Die Definition von Heiß

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Die Definition von Heiß

Man konnte mit Fug und Recht behaupten, dass Draco Malfoy im reifen Alter von achtundzwanzig Jahren mit einem Fuß in der Muggelwelt angekommen war. Und zwar nicht so wie die meisten anderen jungen Hexen und Zauberer, die lediglich hin und wieder in irgendwelchen angesagten Muggel-Bars in Soho rumhingen. (Was im Grunde nichts anderes war, als einen Pub in der Winkelgasse zu besuchen, minus das Butterbier.) Nein, Draco ging sogar einigen Hobbies nach, die eigentlich exklusiv den Muggeln vorbehalten waren.

Er hatte das Golfen für sich entdeckt, was Sinn ergab, denn es war ein vornehmer Sport und er war immer noch ein vornehmer Bastard. Er ging gerne ins Kino, auch wenn es ihm dabei weniger um die Filme ging (er hatte schon viele gute, aber auch viele schlechte gesehen) als um das leckere Popcorn. Zweimal im Jahr, jeweils an den Tagen nach ihren Geburtstagen, besuchte er mit Blaise einen Freizeitpark. (Achterbahnen, so hatte Draco schnell festgestellt, gaben ihm einen größeren Kick als jeder Wronski Bluff, immerhin konnte man die Dinger nicht selbst steuern und die Ungewissheit war das Aufregende daran.)

Und das waren nur drei der unzähligen, nicht-magischen Dinge, die Draco zu schätzen gelernt hatte und dank denen er in den letzten Jahren quasi zu einem Experten in Sachen Muggelgeld, Muggelkleidung und dem Geheimhaltungsstatut des Zaubereiministeriums geworden war.

Seine allerliebste Muggel-Beschäftigung war jedoch eine andere. Jeden Samstag, egal ob im Frühling, Sommer, Herbst oder Winter, besuchte Draco ein riesiges Spa in einem Londoner Vorort. Er war praktisch zu einem waschechten Wellness- und Sauna-Fan mutiert und dafür gab es drei gute Gründe.

Erstens: Die Freiheit.

Draco war in einer Gesellschaft aufgewachsen, die noch zugeknöpfter war als das britische Königshaus der Muggel. Nackte Haut ziemte sich nicht, schwitzen nur bei respektablen magischen Sportarten wie beispielsweise Quidditch. Nackt und verschwitzt mit wildfremden Menschen in einem Holzverschlag zu sitzen und sich danach sogar dasselbe Badewasser zu teilen? Undenkbar! Seine Mutter würde allein bei der Vorstellung ohnmächtig werden, da war Draco sich sicher, weshalb er ihr gar nicht erst erzählt hatte, was er jeden Samstag trieb. Heutzutage musste er eigentlich nicht mehr rebellieren. Er war sein eigener Mann. Dennoch hatte er das Gefühl, sich mit seinen Sauna-Besuchen etwas von der Freiheit, die ihm in seiner Jugend verwehrt worden war, zurückholen zu können, und das tat ihm gut. Dass dabei alles baumeln durfte, was baumeln konnte, war ein netter Nebeneffekt.

Zweitens: Die Ruhe.

Draco wusste diese Qualität in jeder gut sortierten Bibliothek zu schätzen, aber in der Wellness-Anlage, die er als die Seine auserkoren hatte, bekam der Begriff eine ganz neue Bedeutung. Hier konnte man ebenfalls schweigen, musste dabei aber nicht lesen, recherchieren oder gar lernen. Man konnte im Außenbereich sitzen und die frische Luft genießen, den Pool benutzen, sich in einer der fünfzehn Saunen entspannen oder auf einer der Liegen verweilen, ohne auch nur zu denken. Das war eine mehr als willkommene Ablenkung von seinem hektischen Alltag.

Drittens: Die Hitze.

Draco mochte es heiß. Er verehrte den Sommer und hasste den Winter. Sein liebster Ort auf der ganzen Welt war der Strand vor den Pforten des Zabini-Anwesens in der Toskana und wenn es nach ihm ginge, würde er stundenlang in der Sonne liegen, sobald diese sich blicken ließ. Seine sensible Haut machte ihm diesbezüglich einen Strich durch die Rechnung. Draco hatte ein einziges Mal den Fehler gemacht, mit seinen Freunden einen ganzen Nachmittag am Pool zu verbringen, ohne den Schutz eines Sonnenschirms aufzusuchen. Nicht einmal Pansys Sonnentinktur hatte verhindern können, dass er danach eine geschlagene Woche lang so ausgesehen hatte wie der Hummer, den die Hauselfen sonntags zum Dinner servierten.

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