Sehr geehrte Frau Kollegin,
Wir berichten über o.g. Patienten.
Diagnosen (ICD-10):
- Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion (ICD-10: F43.2)
- Hebephrene Schizophrenie (ICD-10: F20.1)Anlass der stationären Aufnahme:
Herr M. Gelangte freiwillig und selbsteinweisend mit einem depressiven Syndrom zur erneuten Aufnahme, nachdem er am selben Tag von der Station A2 entlassen worden war. Er berichtet, im Obdachlosenheim wieder zunehmend Ängste entwickelt zu haben. Die Stimmung sei deutlich gedrückt. Zudem sei erneut Schneidedruck aufgetreten. Auch habe er zeitweise akustische Halluzinationen hinzukommen könnten.
Der gesetzliche Betreuer des Patienten, Herr D. Berichtet auf Nachfrage, dass er wegen Unbetreubarkeit (Patient sei nie zu erreichen) des Patienten die Niederlegung der Betreuung beim Betreuungsgericht beantragt habe. Diesem Antrag sei aber noch nicht stattgegeben worden.Psychiatrische Zwischenanamnese:
Es handelt sich um den 10. stationär-psychiatrischen Aufenthalt im Hause. Herr M. War erst am Aufnahmetag von der Station A2 entlassen worden, wo er vom 10.04.1018 bis zum 24.04.2018 bei einer Anpassungsstörung bei hebephrener Schizophrenie behandelt worden war. Die Entlassmedikation bestand aus Sertralin 100mg, Risperidon 4mg und Aripiprazol 10mg.
Die ambulante Behandlung erfolgt über die PIA im Hause (Frau P.). Delirien oder epileptische Anfälle in der Vorgeschichte werden verneint.
Suizidanamnese: Aus den Vorbriefen ist zu entnehmen, dass der Patient zweimalig versucht habe, vor einen Zug zu springen.
Suchtanamnese: Der Patient negiert den Konsum von illegalen Drogen. Aktuell rauche er 15 Zigaretten pro Tag, Alkoholkonsum wird verneint.Somatische Anamnese:
Leer.Psychischer Befund bei Aufnahme:
Herr M. War bei Aufnahme wach, Bewusstseinsklar und umfassend orientiert. Der Antrieb war regelrecht, die Psychomotorik ruhig. Im interpersonellen Kontakt war er freundlich und Hilfesuchende. Affektiv war er gedrückt und vermindert schwingungsfähig. Es bestand kein Anhalt für Ängste oder Zwänge. Auffassung, Konzentration und Gedächtnis waren regelrecht. Formalgedanklich war Herr M. Geordnet, aber verlangsamt. Es bestanden Ich-Störungen (Gedankenlesen und Gedankenbeeinflussen) und akustische Halluzinationen (Klopfen an der Wand). Aus der Verhaltensbeobachtung ergab sich zudem der Anhalt für Verfolgungsideen. Der Schlaf war vermindert. Herr M. Berichtete über Selbstverletzungsimpulse, war von selbstschädigem Verhalten jedoch distanziert. Es bestand kein Anhalt für akute Suizidalität.Somatischer Befund bei Aufnahme:
Herztöne rein, Rythmisch. Vesikuläres Atemgeräusch, keine Rasselgeräusche. Darmgeräusche regelrecht über allen vier Quadranten. Abdomen weich, kein Druckschmerz, keine Resistenzen.Neurologischer Befund bei Aufnahme:
Pupillen isokor, direkte und indirekte Lichtreaktion bds. Regelrecht. Kein Meningismus, kein Nystagmus. Hirnnervenstatus unauffällig. Reflexe allseits schwach auflösbar. Keine Paresen, Gang und Stand sicher.Zusatzdiagnostik:
Labor (siehe Anlage)
EKG vom 24.04.2018: Herzfrequenz 70/min., Sinusrythmus, Indifferenztyp, PQ 0,15 Sek., QT 0,34 Sek., QTc 95%, keine relevanten ERBS.
EKG vom 18.04.2018: Sinusrythmus, Herzfrequenz 74/min., Indifferenztyp, QT 0,32 Sek., QTc 95%, PQ 0,14 Sek., keine relevanten ERBS.Therapie und Verlauf:
Nach Aufnahme auf die Station A2 begannen wir zur Stimmungsstabilisierung mit Sertralin 50mg, was im Verlauf auf 100mg/d aufdosiert wurde. Die bislang gut vertragene antipsychotische Medikation mit Risperidon 4mg und Aripiprazol 10mg wurde beibehalten.
Es erfolgte die Integration in das multimodale Behandlungssetting, welches neben der erwähnten medikamentösen Therapie aus begleitenden psychotherapeutischen Einzelgesprächen, komplementären Therapien (z.B. Bewegungstherapie, Erhotherapie), tagesstrukturierenden Maßnahmen und einer pflegerischen Arbeit, die auf einem Bezugspflegekonzept beruhte, bestand.
Darunter kam es zu einer affektiven Stabilisierung. Trotzdem agierte der Patient bei einer aus seiner Sicht nicht hinreichend geklärten Wohnsituation intermittierend immer wieder mit Schneidedruck. Ein solches Agieren, teils auch mit Suizidalität, hatte schon am Anfang des Jahres zum Verlust seines Platzes im Thomas-Breit-Zentrum geführt. Er fiel zudem erneut durch Incompliance auf, indem er sich während des stationären Aufenthaltes kaum an gemeinsam erstellte Regeln hielt. Ferner fehlte es durchwegs an Eigeninitiative, die eigene Zukunft zu planen. Die Verantwortung dafür legte der Patient stets in die Hände des hauseigenen Sozialdienstes. Eine erneute Vorstellung im TBZ war nicht erfolgreich, da auch von den dortigen Mitarbeitern eine Behandlungsmotivation des Patienten stark in Frage gestellt wurde. Letztendlich wünschte der Patient nun auch eine Rückkehr in die Obdachlosenunterkunft.
Initial war diagnostisch eine mögliche Exazerbation der bekannten hebephrenen Schizophrenie diskutiert worden, weswegen der Patient zur Beobachtung stationär aufgenommen worden war. Nachdem sich der Patient durch die Herausnahme aus den belastenden Umgebungsbedingungen im Obdachlosenheim im stationären Verlauf jedoch rasch stabilisierte, gehen wir von einer Anpassungsstörung aus.
Am 04.05.2018 entließen wir den Patienten in das Obdachlosenwohnheim. Ambulant psychiatrisch bleibt der Patient in der hauseigenen psychiatrischen Institutsambulanz zwecks Kontaktaufnahme mit dem sozialpsychatrischen Dienst ausgehändigt.Soziale Situation bei Entlassung/Rechtsgrundlage:
Herr M. Sei ledig und kinderlos. Er sei derzeit ohne festen Wohnsitz und wohne im Übergangswohnheim. Er habe keine Berufsausbildung und sei arbeitslos.
Es besteht eine gesetzliche Betreuung durch Herrn T. D.Abschließende Beurteilung:
Auf Grund des kurz nach Entlassung und in Zusammenhang mit der belastenden Wohnsituation im Obdachlosenwohnheim stehenden akut aufgetrennten und im Verlauf spontan abgeklungenen depressiv-halluzinatorischen-paranoiden Syndroms gehen wir von einer Anpassungsstörung (ICD-10: F43.2) aus. Zudem ist bei Herrn M. Eine hebephrene Schizophrenie (ICD-10: F20.1) bekannt.Medikamentöse Therapie bei Entlassung:
Sertralin Tbl. Mg: 100-0-0-0
Risperidon Tbl. Mg: 0-0-4-0
Aripiprazol Tbl. Mg: 10-0-0-0Für Rückfragen stehen Ihnen gerne die behandelnden Kollegen, erreichbar unter der Tel-Nr. 0821-5914-4261
Mit freundlichen Grüßen
Dr. C. G
OberärztinDr. M. W.
Assistenzarzt
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Die Akte
Teen FictionHier geht es um eine originale Krankenakte eines eher nicht normalen Menschen. Liest selbst. :)