready?" Ich nicke und ziehe schnell meine Schuhe an. Meine Haare habe ich heute mal geglättet, da sie sehr lang geworden sind und ich meine Haare sehr mag. Ansonsten habe ich ein lila Sommerkleid an, welches rückenfrei ist. Da es heute sehr warm ist, habe ich mich gar nicht geschminkt.

„Deine Wohnung ist so schön eingerichtet. Ich war geschockt." Dardan lacht über meine Worte, da ich schon die ganze Fahrt über seine Wohnung schwärme. „Wenn du willst, könntest du für immer dort wohnen und als extra Bonus hättest du einen attraktiven Ehemann. Was hälst du davon?" „Hmm was bringt dieser Ehemann denn für Vorteile mit sich? Ich meine man hätte weniger Wohnraum, weniger Platz im Bett, kein Bad für sich, man müsste für mehr Personen kochen. Was sind Ihre Kompetenzen Herr Berisha?" „Das sehen Sie, wenn sie mich geheiratet haben zukünftige Frau Berisha." Ich zucke nur mit den Schulter und gucke unbeeindruckt aus dem Fenster. „Ach Denisa und Granit wollten auch kommen.", erzählt mir Dardan. Irgendwie fühlt es sich so komisch an, dass Denisa mit Granit vor ihrem Bruder als Paar sitzt. Ich weiß, es ist völlig normal, aber irgendwie ist es ungewohnt. „Hiiii Leute. Endlich kommt es mal zu einem Doppeldate.", sagt Denisa fröhlich, während sie sich zu uns setzen. Dardan verdreht die Augen, was mich und Granit zum Lächeln bringt. Er knurrt nur ein „Übertreib's nicht", bevor er sich die Menükarte anschaut. „Ermira, können wir gleich vielleicht kurz reden?" Mein Blick wende ich zu Granit, der das gerade gesagt hat. Warum will er mit mir reden? Vor allem alleine? Ich nicke nur und lächle ihn an. Jetzt bin ich voll neugierig.

Denisa und Dardan streiten sich gerade darüber, wer das Lieblingskind ist. Natürlich meint es keiner von beiden ernst, aber es ist amüsant denen zuzuschauen. „Ermira sag doch was!" Ich sehe zu Denisa, die mich gerade mit einmischt. Dardan sieht mich warnend an. „Also wenn ich ehrlich bin, denke ich, dass eure Mutter mich am meisten mag." Natürlich war das nicht ernst gemeint, aber ich werde mich hier nicht auf eine Seite stellen. Am Ende ist einer von beiden sauer. Während die beiden weiter in ihren Gespräch vertieft sind, gibt mir Granit ein Zeichen mit dem Kopf Richtung Tür. Ich glaube er will kurz mit mir reden, weshalb ich aufstehe und mit ihm vor die Tür gehe.

„Was gibt's?", frage ich direkt. „Ehm ich weiß ehrlich gesagt gar nicht, wo ich anfangen soll. Du hast ja alles mitbekommen, was in Kosovë passiert ist." Ich nicke. „Und ich will dich nicht überrumpeln oder was weiß ich. Ich weiß selber nicht mal mehr wovon ich rede. Meine Gedanken sind überall, aber auch nirgendwo. Deswegen rede ich nicht viel Drumherum und frage dich einfach direkt. Du hast mir damals doch erzählt, dass du hier deine leiblichen Eltern suchst und von Dardan habe ich erfahren, dass sie sogar auch Krasniqi heißen. Ich weiß es klingt für dich vielleicht komplett verrückt, aber denkst du, dass du vielleicht meine Schwester sein könntest?" Okey, damit habe ich absolut nicht gerechnet. Klar, ich hatte auch mal diesen Gedanken, aber ich habe ihn nie weiter ausgeführt. „Also um ehrlich zu sein, habe ich schon mal daran gedacht, aber ich habe es nicht weiter ausgeführt, vor allem, weil ihr alle immer gesagt habt, dass du keine Schwester hattest." „Würde es dir vielleicht etwas ausmachen mit meinen Eltern zu reden? Die beiden sind seit der Sache ganz durch den Wind. Vielleicht finden wir ja etwas heraus." „Das mache ich sehr gerne." Er sieht zum ersten Mal hoch und man erkennt die Erleichterung in seinen Augen. Ich biete ihm eine Umarmung an, die er sofort annimmt und mir gefühlt tausend mal dankt. Etwas entspannter geht er vor und ich direkt hinter ihm wieder ins Café.

Direkt als ich mich setze, blinkt mein Handy auf. „Was hast du da bitte an?" Ich sehe verwirrt hoch zu Dardan. „Ein Kleid? Sieht man das nicht?", schreibe ich zurück. „Wo ist der hintere Teil des Kleides?" Das meint der doch nicht ernst. „Sonnenschein, das nennt man rückenfrei.", antworte ich, während ich ihn provokant anschaue. „Sobald wir zuhause sind, verbrenne ich es." Unglaubwürdig hebe ich den Blick vom Handy und lege es weg. Auf so eine Diskussion lasse ich mich heute nicht ein. Das merkt Dardan auch schnell.

Das restlich Frühstück verläuft ganz entspannt. Wir sind eine ganz lustige Gruppe geworden. Ich hoffe das bleibt immer so. „Da wir hier schon so sitzen, wollten wir was ankündigen." Wovon redet Dardan da? „Wir werden heiraten." Ich verschlucke mich an meinem Essen und fange stark an zu husten. Was macht der Typ? Warum sagt der das jetzt hier? Wir wollten das doch noch besser besprechen. Er hätte mich vorher fragen müssen. Klar, wir wollen wirklich heiraten, das ist auch beschlossen, aber alles andere ist noch offen. Es war die Rede von einer islamischen Hochzeit unter uns, für unser Gewissen. Nicht mehr. Denisa springt auf und kommt stürmisch auf mich zu. Sie umarmt mich und knutscht mich ab. Ich sehe Dardan dabei an. Ich hoffe er sieht an meinem Blick, dass ich das nicht gut fand. „Glückwunsch Leute.", gratuliert Granit uns. „Weiß Mama schon davon?", fragt Denisa Dardan. Ich sehe ihn abwartend an. Ich würde auch gerne wissen, ob seine Mutter auch schon davon Bescheid weiß. „Eh...ich hab es glaube ich mal erwähnt gehabt, dass ich das gerne machen würde." Er kratzt sich am Nacken. Er sieht seinen Fehler. Versteht mich nicht falsch, ich möchte nicht, dass er sowas vor seiner Familie geheim hält, aber ich denke, dass wir das besser hätten besprechen sollen, bevor er der halben Welt davon erzählt.

Nach 10 Minuten stehen wir alle auf und verabschieden uns voneinander. „Bring mich bitte nach Hause. Ich möchte nicht mit in die Firma.", sage ich ruhig zu Dardan, als wir ins Auto steigen. „Wieso? Was ist los?" „Nichts. Bring mich bitte nur nach Hause."  Er nickt und starten den Motor. Rasend, wie er nun mal immer fährt, fährt er mich bis zur Wohnung. Da er wirklich zur Arbeit muss, geht er auch direkt wieder.

Oben in der Wohnung abgekommen, ist es ruhig. Genau das brauche ich jetzt. Hier habe ich genug Zeit um nachzudenken. Ich habe mir nämlich absolut keine Gedanken darüber gemacht, ob ich nach den 1,5 Jahren zusammenleben mit Blerim überhaupt in der Lage war, wieder mit jemanden zusammenzuleben. Was passiert, wenn er rauskommen sollte? Was ist mit meinen Eltern? Warum haben die mich nie angerufen? Warum hat auch Emir sich nie bei mir gemeldet? Was passiert, wenn Granits Eltern auch meine Eltern sind? Darüber habe ich auch noch nicht nachgedacht.

Beim vielen denken bin ich wohl eingeschlafen, denn ich werde durch das hämmern und klingeln an der Tür wach. Wer klopft und klingelt bitte wie so ein kranker? Als ich die Tür öffne, sehe ich einen besorgten Dardan vor mir. „Wo warst du? Warum machst du nicht auf?", schießen die Fragen direkt aus ihm raus. „Dardan ich war am schlafen. Warum klingelst du wie ein kranker? Du hast doch einen Schlüssel." „Ich habe den zuhause vergessen. Ich habe mir Sorgen gemacht, als du nicht aufgemacht hast." „Mir gehts gut." Mit den Worten gehe ich Richtung Wohnzimmer. Dardan folgt mir. Irgendwie bin ich gerade genervt. Ich weiß auch nicht warum.

Wir sitzen beide auf der Couch und schweigen. „Ermira wegen heute. Ich hätte vorher mit dir darüber reden müssen." „Ja Dardan, das hättest du. Das hast du aber nicht." „Es tut mir leid, wirklich. Ich bin hier, um mich zu entschuldigen und alles mit dir zu besprechen. So wie du es willst." „Ich möchte einfach vorher gefragt werden, bevor du sowas ankündigst. Vor allem bevor du es deiner Mutter sagst." Er nickt und schaut weiter auf seine Hände. Es tut mir leid ihn so zu sehen, weshalb ich mich neben ihn setzte und meinen Kopf auf seine Schulter lege. „Also, dann mal los. Wir planen eine Hochzeit."  Er sieht mich lächelnd an, aber man erkennt, dass er es von heute sehr bereut.

Na dann, wünscht uns viel Glück.

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es kommt zu einer Hochzeit!!
findet ihr, dass es zu schnell geht oder freut ihr euch für die beiden?

So nah und doch so fernWo Geschichten leben. Entdecke jetzt