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♤ 𝚜𝚊𝚗

Ich zog mir schnell mein weißes Tanktop an, bevor ich gleich aufgerufen werden würde. Gerade saß ich noch im Hinterraum, wo ich mich aufwärmte und an sich für die Kämpfe immer vorbereitete. Heute war es wieder soweit, und ich war ebenso soweit meine ganze Energie gleich rauszulassen. So, wie ich mich in Phasen, wo es mir schlechter ging kannte, würde ich den Kerl gleich zu meinem persönlichen Boxsack machen.

Das war auch eines der Gründe, weshalb ich mit dem Boxen begann. Weil ich meine Frust oder meine Wut innerhalb eines Kampfes immer belanglos freilassen konnte. Da ich kein Mensch war, der seine Gefühle gut in Worte formulieren konnte, machte ich dies eben in Form von Kämpfen. Mit K1 begann ich im Alter von 12 Jahren, da war das auch hart aber harmloser, als jetzt, wo ich 22 Jahre alt war und bereits mehrere Turniere gewonnen hatte.

Damals kämpfte ich auch noch aus Freude. Mein Vater war selber Kampfsportler, durch ihn war ich inspiriert, selbst anzufangen. Anfangs stieg ich dann immer mit ihm spielerisch in den Ring und lernte dann auch mehr und mehr von ihm. Es war pure Freude, Vater-Sohn Bonding und Spaß, die ich damals mit dem Kampfsport verband. Je älter ich wurde, desto mehr Erfahrungen und Erlebnisse kamen dazu, sodass der Kampfsport für mich dann eher zum Raum wurde, wo ich all meine Belastungen rausprügeln konnte.

K1 war ja immer durch Coaches und Richter begleitet. Illegale Kämpfe waren da eher das komplette Gegenteil, wo man weniger Regeln, aber dafür mehr Prügel hatte und wo es dann oftmals auch brutaler zuging. Sonst wären diese Kämpfe ja auch nicht illegal.

Schnell machte ich mir noch meine schwarzen Bandagen um meine Hände rum und streckte mich kurz, bis ich aufgerufen wurde und das Zimmer verließ, um von einer laut jubelnden Menschengruppe empfangen zu werden. Ich joggte auf das Feld, stellte mich ruhig neben dem Ringrichter und ließ die Einführung über mich ergehen. Im Gegensatz zu anderen Kämpfern, die ganz coole Auftritte zu Beginn hatten, war ich eher der schlichte Typ und tat nicht viel.

Zu meiner Anfangszeit hatte ich auch eine halbe Show immer aufgeführt, sobald ich aufgerufen wurde und auf das Feld joggte. Doch mit dem Alter verging mir da die Motivation bei sowas. Schließlich war ich für den Kampf hier und nicht, um irgendwelche Leute zu beglücken.

Dennoch blickte ich einmal in die Runde hinein, als ich mich höflich verbeugte und auf ein bekanntes Gesicht wieder stieß.

Oh man...

Da stand er wieder, der Trainer meiner Schwester. Ich brauchte ihn gar nicht so zu nennen. Wooyoung. Jung Wooyoung war sein Name.

Auch sein Blick blieb an mir hängen, weshalb ich den Augenkontakt schnell abbrach und zu Boden schaute. Schließlich wollte ich nicht, dass irgendwer hier herausfand, dass wir uns kannten. Einfach zu seinem eigenen Schutz, zumal hier echt bescheuerte und kriminelle Menschen rumlungerten.

Wir stellten uns auf Position, ließen den Ringrichter runter zählen und fingen an zu kämpfen. Das, womit ich diese Straßenkämpfer immer so einfach besiegen konnte, war nicht, weil ich irgendwie herausragend gut war, sondern weil ich etwas besaß, was sie nicht besaßen.

Undzwar Taktik, Struktur und Technik.

Das waren alles immer irgendwelche Straßenkämpfer aus den kriminellsten Ecken Seouls, die meinten, großartig was anrichten zu können. Worauf es aber beim Kampfsport ankam, war die Technik. Deswegen war mein letzter Kampf mit Changbin so schwierig, weil wir beide professionelle K1-Kämpfer waren, die jahrelanges, seriöses Training hinter sich hatten.

Es dauerte nicht mal eine Runde, und ich trat meinem Gegner mehrmals in den Nierenbereich hinein, wodurch er hechelnd auf dem Boden lag. Dabei kam ich noch nicht mal dazu, meine eigentliche Wut und Frust an ihm rauszulassen.

Zum Glück raffte er sich auf, das Publikum war laut am Schreien und mit irgendwelchen Postern am Rumwerfen, während ich mich auf meinen Gegner konzentrierte. Die Arme hielt ich in Fäusten vor meinem Gesicht und zog ihm immer wieder einen Haken gegen den Schädel oder den Rippen.

Je mehr Runden wir kämpften, desto mehr kamen wir ins Schwitzen und ich in Fahrt mit meiner innerlich angestauten Frust, die ich jahrelang in mich verdrängte. Es tat gut, rücksichtslos auf ihn einzuprügeln und mir dabei andere Szenarien oder Personen vorzustellen, die das verdient hätten.

Oder vielleicht prügelte ich indirekt auf mich selbst ein, indem ich mich selbst mit meinen eigenen Unzufriedenheiten in ihn projizierte?

Groß nachdenken, konnte ich nicht. Nach der vierten Runde pfiff der Ringrichter für eine Pause ab, und ich ließ mich auf den Stuhl an dem einem Eck des Rings fallen. Ich spürte, dass ich wieder eine aufgeplatzte Lippe und bestimmt einen blauen Fleck am Wangenknochen hatte. Während ich versuchte meinen Atem zu regulieren, spürte ich mehrere Menschen auf meine Schultern klopfen, mir motivierende Worte auf mich einreden, was ich unbewusst ziemlich ausblendete. Dafür war ich gerade viel zu konzentriert und entfacht in meinen eigenen Gefühlen, und der Drang, auf meinen Gegner wieder einzuprügeln, überkam mich.

Auch unbewusst, suchte ich nach dieser einen bestimmten Person im Publikum, die ich auch schnell in ihrer selbstsicheren Ausstrahlung wieder fand. Dies vorallem, weil seine dunklen Augen auf mir lagen. Für einen Moment schaute ich ihn gedankenverloren an, was er mit einem leichten Schieflegen seines Kopfes und einem hauchartigen Grinsen erwiderte.

Doch es fiel mir etwas auf, was mir nicht gefiel, weshalb ich aufstand und in seine Richtung ging. Unberührt davon schaute er mich nur weiterhin so an, bis ich bei ihm ankam und zwei Typen hinter ihm einen warnenden Blick schenkte. Denn diese waren definitiv mit keiner guten Absicht hier, was ich an deren sexuell angehauchten Blicken Wooyoung gegenüber schnell checkte.

,,Wehe.",bedrohte ich die beiden nur in einem genervten Ton, da ich ziemlich vertieft in meiner Frust eigentlich steckte und sowas nur noch mehr Feuer in meine Frust schüttete. Ich spürte meine Brust voller Kraft und anstrengenden Gefühlen sich anspannen, sowie wie mein Gesicht sich zu einer wütenden Mimik änderte.

Die Typen blickten mich doch etwas überrumpelt an, bis der eine anfing frech zu grinsen, was mir dann über die Grenze ging, sodass ich dessen Plakat nahm, dieses in zwei zerriss und ihm in die Visage warf.

,,EY!",entkam es dem Typen nur.

,,Verpiss dich, du Sau. Sehe ich euch beide nochmal hier, breche ich euch den Nacken.",antwortete ich in einem lauten, gereizten Ton, wodurch die beiden sich aus dem Publikum auch entfernten und verschwanden. Während anscheinend keiner so wirklich den Mut hatte, mir entgegen zu wirken, spürte ich nur noch den verlorenen Blick Wooyoung's auf mir liegen, der dies wahrscheinlich versuchte gerade einzuordnen.

Schnell wollte ich mich wieder von ihm drehen, da lag sein Daumen schon auf mein Kinn. Dieser wanderte hoch auf meine Unterlippe, bis er grinsend sagte:,,Du siehst bescheuert mit dem ganzen Blut aus." Somit wischte er mir tatsächlich das Blut mehr oder weniger weg, wodurch ich doch etwas perplex tatsächlich war.

Trotz seiner spielerisch provokanten Aussage konnte ich aber einen leichten Hauch an Dankbarkeit in seiner Aussage erkennen.

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Ach Ja, ich hätte auch wieder Lust mit dem Kampfsport fortzufahren, bin aber froh, wenn ich es aktuell überhaupt ins Gym schaffe... :')

Was hältst du vom Kampfsport? Ich finde, die Meinungen sind da immer so gespalten...

- Eure Eleja ♡

𝚜𝚝𝚛𝚎𝚎𝚝𝚏𝚒𝚐𝚑𝚝𝚎𝚛  ♤  𝚠𝚘𝚘𝚜𝚊𝚗Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt