𝐃𝐞𝐫 𝐀𝐮𝐬𝐛𝐫𝐮𝐜𝐡

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„Zafira, Zafira!" rief ich leise und versuchte meine Schwester wachzurütteln, indem ich ihr an die Schulter griff und diese rüttelte. Aber sie bewegte sich nicht. Weder zuckte sie mit den Augen noch gab sie irgendwelche Geräusche von sich. Ich beugte mich über sie und flüsterte erneut ihren Namen. Endlich gab sie das altbekannte Grummeln von sich, dass sie immer machte, wenn sie geweckt wurde und sah mich mit halboffenen Augen an. 

„Ich habe hier gerade etwas über die Ausbrüche in New York gelesen. Weißt du, da könnten wir uns vielleicht was abgucken!" 

Zafira war nicht besonders begeistert von meiner Neuigkeit. Sie antwortete nur halbherzig „Schön Lita, geh wieder ins Bett". Das war ja wieder typisch. Dauernd nörgelte sie herum, dass sie hier raus wollte und dann, wenn ich ihr eine Idee lieferte, gab sie sich uninteressiert.

Mein Blick huschte zu unserem Wecker hinüber, während ich überlegte, wie ich meine Zwillingschwester von meiner Idee begeistern konnte. Als ich aber realisierte wie viel Uhr es war, seufzte ich und gab nach. Ich könnte sie auch nachher noch für meine Idee begeistern.

Ein wenig enttäuscht krabbelte ich wieder in die obere Etage unseres Bettes. Ich drehte mich auf den Bauch und zog mir dabei meine Decke über den Rücken. Zum wohl tausendsten Mal, seit Zafira und ich hierherkamen, sah ich durch das Fenster raus auf die Straße und fragte Zafira leise, falls sie schon wieder schlief „Denkst du, wir kommen je wieder aus diesem Waisenhaus raus?" Ich hörte nur, wie die Decke raschelte und Zafiras leise Stimme sagte „Kann schon sein". 

Meine Schwester und ich waren schon so lange in diesem Waisenhaus. Da hatte man wohl irgendwann keine Hoffnung mehr, hier raus zu kommen. 

Das Waisenhaus, in dem wir beide lebten, war von einer französischen Organisation, hatte seinen Standort aber in Schottland. Weder ich noch irgendjemand anderes wusste warum es ausgerechnet hier in Schottland stand und nicht in Frankreich. Immerhin waren so gut wie alle Lehrer, die an der Schule des Waisenhauses arbeiteten, und Aufpasser, Franzosen. 

Man hatte uns erzählt, dass wir hierhergekommen sind, weil unsere Eltern bei einem Autounfall gestorben sind.

Wir hatten unsere ganze Kindheit hier verbracht.

Ich schaffte es einfach nicht einzuschlafen, weil mich der Gedanke an einen der Typen, denen es gelungen war, aus einem der sichersten Gefängnisse auszubrechen, mich die ganze Zeit wachhielt. Ich drehte mich von der einen auf die andere Seite, während meine Schwester friedlich vor sich hinträumte. Ich grübelte und kam einfach nicht darauf klar, dass es jemandem gelungen war aus einem Gefängnis auszubrechen, es aber in diesem Waisenhaus noch niemand geschafft hatte. Vielleicht hatte es aber auch noch niemand versucht. Irgendwann schlief ich dann doch langsam ein und träumte wirres Zeug von Typen die mich kidnappten während Zafira nur mit einem belämmerten Blick zusah.

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>>Piep! Piep! Piep!<< Ich schlug angestrengt die Augen auf und gähnte ausgiebig, während ich mich aufrappelte und dabei meinen Blick durch unser kleines Zimmer schweifte. Helles Sonnenlicht fiel durch unser Fenster mitten in mein Gesicht. Unser Zimmer war eins der kleinsten. Es war sogar so winzig, dass nur Platz für unser Stockbett und einen Schrank, in welchen nur knapp alles rein passte was meine Schwester und ich brauchten, war. Das Zimmer verfügte außerdem über einen kleinen Schreibtisch, auf dem eine alte Lampe stand. Das Waisenhaus in dem wir lebten war generell nicht wirklich modern. In manchen Ecken dieses Gebäudes hatte man das Gefühl ins letzte Jahrhundert zu blicken. Keines der Zimmer in dem wir Kinder untergebracht waren war wirklich komfortabel, oder gar groß. Es war nur Platz für das Nötigste.

„Zafira, mach den Wecker aus!" Beklagte ich mich, nachdem meine Schwester den Wecker einfach laufen ließ. Angestrengt legte ich meine Hand auf meine Stirn. Zafiras Hand fiel im selben Moment auf den Knopf und das schreckliche Geräusch stoppte endlich. „Danke" Brummte ich und ließ mich anschließend die Leiter runtergleiten. Müde rieb ich mir die Augen. 

𝐃𝐚𝐬 𝐁𝐮𝐞𝐧𝐝𝐧𝐢𝐬 𝐝𝐞𝐫 𝐆𝐞𝐬𝐭𝐚𝐥𝐭𝐰𝐚𝐧𝐝𝐥𝐞𝐫Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt