13. _Will_

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Nico half mir aufzustehen und gemeinsam gingen wir in mein Zimmer hoch. Die Schusswunde an meiner Seite und an meinem Unterarm pochten nur noch unangenehm, aber ich machte mir mehr Sorgen um Nico. Seit wir diesem Schlamassel entkommen waren, sah er noch blasser aus als sonst. Und das hieß einiges. Vielleicht knockte ihn Schattenreisen doch mehr aus, als er zugab? Andererseits schien die Dunkelheit schon wieder größtenteils aus seinen Adern verflogen zu sein und er wank bei Gehen auch nicht - anders als ich gerade. 

Trotzdem schien ihn das Erlebnis runterzuziehen. Ich konnte es verstehen. Mein Herz schlug immer noch wie wild und mir lief kalter Schweiß den Nacken herunter. Das was Nico mir über seine Vergangenheit erzählt hatte machte es auch nicht besser. Er konnte damals nicht älter als zehn oder elf gewesen sein, denn ab später sprach er von sich nicht mehr als Kind. Und kein Kind sollte das zu sehen bekommen. Wie jemand zusammen geschlagen wurde, für etwas, für das er oder sie nichts konnte. Besonders, wenn dieses etwas absolut kleine Krankheit oder so war. 

In meinem Zimmer angekommen, zogen wir uns beide um. Nico ließ sein Pyjama-Shirt diesmal ausgezogen und ich gab mir alle Mühe nicht zu glotzen. Nach dem Zähneputzen setzten wir uns auf die Matratzen und ich ließ meinen Freund noch einmal meine Verbände kontrollieren, damit die in der Nacht nicht abgingen. Dann legten wir und hin und ich zog meinen Deathboy fest an mich. Seine Haut fühlte sich kälter an als sonst und ich glaubte sogar zu spüren wie Nico zitterte. "Gute Nacht, Sunshine.", flüsterte Neeks leise und zog meinen Arm um seine Brust. Ich vergrub mein Gesicht in seinen weichen Haaren und murmelte zurück: "Gute Nacht, Liebster." 

Vielleicht hätte ich ihm lieber süße Träume wünschen sollen. 


Ich wurde von Schreien geweckt. Neben mir warf sich Nico in der Dunkelheit herum und griff in der Luft nach etwas, was ich aber nicht sehen konnte. "Nico!", rief ich leise und schüttelte ihn sanft. Aber mein Freund schrie weiter, weinte sogar leise und griff wieder in die Luft. Ich nahm seine Hand und geriet beinahe in Panik, weil Nico sich so verzweifelt an mir festklammerte. Ein paar Momente später konnte ich seinen Schreien endlich einen Sinn entnehmen. "Nein! Will! Neeeiiinnn! Lasst ihn. Er.. er hat euch nichts getan.... nichts getan." Ich hörte ihn auch auf Altgriechisch über Nyx und den Tartarus fluchen. Also hatte er wirklich noch Albträume von ihnen. 

Ich zog Nico in meine Arme, redete ihm gut zu und küsste ihn sanft, aber es dauerte vermutlich Stunden, bis er begann sich zu beruhigen. Ich spürte etwas feuchtes an Nicos Körper. Erst glaubte ich, es sei einfach Schweiß, aber dann ging mir auf, dass es dafür zu dickflüssig war.

Mit klopfendem Herz machte ich das Licht an. An meinen Fingern klebte Blut. Mein erster Gedanke war meine Schussverletzungen, aber die Verbände saßen an ihrem Platz und waren immer noch weiß. Ich schaute zu Nico. Über seiner Brust erkannte ich Kratzspuren. Hatte Nico sich selbst verletzt? Die Wunde blutete ein wenig und auch an Nicos Rücken und Hüfte fand ich noch mehr davon. Seine Fingernägel waren rot verschmiert. Leise schimpfend hob ich Nico hoch. Er war leichter, als ich es erwartet hatte.

Im Bad setzte ich ihn auf einen Hocker. Inzwischen war mein Freund wach genug um aufrecht zu sitzen. Mit einem feuchten Lappen wusch ich ihm vorsichtig das Blut von seinem nackten Oberkörper. Nico zitterte und blinzelte immer wieder. Weil ich gerade nicht an den Lichtschalter kam atmete ich tief ein und als ich die Luft wieder ausstieß spürte ich ein warmes Kribbeln durch meinen Körper fluten. Meine Haut begann Licht auszustrahlen. Nico blinzelte wieder und sein Blick klärte sich langsam. "Will?", fragte er leise. Ich antwortete: "Ja? Ich bin genau hier, Neeks!" Zitternd hob mein Freund die Hand und strich mir zaghaft über die Wange. Ich nahm seine Hand und drückte sie sanft. "Siehst du?", fragte ich leise, "Es ist alles gut. Wir sind zuhause, wir sind in Sicherheit!" Nico nickte leicht, zog seine Hand aus meiner und fuhr damit vorsichtig über den Verband an meiner Hüfte. "Wie fühlst du dich?", hauchte er zittrig. Ich lachte trocken und erwiderte: "Du bist gerade aus einem Albtraum aufgewacht, hast dich in der Nacht selbst verletzt und fragst mich, wie ich mich fühle? Erzähl mir nie wieder etwas davon, ich wäre zu über fürsorglich!"

Doch Nicos Augen verrieten mir, dass es ihm wichtig war. Ich seufzte leise und sagte: "Es geht mir gut, Nico. Die Schusswunden heilen schon, dank dir. Ich mach mir nur Sorgen um dich. Dieses Mal schien es wirklich schlimm zu sein." 

Neeks nickte leicht und flüsterte: "Du warst da, Will. Und dann warst du weg. Einfach so. Dann warst du wieder da. Du hast geblutet und mir... mir gesagt ich... hätte... ich hätte dich enttäuscht und du wollest nicht mehr mit mir zusammen sein. Du... du hast mich verlassen. Und dann waren wir wieder im.. im... Tartarus. Da waren Monster. Sie haben dich.. getötet... ich musste zuschauen. Konnte nicht helfen. Sie haben das auch mit... Bianca und Hazel und... und allen anderen."

Er fing wieder an zu schluchzen und ich nahm ihn wortlos in die Arme. Nach kurzem überlegen sagte ich: "Es geht uns allen gut. Wenn du willst können wir Hazel jetzt sofort eine Iris Massage schicken! Egal ob wir sie aufwecken oder nicht! Wir können allen eine IM schicken." Ich erwähnte lieber nicht, dass das bei Bianca unmöglich war, weil sie ja tot war und ein neues Leben angefangen hatte. Nico schüttelte ohnehin den Kopf und fragte stattdessen: "Wie spät ist es eigentlich?" Ich schaute auf den Badezimmerwecker. "Fast fünf Uhr Morgens." "Schlafengehen lohnt sich nicht mehr.", fand Nico. Ich stimmte zu, aber auch nur, weil wir heute nichts vorhatten und ich Nico jederzeit wieder ins Bett schicken konnte.

Solangelo 1 - Wills GeburtstagWo Geschichten leben. Entdecke jetzt