24 - Prophezeiungen und Pizza

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Samantha wollte noch etwas sagen, aber als sie den Mund aufmachte, hörte sie hinter sich schwere Schritte näherkommen, die sie innehalten ließen. Es waren Schritte, die sie aus einem Traum kannte, der keiner gewesen war. Viv hörte und erkannte sie ebenfalls und fuhr herum, als hätte sie einen Stromschlag erlitten.

„Marc!", entfuhr es ihr unfreundlich. „Was willst du hier? Ich habe dir gesagt, dass du nicht herkommen sollst."

„Du gehst nicht ans Telefon, Viv. Und wir haben noch etwas zu klären."

Der Mann mit den schweren Motoradstiefeln trat zu ihnen und schenkte Samantha und Lucy keine Beachtung. Seine Stimme hatte nicht unfreundlich geklungen, aber sein Blick aus tiefliegenden Augen in einem sehr kantigen, glattrasierten Gesicht war finster und allein auf Viv konzentriert, die unter dem durchdringenden Starren sichtlich etwas von ihrem Selbstbewusstsein einbüßte.

„Das habe ich nicht vergessen. Du bekommst es bald, aber ich brauche noch ein paar Tage."

„Das sagst du ständig. Mir geht langsam die Geduld aus."

Marc klang eher genervt als drohend. Dennoch spürte Samantha, wie sich ihr die Nackenhaare aufstellen. Seine ganze Erscheinung und seine Körperhaltung hatte etwas Bedrohliches ans ich. Er trug eine schwarze Lederjacke zu einer dunklen Jeans. Die schweren Stiefel waren ebenfalls schwarz und die Haare zu einem Bürstenschnitt geschnitten, was sein Gesicht noch kantiger erscheinen ließ und seine muskulösen Schultern noch breiter.

„Ich halte mein Wort, im Gegensatz zu dir, Marc."

Ein sardonisches Lächeln erschien auf seinen schmalen Lippen. „Ach, reden wir jetzt über unsere Beziehung? Das ist süß, Viv. Wirklich. Aber das ist lange her. Ich will einfach nur, was mir gehört und dann bist du mich los."

Viv versuchte die Schultern zu straffen, aber es war unübersehbar, dass ihr Ex sie einschüchterte. „Geh einfach."

„Ich bin gleich weg, aber ich komme wieder."

Gerade als Marc auf dem Absatz kehrt machen wollte, und dabei noch einen Blick auf den Säbel und andere Waffen in der Vitrine warf, bewegte sich der scharlachrote Vorhang im Hintergrund.

„Hey Viv, bist du hier...?"

Robins Stimme ließ die drei Anwesenden die Köpfe wenden. Er trat durch den Vorhang und erfasste die Situation im Bruchteil einer Sekunde. Seine Augen wanderte sofort zu Viv, die ihm mit ihrem Blick irgendetwas zu bedeuten schien, aber dann sah Robin zu Marc und sein Gesicht nahm einen ungewohnt finsteren Ausdruck an. „Der schon wieder...", murmelte er.

„Ach, dein Neuer."

„Er ist nicht mein Neuer!", begehrte Viv auf. „Das habe ich dir schon mal gesagt. Also lass Robin in Ruhe und geh jetzt. Ich melde mich bei dir, sobald ich es habe."

„Wie oft ich das schon gehört habe." Marc schüttelte in gespieltem Bedauern den Kopf und es blieb unklar, auf welche von Vivs Ausagen er sich bezog. „Was du an dem Spargeltarzan findest... Ich verstehe es nicht."

„Verpiss dich einfach", fauchte Robin mit einer Aggressivität in der Stimme, die Samantha noch nicht an ihm kannte und die sie schockierte. Für sie war Robin immer die Sanftmut in Person gewesen, aber jetzt war ihm die Abneigung gegen den Kerl in Motoradkluft, der zwar ungefähr gleich groß war wie er, aber dafür die doppelte Muskelmasse besaß, ins Gesicht geschrieben. In diesem Augenblick frappierte Samantha Robins Ähnlichkeit mit Victor Whiteshaw besonders. Sie sog scharf die Luft ein. Doch außer Lucy, die direkt neben ihr stand, bemerkte es niemand.

Marcs Kopf ruckte zu Robin herum und ließ die Schultern kreisen. „Frech wird er auch noch. Soll ich dir eine Abreibung verpassen?"

Doch statt vor dem kräftigeren Mann zurückzuweichen machte Robin, zu Samanthas Entsetzen, einen Schritt auf Marc zu. Viv hob die Hand und brachte es, wie gelähmt, nur fertig, Robin flehend anzublicken. Er sah es gar nicht, weil er vollkommen auf Marc konzentriert war.

Die Schatten von FerywoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt