Die erste Stunde verging und ich machte mir keine Sorgen, so wie Aiden sagte. Schließlich hatte Deandeutlich gemacht, dass er mich nicht aus den Augen lassen würde. Und darüber hinaus mich zu meiner Familie brachte. Auch wenn ich nicht recht wusste warum, aber ich vertraute auf sein Wort und darauf, dass mir in der Anwesenheit von meinen neuen Freunden nichts passieren würde.
Doch als zwei Stunden vergingen und darauf noch eine weitere und von Dean weit und breit nichts zusehen war, fing ich doch an mir Gedanken zu machen – ob ich es wollte oder nicht.
Mason und Aiden ging es ähnlich. Aidens Lächeln war verschwunden und das machte mir noch mehr Angst als die Tatsache, dass Dean so lange weg war. Sein Blick war starr auf die Asche des toten Feuers gerichtet.
Ob ihm was passiert ist?
„Nein, das glaube ich nicht." Aiden kam langsam aus seiner Starre und richtete seinen Blick auf mich. Ein schwaches Lächeln umspielte nun wieder seine Lippen. „Er hat mich aus seinen Gedanken rausgeschmissen, als er weg ist. Ich versuche nur ihn wiederzufinden."
„Wie, er hat dich aus seinen Gedanken rausgeschmissen?"
„Naja, nicht wirklich rausgeschmissen. Er wollte mich nur nicht wissen lassen, was er wirklich dachte, indem er konzentriert an etwas anderes gedacht hat. Er würde sich wahrscheinlich nichts sehnlicher wünschen, als mich wirklich aus seinem Kopf zu verbannen." Er lachte herzlich und brachte mich ebenfalls zum Lächeln.
„Ich kann es ihm nicht verübeln", kommentierte Mason. Im Vorbeigehen gab er Aiden einen spielerischen Schubser an der Schulter. Danach suchte er sich mehrere Steine vom Boden und begann mit ihnen zu jonglieren.
„Macht Dean das öfter?", fragte ich.
„Er ist gern für sich. Aber normalerweise ist er nicht so lange weg", sagte Aiden. Er schien es aufzugeben, nach den Gedanken seines Freundes zu lauschen und richtete seine Aufmerksamkeit voll auf mich.
„Soll ich nach ihm suchen?", fragte Mason. Einer der Steine geriet aus der Bahn und fiel Aiden auf die Schulter. Doch es schien ihn nicht zu stören – er hob ihn auf und reichte ihm Mason zurück.
„Nein. Er wird bald wieder da sein. Schließlich wollen wir weiterfahren."
Ich wüsste gern, wo wir uns genau befanden und wo wir hin wollten. Wie viel Zeit ich noch hatte, bis ich dieser Shila gegenüberstand. Ein gutes Gefühl bei der Sache hatte ich immer noch nicht.
~~
„Sicher, dass ich ihn nicht suchen soll?"
Pock.
Die leere Tüte lag mittlerweile verbrannt in der Feuerstelle und Dean war immer noch nicht da. Ich hatte mich schon lange erhoben und dehnte meine steifen Muskeln. Meine Wunden waren so weit verheilt und taten nur noch selten weh, sodass ich begann ein paar Liegestütze und Klimmzüge an einem Ast zu machen. Über die Jahre hatte ich mir eine gute Ausdauer und Muskelmasse aufgebaut, die ich nicht verlieren wollte – egal wieviel Aiden meckerte.
Pock... Pock
Und diese Tabletten von Mason wirkten Wunder – die Medizin musste schon weiter sein, als ich es gedacht hatte. Meine Seite stach nur noch minimal, während ich mich den Ast hochzog und angespannt die Luft aus meinen Lungen ließ. Schweiß tropfte von meiner Stirn.
„Du solltest dich noch schonen."
Pock... Pock... Pock
Es war nicht der erste Versuch von Aiden mich wieder ins Bett zu kriegen. Ich war mir nicht sicher, ob er sich wirklich sorgte oder ob es seiner Unruhe zu schulden war. Er hatte seine Starre von der Feuerstelle in den Wald verlegt, so als könnte er Dean herbeigucken.
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Long Way
FantasyNeuauflage von 'Andere Welten - Nichts wie es einmal war' In einer Welt, in der es keine Normalität gibt, ist nichts außergewöhnlich. Das glaubt zumindest Melanie. Durch Verlust und Einsamkeit geprägt versucht sie mit allen Mitteln nicht in die Fäng...