23 - Museumsbesuch

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In der Zukunft....

Lucy wusste nicht, wo sich das Amulett aus Rosenquarz befand, aber das Holzkästchen mit dem Geheimfach befand sich noch in ihrem Besitz.

„Als ob ich es fertiggebracht hätte, das hübsche Kästchen wegzuwerfen. Ich bewahre darin ein paar Erinnerungen auf", sagte Lucy fast tadelnd. „Aber diese Halskette habe ich seit deinem Verschwinden nie wieder gesehen. Das Geheimfach nutze ich nicht. Ich wüsste gar nicht, was ich reintun sollte."

„Ein Versuch war es wert."

Die Zeit bis zum nächsten Vollmond kam Samantha viel zu lang vor, aber bisher schien es so, als würde sie so lange hier bleiben müssen. Schon jetzt war sie nervös und unruhig, obwohl sie sich eigentlich nur freuen wollte, ihre beste Freundin wieder zu sehen. Aber sie vermisste ihren Sohn und sorgte sich um Richard. 

„Lass uns zu mir gehen. Ich stelle dir Ben vor und dann schauen wir einfach nach, ob der Stein in dem Geheimfach ist."

Samantha und Lucy hatten sich in Ferywood, ganz in der Nähe des Pubs verabredet. Doch es war erst Nachmittag und den beiden Freundinnen war nicht nach der schummrigen Atmosphäre der kleinen Kneipe gewesen. Die Sonne schien und die Altstadt von Ferywood wirkte pittoresk wie ein Postkartenmotiv. Sie schlenderten die alte Hauptstraße mit den kleinen Geschäften und alten Wohnhäusern aus Stein und Fachwerk entlang. 

Es war schön Lucy wieder zu sehen, die strengen Benimmregeln der Vergangenheit abzustreifen, keine Lady zu sein, die von jedermann mit Respekt behandelt wurde, aber dafür auch stets unter Beobachtung stand. Doch andererseits fühlte sich Samantha fremd. Sie gingen die gewohnten Wege, sie kannte jedes Haus, aber doch war alles anders und irgendwie nicht richtig. Sogar das auf alt gemachte Kopfsteinpflaster unter ihren Füßen war verkehrt, denn vor zweihundert Jahren war die Durchfahrtsstraße von Ferywood noch nicht gepflastert gewesen. Der Lärm der Autos kam ihr lauter vor, als sie ihn in Erinnerung hatte und deren Geschwindigkeit erschreckte sie, trotz des innerörtlichen Tempolimits. Wenn irgendwo ein Handy klingelte fuhr sie zusammen und die laute, elektronische Musik, die aus einem hippen Modegeschäft drang, ließ sie schneller gehen. Sie war das alles nicht mehr gewohnt.

„Es ist so laut", murmelte sie unbehaglich. „Oh Gott, ich fühle mich wie eine alte Frau, die nie das Haus verlässt." Sie verzog die Lippen zu einem selbstironischen Lächeln und wünschte, sie hätte einen Fächer und einen breitkrempigen Hut, hinter denen sie sich verbergen konnte. Nur in Jeans und Pullover kam sie sich seltsam angreifbar und schutzlos vor.

„Ist doch okay", sagte Lucy verständnisvoll. „Im Moment ist besonders viel los. Das liegt an dem Regency-Wochenende und dem Reenactment im Park von Ferywood Manor. Sieh dir die kostümierten Leute an. Das alles hast du damals ins Rollen gebracht."

Samantha sah sich um. Tatsächlich sah sie unter den Passanten immer wieder Paare, oder Gruppen von Leuten, in historische Kostümen. Eine Handvoll als Soldaten verkleidete Männer übte mitten auf der Straße Gleichschritt, was den Lieferwagen einer Wäscherei ausbremste, und ein paar Frauen, mit bebänderten Strohhüten und langen Kleidern aus dünnem Baumvollstoff sahen gebührend beeindruckt dabei zu.

„Richard würde ihren Drill bemängeln", stellte sie im Weitergehen fest.

Dann tauchten zwei junge Frauen vor Samantha auf. Sie konnten beide nicht viel älter als zwanzig sein und hatten sich bei ihren Kostümen große Mühe gegeben. Sie sahen aus, als kämen sie gerade von einem Ball.

„Entschuldigen Sie, wie finden wir das Museum mit der Regency-Sonderausstellung?"

„Immer geradeaus", sagte Lucy hilfsbereit.

Die beiden Freundinnen sahen den beiden Frauen zu, wie sie weitergingen. Aus der Umhängetasche der einen lugte ein Exemplar von Stolz und Vorurteil hervor.

Die Schatten von FerywoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt