85. Kapitel

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Like a dream coming to life ~ Moments Like This (The Afters)

Zwei Stunden später wurde die Tür aufgerissen und Marie, Su, Sophia und Tristan stürzten laut ins Zimmer. „Ich muss ihr zuerst die Wahrheit sagen! Aus dem Weg!", schrie Su mit Kampfgeschrei und breitete die Arme aus um sich zu mir nach vorne zu drängen. „Blödsinn! Ich muss sie sofort in den Arm nehmen! Wisst ihr eigentlich, dass sie fast gestorben ist?!", schimpfte Marie mit den anderen. „Das weiß ich, und deshalb muss ich mich bei ihr entschuldigen, dass ich am Anfang so gemein zu ihr war! Lasst mich durch!", rief Sophie und machte Geräusche, die sich anhörten wie die eines sterbenden Pelikans, die wohl die Schreie von Su nachahmen sollten.

Tristan stellte Marie ein Bein und half ihr trotzdem wieder hoch, bevor sie den Boden berührte. „Mann! Ich muss mich doch ordentlich vorstellen! Lasst mich zu ihr! Wachen!? Ergreift diese Mädchen, die einen Gentleman nicht ernst nehmen!" Ich lag in dem Krankenbett und lachte leise. Ich mochte die vier. Sie kamen gleichzeitig an meinem Bett zum Stehen. Sie erstarrten, als sie meine Mutter sahen, die noch immer neben meinen Bett saß und mit der ich mich bis jetzt unterhalten hatte. Die Geschichten von Benjamin als kleines Kind, würde ich ihm irgendwann mal unter die Nase reiben.

„Ich gehe dann mal", sagte sie jetzt mit einem Grinsen und strich mir eine Haarsträhne hinters Ohr, bevor sie aufstand und aus dem Zimmer lief. Als die Tür hinter ihr ins Schloss fiel, brach das Geräusch das Schweigen. „Es tut mir leid, dass ich am Anfang so gemein zu dir war, ich-"
„Ich habe für deine Eltern gearbeitet und dich beschattet, trotzdem-"
„Mein Name ist Tristan Olt und ich bin siebzehn-"

„Du lebst! Ich habe mir solche Sorgen um
dich gemacht! Danke, dass du uns gerettet hast!", rief schließlich Marie und die anderen hielten inne. „Sie hat recht. Danke", stimmte Tristan ihr zu. Su und Sophia nickten beide. Ich schüttelte den Kopf. „Wir haben das alle zusammen gemacht. Und ich hab gehört, dass ich ohne euch gar nicht mehr am Leben wäre. Also hört auf, euch zu benehmen, als hätte ich allein die ganze Welt gerettet. Ich danke euch."

Jetzt lächelten sie mich an. „Gut. Und nun der Reihe nach. Su. Was meinst du damit, dass du mich beschattet hast?" Sie schien unter meinem Blick zu schrumpfen. Trotzdem sah sie mir fest in die Augen als sie sprach und mir erzählte, dass sie mich in der Menschenwelt für meine Eltern beobachtet und ihnen jede Woche einen Bericht abgeliefert hat. Ich schluckte. „Ich kann verstehen, dass du mich jetzt nicht mehr als beste Freundin haben willst. Ich war nicht ehrlich zu dir. Es tut mir leid." Langsam schüttelte ich den Kopf. „Ich bin nicht wütend auf dich. Auch nicht auf meine Eltern. Sie wollten sichergehen, dass es mir gut geht. Das kann ich verstehen. Und du warst ja auch meine Freundin, als wir uns wiedergesehen haben. Ich will auf jeden Fall weiter mit dir befreundet sein, Su. Und jetzt vergessen wir einfach die Tatsache, dass du mich beschattet hast und sind seit der dritten Klasse befreundet, okay?"

Sie lief um das Bett herum und umarmte mich fest. Zu fest für meinen Bauch. „Ich hab dich auch lieb, aber du zerdrückst meinen Bauch." Sofort ließ sie von mir ab. Ich sah aufmunternd zu Sophia. Sie wollte mir auch noch etwas sagen. „Ähm ... Ich wollte mich bei dir dafür entschuldigen, dass ich zu dir so gemein am Anfang war. Es fällt mir schwer, neue Menschen in mein Leben zu lassen. Ich ... Es tut mir leid. Du warst nett zu mir und ich habe dich spüren lassen, dass du nicht dazugehörst. Das tut mir leid." Sie senkte den Kopf. Ich war heute in Verzeihungs-Laune.

„Ist okay, Sophia. Ich verstehe das. Lass uns nicht mehr darüber reden, okay? Ich nehme deine Entschuldigung an." Sie hob den Kopf und ein Lächeln breitete sich auf ihrem Gesicht aus. „Danke."
Ich grinste und mein Blick schweifte weiter zu Tristan. „Wenn du dich jetzt auch
entschuldigst, kann ich nicht versprechen, dass du hier lebend wieder rauskommst."

Er grinste nur. „Dann habe ich ja nichts zu befürchten. Ich wollte mich vorstellen. Ich bin Tristan Olt und siebzehn Jahre alt. Ich bin seit sechzehn Jahren mit Benjamin befreundet und seit ich erfahren habe, dass Marie eine Aniral ist und bei ihm arbeitet, wohne ich praktisch hier. Also die ganze letzte Woche war ich gerade mal fünf Mal Zuhause, um mich zu duschen. Keine Ahnung, warum ich das jetzt erzähle. Ich denke, ich bin ein bisschen nervös." Er lachte kurz, wurde dann aber wieder still. Ich grinste.

Als er das sah, straffte er die Schultern und legte lässig einen Arm um Marie, die neben ihm stand. „Wir wollen dir noch jemanden zeigen", sagte diese. Ich runzelte die Stirn. Wen meinten sie? „Sie können jetzt reinkommen!", rief Sophia in Richtung Tür. Diese öffnete sich langsam. Ein kleiner rundlicher Körper schob sich ins Zimmer. Es war eine Frau. Mein Blick wanderte weiter zu ihrem Gesicht und ich riss die Augen auf.

„Mina? Was ... Wie ... Hä?" Meine Pflegemutter hatte Tränen in den Augen als sie auf mich zu kam. Ich konnte es nicht fassen. Mina war hier! In Konzulesian! Sie stand vor meinem Bett uns blickte auf mich hinab. Sie sah unsicher aus, weshalb ich ihr einfach die Arme entgegenstreckte und sie umarmte. Jetzt brach der Damm hinter meinen Augen und ich fing an zu weinen. „Nicht weinen, mein Schatz. Ich bin doch da. Alles ist gut. Schhhh." Minas ruhige Stimme war nah an meinem Ohr. Ich drückte sie noch einmal fest an mich, bevor ich sie loslassen musste, da mein Bauch zu weh tat.

Sie setzte sich an die Bettkante und hielt meine Hand so fest als fürchtete sie, ich könnte mich gleich in Luft auflösen. „Ich ... Was machst du hier?", fragte ich überwältigt von den Gefühlen, die dieses Treffen bei mir auslöste. Mina schniefte einmal, bevor sie antwortete.

„Ich war im Wohnzimmer und habe dein Fotoalbum angeschaut, weil ich dich vermisste, und plötzlich war da so ein schwarzes Loch vor mir in der Luft. Ich wollte eigentlich nicht darauf zugehen, aber es hat mich quasi angezogen. Ich bin in das Loch gestürzt. Als ich wieder etwas erkennen konnte, war ich auf einer Wiese und es war kalt. Eiskalt. Und überall tote Menschen ... Aniral. Ich war nicht die einzige, die dort gelandet ist. Menschen aus allen Ländern waren dort und genauso verwirrt wie ich. Manche sogar sehr verwirrt ...

Jedenfalls habe ich dann diese Frau auf dem Boden gesehen, die einheimisch zu sein schien, da ihre Verwirrtheit anders aussah. Ich habe sie angeschaut und gefragt, was passiert ist und wo ich war. Und dann habe ich an ihr vorbei auf den Boden geschaut und dich so gut wie tot auf dem Boden liegen sehen. Das war das Ende für mein armes Herz und ich bin umgekippt. Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich in einem Zimmer, das so groß war wie unser ganzes Untergeschoss in der Menschenwelt! Die Frau, die neben dir auf dem Boden gekniet hatte, kam herein und erklärte mir alles.

Ich weiß, wer du bist. Was du bist. Und wo ich bin. Die Frau war die Königin, wie sie mir mitteilte. Sie wusste, wer ich war und von einer Su auch, dass ich früher als Buchhändlerin gearbeitet habe. Sie hat mir gesagt, dass ihr Bibliothekar gestorben war und dass ich seinen Platz haben könnte, wenn ich bliebe. Ich musste nicht lange überlegen und habe zugestimmt. Das Essen hier ist echt gut! Aber ich will dich auch nicht nochmal verlieren, Emilia. Ich liebe dich wie eine Tochter. Ich möchte nicht ohne dich leben. Nicht so, wie in den letzten Wochen. Das Haus war schrecklich leer und still ohne dich, mein Schatz. Ich hoffe, es ist für dich in Ordnung, wenn ich bleibe."

Ich sah ihr tief in die Augen. Dann nickte ich. „Ich habe nichts dagegen, wenn du hierbleibst. Im Gegenteil! Ich habe dich so sehr vermisst. Und dass ich hier alle um mich habe, die ich liebe, ist ein Geschenk, das ich auf gar keinen Fall ablehnen sollte." Meine Augen tränten immer noch und ich wischte sie mit dem Handrücken weg. Ich war glücklich. So richtig. Xenia war Geschichte, ich lebte noch, Benjamin und ich durften zusammen sein, ich hatte meine Eltern, meine Schwester und Freunde gefunden. Ich hatte keine Verpflichtungen mehr, die ich nie haben wollte und keine Kräfte mehr, die ich verstecken musste. Ich war frei.

Die Kraft der Elemente - Alles liegt in deiner HandWo Geschichten leben. Entdecke jetzt