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Den riesigen Alpha im Schlepptau trabten die beiden Studenten nun zum Sportplatz. Gwen spürte seine Eisaugen wie eine brennende Berührung im Nacken und sie merkte, wie auch Josh unruhig wurde. Ausgerechnet ein Alpha des Königclans. Natürlich hatten sie von Tjorben gehört. Er stammte ursprünglich aus dem ehemaligen Schweden und galt als der stärkste Wächter in der Garde des Kronprinzen. Wenn er hier war, dann bedeutete dass, das der Rest der Meute auch nicht fern war...
So ein kolossaler Doppelmist!
Es war allgemein hin bekannt, dass der Clan des Prinzen sich noch ‚austobte', was im Prinzip eine nette Umschreibung für anstandsloses Rumvögeln und Streit suchen war.
Natürlich es war klar gewesen, dass der Haufen auch irgendwann mal in ihrer Stadt auftauchen würde. Die Bildungsstätte hier war eine der renommiertesten des Kontinents und weltweit anerkannt.
Aber musste das Auftauchen ausgerechnet einen Tag nach Gwens verfluchter Hitze sein?
Alphas waren wie Haie wenn diese Blut rochen. Nur dass die Riesen auf alles Schwache losgingen, vorallem wenn sie sich noch nicht um einen fruchtbaren Part, sprich Omega oder Epsilon gruppiert hatten. Hatten sie das Herz ihres Clans erst beansprucht, änderte sich diese Einstellung allerdings grundlegend.

„Ihr könnt euch schon mal umziehen gehen," dröhnte die tiefe Stimme des Alphas hinter ihnen und Gwen und Josh stürmten sofort los, um aus seiner unmittelbaren Nähe zu entkommen.
Gwendolyn zitterte am ganzen Körper, als sie die Umkleide für die Deltas erreichte und lehnte sich dort drinnen gegen ihren Spint. Die Sportkleidung wurde von der Schule gestellt, täglich gewaschen und in die einzelnen Schränke der Studenten der beiden Abschlussjahre und Schüler der unteren Jahrgänge zurückgelegt.
‚Eine sehr nützliche Sache' dachte Gwen hysterisch, um sich von der sehr reellen Gefahr in der sie und Josh sich derzeit befanden abzulenken.
Das keiner von ihnen beiden als Alpha durchgehen konnte, dass war selbst einen Blinden mit Krückstock klar, aber selbst für einen Beta bzw. eine Delta waren beide fast schon zu zierlich gebaut.
Verdammte DNA aber auch!!!!
Da sie noch alleine war, gab Gwen sich kurz der Panik hin. Sie rutschte an der Wand hinab und steckte den Kopf zwischen die angewinkelten Knie, um die aufsteigende Übelkeit zu bekämpfen. Sie biß sich auf die Faust, unterdrückte das angsterfüllten Wimmern und zwang sich dann tief und gleichmäßig zu atmen.
Ihr Herzschlag normalisierte sich wieder und das keine Sekunde zu früh, denn Stimmen auf dem Gang zeigten die Ankunft der anderen Studenten an. Rasch sprang Gwen auf die Füße und öffnete ihren Spint. Als die Deltas in die Umkleide strömten war sie bereits in ihren Sportklamotten und band sich die Schuhe zu.
„Na, Gwenny... hast es wohl besonders eilig zu dem Besucher aus dem Königsclan zu kommen, was?" Sabina baute sich vor ihrer Cousine auf und lachte verächtlich.
„Als hätte so ein Mauerblümchen wie du eine Chance bei einem so hoch gestellten Mann!" Gwen verdrehte genervt die Augen und dachte: ‚Als ob ich genau das im Sinn hatte! Bin ja nicht so Mannsgeil wie du und deine Schwester!'
Sabina ging in die Hocke, packte den Pferdeschwanz und zog Gwendolyns Kopf mit einem harten Ruck nach hinten, so dass er gegen die Schranktür prallte.
„Das war als Warnung gemeint, Cousinchen! Komm Bianca und mir besser nicht in die Quere, sonst wirst du deines jämmerlichen Lebens nicht mehr froh! Hab ich mich klar ausgedrückt?"
„Kristallklar!" zischte Gwen und riß sich aus dem festen Griff Sabinas. Diese lächelte zuckersüß und tätschelte Gwen die Wange, was bei der Wucht der Geste allerdings eher einem halben Dutzend Ohrfeigen gleichkam.

Die junge Frau stemmte sich vom Boden hoch und kämpfte gegen den heftigen Schwindel an, der sie mit der Wucht einer Abrissbirne traf. Doch Gwen hatte sich selbst - seit sie zwölf Jahre alt war - darauf trainiert, sich niemals etwas anmerken zu lassen, ging sie mit hoch erhobenen Kopf aus dem Raum und trat dann in den Stadionring. Josh war ebenfalls bereits draußen und winkte ihr zu.
Mit leichten Schritten joggte Gwendolyn zu ihrem besten Freund und umarmte ihn. Rasch löste dieser sich aber von ihr und warf einen bedeutsamen Blick in Richtung des Alphas, der sich gerade mit dem Sportlehrer, einem Beta namens Paul unterhielt.
Gwen verstand sofort und schämte sich. Sie musste diese angeborene Kuschelsucht wirklich allmählich mal in den Griff bekommen! Jeder Omega und Epsilon liebte Berührungen und Umarmungen. Sie waren extrem schmusebedürftig und anhänglich, sobald sie jemanden vertrauten.
„Tut mir leid," flüsterte sie mit hochrotem Kopf und scharrte verlegen mit dem Fuß auf der Laufstrecke herum. Josh lächelte beruhigend und zwinkerte ihr zu. Nach und nach kamen die Studenten auf den Platz und nun gesellten sich auch Alpha Tjorben und Beta Paul zu ihnen.
„So, Leute... heute haben wir Besuch aus dem Königsclan. Benehmt euch bitte und zeigt euch von eurer besten Seite. Zum Aufwärmen lauft ihr erstmal fünf Runden... hopp, hopp... los gehts!!"
Und los ging es dann auch. Tatsächlich waren Josh und Gwen die schnellsten Läufer, wenn man die Alphas mal außen vor ließ. Os und Ees waren zwar klein und zierlich, was ihnen aber an Körperkraft fehlte glichen sie mit Agilität und Ausdauer wieder aus. Daher war es auch nicht verwunderlich, dass die beiden die restlichen Studenten um fast eine Runde schlugen, sehr zum Verdruss der Abschlussjahr-Alphas. Allen voran Tim, der mit Bianca eine On/Off Sache am Laufen hatte.
Feixend sah er zu seinen Freunden hinüber, dann stellte er der heranlaufenden Gwen ein Bein, so dass sie vor ihrem eigenen Tempo vorwärts gerissen bäuchlings mit vorgesteckten Armen auf der Aschebahn aufschlug. Die Alphagruppe begann schallend zu lachen und von den noch laufenden Mitstudenten kam lautes begeistertes Johlen. Mit einem Wutschrei stürzte sich Josh auf den gut zwanzig Zentimeter größeren Alpha und hämmerte mit seinen Fäusten auf dessen Brust ein. Tim schüttelte ihn wie ein lästiges Insekt ab und trat dem Omega in die Rippen. Josh rollte sich sofort zusammen, um seinen Bauch zu schützen und jetzt kämpfte sich Gwen auf die Füße. Blut von den Aufschürfungen lief an ihren Händen und Beinen herunter, doch das war ihr völlig egal. Fauchend vor Zorn sprang sie Tim in den Rücken und zerrte an seinen kurzen blonden Haaren.
„VERDAMMTE SCHLAMPE! RUNTER VON MIR, DU MISSGEBURT!" brüllte der junge Alpha und ließ von Josh ab. Wütend drehte er sich im Kreis, um die Klette von seinem Rücken zu bekommen.
„GENUG!" donnerte Beta Paul und zerrte Gwen zurück. Er musterte die keuchende junge Frau und sah dann weiter zu dem stöhnenden Josh auf dem Boden.
„Ihr zwei! Zur Krankenstation! Und du, Tim. Du hast es unnötig provoziert, 5 Strafrunden für dich!"
Gwendolyn zog Josh auf die Beine und hakte sich bei ihm unter.
„Schafft ihr das allein?" fragte Paul über die Schulter und Gwen nickte verbissen.
„Gut, danach möchte ich noch mit euch beiden reden. Kommt in mein Büro, wenn ihr von der Krankenschwester entlassen wurdet."
„Ja, Beta Paul," presste die junge Frau zwischen den Zähnen hervor und wankte mit ihrem Freund in Richtung des Hauptkomplexes davon.
Kaum waren sie außer Hörweite, fragte sie keuchend: „Was sollte das, Josh? Du kannst doch keinen Alpha angreifen. Die machen Kleinholz aus unsereins!"
Josh richtete sich etwas auf und sein Gang wurde sicherer. Ein verschmitztes Grinsen huschte über sein hübsches Gesicht und er flüsterte: „Ist doch verhältnismäßig gut gegangen! So sind wir beide jetzt aus der Gegenwart des Königsclan-Alphas raus!"
Gwen klappte der Kiefer runter. Dann breitete sich trotz der starken Schmerzen ein Lächeln auf ihren Lippen aus und sie kicherte: „Du durchtriebenes Schlitzohr!!"
Josh küsste sie auf die Schläfe, dann klopfte er an die Tür des Krankenzimmers und schob seine Freundin hinein.

In einem Feld voller Schmetterlinge Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt