40. Der Fremde

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"Das ist nicht wahr.", sofort stand mein Vater auch auf, doch er blieb ruhig, "Sag mir ehrlich, glaubst du, du hättest es gegen Miguel aufnehmen können, wenn du kaum auf den Beinen stehen kannst?", er legte seine Hände auf meine Schultern und sah mich väterlich an.

Schließlich gab ich es zu und entschloss mich Miguels Kampf im Finale mit ihm anzusehen.
Als wir in die Halle traten, sah ich schnell, dass an der Tafel der Finalkampf schon angegeben war, "Er kämpft gegen Robby.", flüsterte ich entsetzt.

"Geh zu den anderen. Ich muss mit Diaz reden.", mein Vater zeigte auf die anderen, während er sich schon entfernte.
Bert schien mein Schlag gut verkraftet zu haben und ich entschuldigte mich beiläufig bei ihm.

Schließlich ging der letzte Kampf los.
Auch wenn ich beobachtet hatte, wie mein Bruder kämpfte und wusste, dass er gut war, war mir klar, dass er nicht gegen Miguel gewinnen konnte.

Und so kam es auch. Miguel gewann das Finale gegen meinen Bruder und so war der Sieg immerhin bei Cobra Kai geblieben.
Voller Freude stürmte ich schreiend mit den anderen auf Miguel zu, als ihm der Pokal überreicht wurde.

Meine Schmerzen schienen durch die Freude ganz ausgeblendet zu sein, nur mein Vater schien sich nicht richtig freuen zu können. Er sah Robby hinterher, wie er mit LaRusso die Halle verließ.

Nach dem umziehen trafen wir uns alle draußen. Meine Schmerzen im Bein waren wirklich verflogen.
"Lasst uns zur Feier was essen gehen.", schlug Aisha vor.
Auch Demetri war dabei und freute sich mitkommen zu dürfen.

Also feierten wir unseren Sieg zu fünft, doch Miguel schien abwesend zu sein, "Was ist los?", fragte ich ihn, als ich zu ihm ging, denn er hatte unseren Tisch verlassen, nachdem er etwas gegessen hatte.
"Sam hat mich blockiert. Sie ist endgültig durch mit mir.", sagte er betrübt.

"Wenn sie nicht weiß, was sie an dir hat, dann hat sie selber Schuld.", versuchte ich ihn aufzumuntern, doch nichts klappte.
Auch als Aisha, Hawk und Demetri zu uns kamen und es versuchten, besserte sich seine Stimmung nicht.

"Ich werde zu ihr gehen und mit ihr reden.", murmelte Miguel, als er sich erhob.
Auch die anderen beschlossen sich auf den Weg nach Hause zu machen, schließlich waren wir schon fast zwei Stunden hier.

Ich verabschiedete mich von ihnen, denn mein Vater hatte mir nur erlaubt mitzugehen, wenn ich ihn anrief, wenn ich nach Hause wollte und er mich abholte.
Also bestellte ich ihn zu dem Imbiss und setzte mich an die Bar, um zu warten.

Da ich wusste, dass es um diese Uhrzeit schwer war hier her zu kommen, bestellte ich mir noch ein Glas Sprite.
Plötzlich setzte sich jemand genau auf den Barhocker neben mir, obwohl viele andere noch frei waren.

Doch ohne ihn zu beachten, trank ich meine Sprite, als ich sie hingestellt bekam.
"Du hast sehr gut gekämpft.", sagte der Mann plötzlich, ohne mich anzusehen.
Musternd sah ich zur Seite und beäugte den Fremden.
Er schien mir bekannt vorzukommen, doch ich wusste nicht woher.

"Wir geht es deinem Bein?"
Zögernd schob ich mein Glas zur Seite und sah auf mein Bein hinab, "Es geht schon.", sagte ich leise und musterte den Mann erneut.
"Es war falsch von deinem Sensei den Kampf abzubrechen. Wie alt bist du? 16?"

Ich bestätigte seine Vermutung und sah ihn abwartend an, "In diesem Alter hättest du alleine eine Entscheidung treffen sollen."

"Wer sind Sie?", fragte ich ihn schließlich direkt, "Sie kommen mir bekannt vor."
Der Mann drehte sich nun endlich zu mir und sah mich zufrieden an, "Ich bin nur jemand, der sich für die Kampfkunst begeistert."

"Also kämpfen Sie auch?", mit hochgezogenen Augenbrauen sah ich ihn an, doch er sah mich nur schmunzelnd an, "Ich habe vieles gesehen.", gab der Mann mir nur als Antwort.

Plötzlich klingelte mein Handy. Ich entschuldigte mich bei dem Mann und nahm ab. Es war mein Dad. Er sagte, dass ich schon ein mal rauskommen sollte, da er schätzte, dass er keinen Parkplatz finden würde.

Ich verabschiedete mich von dem Fremden Mann und trat raus auf die Straße.
Es dauerte knapp 10 Minuten, bis mein Dad kam und ich schnell in sein Auto stieg.

"Habt ihr eine schöne Siegesfeier gemacht?", fragte er mich glücklich.
"Was ist mit deiner Hand passiert?", stellte ich die Gegenfrage, als ich sah, dass seine Fingerknöchel rot angelaufen waren.

Er sah sich seine Hand an, als hätte er es noch gar nicht gemerkt, "Habe nur einem Kerl die Fresse poliert. Nichts besonderes.", tat er es ab und legte seine Hand wieder auf das Lenkrad zurück.

Zögernd sah ich meinen Vater an und begann schließlich zu reden, "Wieso durfte ich nicht selber entscheiden, ob ich weiterkämpfen möchte oder nicht?", fragend sah ich meinen Dad an.

Er zog die Augenbrauen hoch und konzentrierte sich weiter auf den Straßenverkehr, "Weil du dich falsch entschieden hättest. Es hätte schlimme Folgen nehmen können."

"Miguel hättest du es sicher alleine entscheiden lassen.", ich versuchte nicht vorwurfsvoll zu klingen, doch es fiel mir schwer.
"Fang nicht wieder damit an, Enna. Es reicht."

Doch ich schüttelte mit dem Kopf, "Nein, es stimmt."
Genervt stöhnte er auf, "Ich hätte ihn genau so wenig weiterkämpfen lassen, wie dich. Hättest du dich besser verteidigt, wäre es nicht dazu gekommen.", er drehte das Radio lauter, was mir sagte, dass er keine Antwort darauf wollte und das Gespräch für ihn zu Ende war.

Ich verschränkte die Arme. Eigentlich wollte ich ihm von dem Mann im Imbiss erzählen, doch das interessierte ihn sicher genau so wenig, wie meinen Kampfgeist.

Cobra Kai: Der Weg von Enna LawrenceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt