Den Sonntag verbrachte ich mit einem Spaziergang im Park. Als ich vor ein paar Jahren hierher gezogen war, hatte ich ihn entdeckt. So schlenderte ich heute die paar Meter von meiner Wohnung bis zum Park.
Ich ging sofort zu meinem Lieblingsplatz. Es gab eine Stelle im Park, die selten besucht wurde, weil es doch sehr weit zu laufen war. Aber ich liebte diesen Ort. Hier konnte ich mich gemütlich ins Gras fallen lassen und dem kleinem Bach lauschen. Ich lehnte mich zurück und schloss meine Augen. Das hier war besser als jede Meditation. Hier konnte ich entspannen und zur Ruhe kommen. Nach meinem stressigem Alltag fühlte es sich oft an wie eine Oase. Wenn ich hierher kam, ließ ich mein Handy oft zu Hause. Ich wollte dann nicht von irgendwelchen sinnlosen E-Mails oder nervigen Anrufen gestört werden.
Ich weiß nicht, wie viel Zeit verstrichen war, als ich meine Augen wieder öffnete. Doch als ich mich aufsetzte traute ich meinen Augen kaum. Ich musste mir mit dem Handrücken über die Augen reiben, um mir sicher zu sein, dass ich mich nicht geirrt hatte. Aber das Bild vor meinen Augen verschwand nicht. Auf diesem kleinem Bächlein schwamm ein Schwarn. Wie kam der nur hierher? Der Bach war so winzig, dass es für ihn kein Vergnügen sein konnte.
Erst als es anfing zu dämmern und mir trotz meiner dicken Winterjacke allmählich kalt wurde, stand ich auf und machte mich auf den Heimweg.
Kaum hatte ich die Tür aufgeschlossen, klingelte mein Handy. Hatte ich es vermisst.
"Leyla Yılmaz", meldete ich mich.
"Hey Schwesterherz, endlich erreiche ich dich mal", sagte Louisa.
"Ich war spazieren", sagte ich.
"Den ganzen Nachmittag?", fragte sie ungläubig.
"Ja. Was gibt es denn?", fragte ich.
"Willst du zum Essen kommen?", fragte sie mich.
"Klar", sagte ich.
Wir beendeten das Gespräch und ich machte mich sofort auf den Weg."Tante Leyla!", rief mein Neffe erfreut und umarmte mich.
"Hey Kleiner Mann", sagte ich und ging in die Knie, um ihn besser in die Arme schließen zu können.
"Ich bin nicht klein", protestierte er sofort.
"Komm mit Tante Leyla. Ich muss dir mein neues Feuerwehrauto zeigen", sagte er.
"Erst gibt es Essen", rief Louisa aus der Küche.
"Du hast deine Mama gehört", sagte ich und ging mit ihm in die Küche.
Mats kletterte sofort auf seinen Kinderstuhl.
"Es gibt Kinderessen. Sorry", sagte Louisa zu mir.
"Ich ess doch gerne Fischstäbchen", sagte ich und zwinkerte Mats zu.
"Da ist ja meine Lieblingsschwägerin", sagte Louisas Menn, der gerade in die Küche kam.
"Zu deiner Info: du hast nur eine", sagte ich.
"Herzlichen Glückwünsch zur Hochzeit", sagte er und zwinkerte mir zu.
"Sei bloß leise", zischte ich.
"Tante Leyla, hast du einen Mann?", fragte mich Mats.
"Nein", antwortete ich nur. Ich wusste, dass ich ihn verwirrte, aber mir war absolut nicht danach das Thema zu vertiefen.
Louisa übernahm das für mich. Sie drehte sich zu ihrem Sohn. "Tante Leyla hat eine Frau geheiratet", sagte sie.
Mein Neffe sah mich neugierig an. Man konnte richtig sehen, wie es in ihm ratterte. Plötzlich begannen seine Augen zu leuchten. "Mia aus dem Kindergarten hat auch zwei Mamas", sagte er.
"Und das ist auch gar nicht schlimm. Manchmal verliebt sich eine Frau in eine Frau oder ein Mann in einen Mann. Tante Leyla liebt auch eine Frau", sagte mein Schwager. Ich warf ihm einem bösen Blick zu. Ich war nicht lesbisch. Die Heirat mit Emilia war ein Zufall gewesen. Blöderweise konnte ich meinem Schwager auch nicht großartig widersprechen. Nicht in Mats Gegenwart.
"Leugne es nicht", flüsterte er mir zu.
Ich beugte mich zu ihm herüber. "Wenn Mats nicht hier wäre, würde ich dir jetzt einen Mittelfinger zeigen", flüsterte ich.Nach dem Abendessen bewunderte ich Mats neues Feuerwehrauto, bis er von seinem Vater ins Bett gebracht wurde.
Währenddessen hatte ich mich zusammen mit Louisa auf ihr Sofa gesetzt.
"Wie läuft es mit Emilia?", fragte sie.
"Wir haben uns darauf geeinigt, dass wir es niemandem erzählen", sagte ich.
"Und ihr glaubt, dass es gut geht?", fragte sie.
"In der Schule denken alle, dass ich einen Mann geheiratet habe", sagte ich.
Fragend sah Louisa mich an.
"Ich hab aus Emilia Emilio gemacht", sagte ich.
"Warum stehst du nicht einfach dazu?", fragte sie.
"Weißt du, was an der Schule los wäre? Eine lesbische Lehrerin? Heiratet im Vollrausch ihre Schülerin? Das wäre ein Spießrutenlauf. Mich würde niemand mehr ernst nehmen", sagte ich.
"Ich will sie mal kennenlernen", sagte mein Schwager, der genau in dem Moment zurück ins Wohnzimmer kam.
"Ganz bestimmt nicht", sagte ich.
"Ist sie denn heiß?, fragte er.
"Kai!", protestierte ich.
"Also ja?", fragte er.
"Sie ist attraktiv", sagte ich.
Sofort begannen er und Louisa zu grinsen.
"Hört auf damit oder ich gehe", sagte ich.
Sofort legte meine Schwester einen Arm um mich. "Ich fänd es schön, wenn du endlich mal jemand hättest", sagte sie.
"Aber doch nicht sie. Sie ist meine Schülerin", sagte ich.
"Und jetzt wechseln wir das Thema", sagte ich schnell. Ich hatte wirklich kein Interesse daran das Thema noch weiter zu vertiefen.
"Noch ein Glas Wein?", fragte Kai.
Ich schüttelte den Kopf. Die zwei Gläser reichten mir. "Ich muss morgen arbeiten", sagte ich.
"Langweilerin", sagte Kai.
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What happens in Vegas, stays in Vegas
RomanceLeyla reist nach Las Vegas und verbringt dort eine verhängnisvolle Nacht mit der jungen Emilia. Am nächsten Morgen beschließen die beiden getrennte Wege zu gehen und nie wieder ein Wort über die Geschehnisse der letzten Nacht zu verlieren. Was aber...