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~☀️~

Ronny ist müde, als sie die Tür zu ihrer Imbissbude an der Weltraumwerft aufschließt. Drinnen riecht es nach dem kaltem Essen des Vortags, nach den vielbenutzten Polstern auf ihren Eckbänken und ein bisschen auch nach Motoröl und dem Metall, mit dem die meisten ihrer Gäste im Laufe des Tages arbeiten. Sie knippst das Licht an, tritt hinter den Thresen und gibt dem alten Radio drei zunehmend heftiger werdende Klappse, bis es endlich anspringt und den Raum mit etwas blecherner Musik erfüllt. Der Raum, der Geruch, die Abstände zwischen den Tischen, alles ist ihr vertraut, wie ihre eigenen Hände. Die Hände, die hier jeden Wochentag neun Stunden am Stück arbeiten. Senfeier und Kartoffelbrei kochen, Sauerfleisch und Currywurst braten. Bodenständiges, gutes und vor allem erschwingliches Essen für alle, die an dieser Werft Halt machen. Das, was hier an den Docks gerne gegessen wird. Nicht das glitzernde teure Zeug, das sie in anderen Kiosken und Tankstellen an den offenen Straßen anbieten.

Neulich hat ihr ein Kargofahrer, der aus Richtung Core gekommen ist, erzählt, was ein Slushie ist und dass es dieses gefärbte Trinkeis an jeder Tankstelle um den Core gibt. Was der noch alles erzählt hatte. Von Kaugummis, in denen Fische herumschwimmen und Zuckerwatte, die fliegen kann. Allein bei dem Gedanken schüttelte sie den Kopf, auch wenn sie alleine im Laden ist. Solche Dinge macht sie hier nicht und ist darauf rechtmäßig stolz. Stattdessen jeden Tag ein anderer erschwinglicher Mittagstisch, frisch gekocht in den bauchigen Edelstahltöpfen ihrer Großmutter. Dampfender frischer bestialisch starker Kaffee dazu. Der muss immer der gleiche sein und man muss wissen, wie viel man davon nimmt, sonst merken das die Stammkunden und werden zickig. Egal ob Kargofahrer aus einer der Weltraumstädte, von einem Planeten oder aus der Peripherie am Ende des bekannten Universums, egal ob Schmuggler oder Space Patrol - Kaffee wollten sie alle.

Schon bald warten sie vor der Tür und Ronny winkt sie alle herein. Schenkt Kaffee aus. Unterhält sich kurz. Dann krempelt sie die Ärmel hoch und beginnt mit dem Kochen. Als das Glöckchen erneut schrillt, blinzelt sie über die brutzelnden Frikadellen hinweg. Ein Mann hat den Laden betreten. Er ist so groß, dass er den Kopf einziehen muss, als er durch die Tür herein kommt. Zwischen Callums Warnweste und Hennings Pilotenanzug wirkt seine Lederjacke zu schick für die Kaffeeklappe. Erst Recht die blonden Haare, die blauen Augen und das Grinsen, das erblüht, sobald er sie sieht.

„Hallo, Küchenchefin", grüßt er, „Hast du einen Kaffee für mich?"

Sie bekommt mit, wie die Aufmerksamkeit der Kargofahrer zu ihrem neuen Gast schwenkt, während dieser an den Tresen tritt. Dass er nicht aus der Gegend ist, ist offensichtlich. Zu charamant.

„Guten Morgen erstmal", grüßt sie die Erscheinung, „Kaffe ham ma immer, frisch gekocht."

„Das riecht man schon drüben in der Werft. Machst du mir einen?", fragt er und zwinkert ihr zu, „Oder gleich zwei, ich glaube mein Kumpel kommt auch gleich vorbei."

Sie macht ihm den Kaffee und stellt ihm eine Dose Kondensmilch vor die Nase. Er bekommt große Augen.

„Ihr habt Milch hier?", freut sich der Junge. Ronny wirft ihm einen schrägen Blick zu. Es ist nicht mehr so, als wäre Kondensmilch im Weltraum der absolute Luxus, vor allem nicht entlang einer offenen Straße. Der Fremde muss einen langen Weg hinter sich haben.

„Da sag' ich dir was", macht sie und stellt ihm Zucker auf die Theke, „Bei mir gibt's Milch, Kaffeeweißer und Sahne."

Als er die Finger um den Kaffeebecher schließt fällt ihr auf, dass ihm zwei Fingernägel fehlen. Die Wunden sind noch nicht verheilt und heben sich in der Farbe des rohen Fleischs, das sie heute morgen für das Gulasch kleingeschnitten hat, vom Weiß des Bechers ab. Er hat ihren Blick bemerkt und nimmt den Becher in die andere Hand.

Sunhunters - Ronnys NovelleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt