Story 37, Teil 4/4 - Turnier

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Ich hatte den ersten Platz erreicht und war nun auch in der Gesamtlistung auf dem ersten Platz, doch ich konnte mich nicht freuen. Immer wieder hörte ich, wie Papas halber Körper zermatscht wurde.

Ich konnte nicht mehr schlafen. Und auch die anderen beiden Teilnehmer waren schwer traumatisiert.

Nach dem Wettkampf wurde diskutiert, ob das gesamte Turnier abgebrochen werden sollte, doch das wollte keiner von uns. Wir hatten zu viel gegeben, um nun hinzuwerfen. Nachdem das Ministerium uns versicherte, dass bei der letzten Aufgabe keine anderen Menschen, Tiere oder verzauberte Puppen involviert wären, stimmten wir zu, weiter zu machen.

Doch mir ging es trotzdem elend. Ich schämte mich, doch ich konnte wochenlang nur mit Medikamenten und Papas Anwesenheit schlafen.

'Venias' Verletzungen waren nicht so schwerwiegend, weshalb ich das deutlich besser verkraftete, als das, was mit 'Papa' passiert ist.

Ich schlief in dieser Zeit in Papas Schlafzimmer im Schloss, während er auf einem Sessel neben mir schlief. Immer wieder träumte ich von diesem Geräusch, wie seine Knochen zertrümmert wurden und wie er schrie. Immer wieder, wenn ich meine Augen schloss, sah ich ihn vor mir liegen. 

Ich wurde in jeder Nacht mehrmals wach und vergewisserte mich, dass alles in Ordnung war. Auch wenn wir wochenends zuhause waren, schlief Papa auf dem Sessel im Wohnzimmer, während ich auf dem Sofa lag, wenn er mich nicht nachts einfach zu Mum und Dad ins Bett brachte, damit er wenigstens ein bisschen mit seinen Ehepartnern kuscheln konnte. 

Allein deswegen war es mir fürchterlich unangenehm. Ich, ein erwachsener, junger Mann, schlief im Bett meiner Eltern. So sehr, hatte ich mich noch nie geschämt. Aber Papa meinte, dass es okay wäre, und er so lange bei mir schlafen würde, wie es notwendig ist.

Aber den anderen beiden Teilnehmern ging es ganz ähnlich, nur dass sie nicht die gleiche Möglichkeit hatten, sich immer zu vergewissern, dass alles in Ordnung war. 

Eines Montags wurde ich von Papa aus dem Unterricht gerufen. Konzentrieren konnte ich mich seit Wochen sowieso nicht. 

Papa ging mit mir in die Räume, wo wie anderen Teilnehmer unterrichtet wurden, und zusammen brachte er uns in Tante Matildas Büro, wo Onkel Pelleas eine Tasse Tee trank. 

"Wir wissen, wie schlecht es euch Dreien geht, deswegen habe ich meinen Bruder zu uns geholt. Er arbeitet als Vergissmich und ist sozusagen, professioneller Gedächtnisveränderer. Er kann euch die traumatischen Erlebnisse vergessen lassen. Wir haben das mit euren Schulleitern, euren Eltern und dem Ministerium geklärt. Die Genehmigungen dafür haben wir leider nicht sofort bekommen, deswegen hat es ein wenig gedauert."

"Bitte, ich 'alte das nischt mehr aus.", sagte Alexandre und brach wieder in Tränen aus. 

"Möchten Sie es auch vergessen, Ms. Petrescu?", fragte Tante Matilda, als Liana ebenfalls zu weinen begann. "Du auch, oder, Eddie?" "Ja, bitte. So schnell wie möglich.", antwortete ich und merkte, wie mir das bloße Sprechen darüber wieder Tränen in die Augen trieb.

"Ich werde die Erinnerungen in soweit anpassen, dass ihr anschließend nicht mehr eure Liebsten, sondern nur Puppen oder Säcke sehen werdet. Kein Blut, keine Menschlichkeit, keine Ähnlichkeit zu euren Liebsten. Seid ihr damit einverstanden?", fragte Onkel Pelleas vorsichtig. 

Wir alle nickten. Und dann begann er bei Alexandre, der sofort aufhörte zu weinen und zum ersten Mal seit Wochen wieder lächeln konnte. Danach bei Liana und anschließend bei mir. 

Und tatsächlich, ich erinnerte mich nur noch daran, wie ich versucht habe, zwei Säcke Mehl zum Ziel zu tragen. "Besser?", fragte Onkel Pelleas. "Deutlich." "Sehr gut. Eure Erinnerungen waren wirklich grausam. Ich weiß nicht, welcher Vollidiot diese Aufgaben genehmigt hat. Es tut mir wirklich sehr leid, dass ihr so gelitten habt, aber jetzt sollte es euch besser gehen. Wenn nicht, sagt bitte einen der Beiden Bescheid, und dann komm ich nochmal vorbei."

Zauberhafte Sommersprossen - KurzgeschichtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt