Alhaitham schaffte es einfach nicht, das Klopfen weiter zu ignorieren. Bisher hatte er Kaveh gut aus dem Weg gehen können. Aber sein Mitbewohner, der seinen Schal verloren hatte, ließ ihn einfach nicht in Ruhe. Mit einem Augenrollen quälte er sich vom Sessel und legte sein Buch beiseite. Dann stapfte er an die Tür und öffnete sie nur einen kleinen Spalt.
"Ja? Was willst du?", fragte er unwirsch und hoffte, dass es sich um ein generelles WG-Thema drehte. Doch natürlich griff er direkt wieder diese Schalsache auf.
"Ich weiß, du bist sauer. Aber ich – ich will nicht, dass das nun zwischen uns steht. Es tut mir so leid, dass ich deinen Schal verloren habe", entschuldigte er sich. Alhaitham schüttelte den Kopf.
"Es steht doch gar nichts zwischen uns", sagte er knapp, aber auch eine Spur verwirrt.
"Doch... ich kann das spüren. Bitte – ich will es wieder gut machen", redete Kaveh weiter und griff nach Alhaithams Arm, der die Geste skeptisch beäugte.
"Das musst du nicht. Es - ist - alles gut", murmelte Alhaitham, nun leicht genervt.
"Nein, ich bitte versteh, dass ich dich nicht verletzen wollte", wisperte Kaveh und verstärkte den Griff um seinen Arm.
"Kaveh...!", inzwischen fiel es Alhaitham schwer, sich zurückzuhalten. Ja – er war verletzt. Nein, er wollte diesbezüglich verdammt nochmal nicht über seine Gefühle reden und Kaveh hörte einfach nicht auf, ihn damit zu nerven. Der Blonde zuckte zusammen und ließ etwas verstört seinen Arm los. Er hatte Angst vor ihm? Gut so.
"Egal was du sagst. Ich werde das wieder gut machen. Wo hast du ihn gekauft? Wie viel hat der Schal gekostet?", fragte Kaveh weiterhin, nun mit verschränkten Armen und sah trotzig, aber mit einer Entschlossenheit im Blick zu ihm auf.
"Hmm... er war handgemacht", entgegnete Alhaitham mit einem leichten Grinsen. Was würde er jetzt wohl sagen? Kaveh schien verwirrt, aber nicht sonderlich resigniert.
"Okay. Naja, also das ist jetzt natürlich nicht so toll, aber vielleicht... kann ich etwas anderes tun und du... du könntest mal die Person, die ihn gemacht hat, vorsichtig fragen, ob sie dir einen Neuen strickt?", fragte er und grinste verlegen. Alhaitham konnte nicht anders, als amüsiert zu grinsen und nickte.
"Das ist eine perfekte Idee. Ich buddel mal auf dem Friedhof schnell nen Sarg aus, klopf an, und frag meine tote Oma, ob sie Zeit und Lust hat", erwiderte er sarkastisch. Kavehs Augen weiteten sich und seine Gesichtsfarbe sah langsam so aus, als könnte man ihn demnächst ebenfalls beisetzen.
"Das... Ohje... ich... das tut mir so unsäglich leid...", stammelte er und hielt sich erschrocken die Hand vor den Mund. Waren das etwa Tränen in seinen Augen?
"Wie ich sagte. Schon gut. Der Schal ist jetzt eben weg, meine Omma ist ja auch weg. Können wir das Gespräch bitte an dieser Stelle beenden? Ich habe noch zu tun", entgegnete Alhaitham mit einem Seufzen.
"Okay... ", quälte es sich von Kavehs Lippen, doch im nächsten Moment schloss Alhaitham einfach die Tür. Er atmete tief durch. Und durch seinen Kopf sauste nur immer wieder die gleiche Frage... Wieso?
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Es machte keinen Spaß. Und es war schwierig zu lernen, vor allem wenn man Linkshänder war. Doch Kaveh ließ sich davon nicht abhalten. Er hatte sämtliche Videos angesehen, sich sogar ein Buch gekauft: "Stricken für Dummies". Und so saß er in jeder seiner Vorlesungen und strickte an Alhaithams Schal. Das musste er ja unterwegs machen, zuhause könnte sein Mitbewohner ihn schließlich dabei erwischen.
"Und? Wie geht es voran?", fragte Tighnari Kaveh zwischen zwei Vorlesungen.
"Oh, gut... also... schau", erwiderte der Blonde und packte den Schal stolz aus.
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Roomrivals - or I wish we never met
FanfictionNach einem Projekt kommt der Architekturstudent Kaveh für das neue Semester an die Uni zurück. Das erfordert auch einen Wohnungswechsel - und diesbezüglich die Begegnung mit seinem neuen Mitbewohner. Er ist leider nur nervig, stur und anstrengend. N...