Am nächsten Morgen wachte ich neben Emilia auf. Ich lächelte, während ich in ihr schlafendes Gesicht sah.
Vorsichtig küsste ich sie auf die Stirn. Langsam öffnete sie ihre Augen.
"Guten Morgen", flüsterte ich.
"So könnte ich jeden Morgen aufwachen", flüsterte sie und lächelte mich an.
"Ich will nicht aufstehen", murmelte sie.
"Wir müssen aber", sagte ich.
"Wir können doch einfach im Bett bleiben", schlug Emilia vor.
"Das würde ich gerne, aber das würde zu viele Fragen aufwerfen", sagte ich.
Verzweifelt warf sie ihren Kopf zurück ins Kissen.
"Manchmal nervt dieses Versteckspiel", sagte sie.
"Ich weiß", sagte ich. In diesem Moment wurde mir erst klar, wie unsere Beziehung in den nächsten knapp anderthalb Jahren aussehen würde. Wir würden uns nie außerhalb dieser vier Wände treffen können. Wir würden nicht zusammen in ein Restaurant gehen können. Wir würden in der Öffentlichkeit nicht Händchen halten können. Ich könnte sie niemandem vorstellen. Ich musste sie leugnen. Ich musste meine Sexualität verleugnen.
"Wir sollten einfach abhauen und in die Karibik auswandern", sagte ich.
"Ich wäre sofort dabei", sagte sie.
Ich grinste. "Ja, ich auch", stöhnte ich.
"Wir müssen aufstehen", sagte ich.
Stöhnend quälten wir uns aus dem Bett.
"Ich bring dich nach dem Frühstück noch zur Bahn", sagte ich und sah sie entschuldigend an. Ich konnte nicht mit ihr zusammen zur Schule fahren.
Emilia nickte.
Das Frühstück verbrachten wir schweigend. Die Stimmung war im Keller. Keiner von uns wollte zurück in den Alltag, wo wir uns wieder verstellen mussten.Meine Elfte kam gerade in die Turnhalle geschlurft. Ich hasste es in diesem Jahrgang Sport zu unterrichten. Kaum einer hatte Lust sich zu bewegen. Sie schlurften zur Bank und würden am liebsten dort die ganze Stunde sitzen bleiben. Tatsächlich schaffte ich es aber sie dazu zu motivieren Handball zu spielen.
Am Ende hatte ich ihnen noch eine Traumreise mitgebracht.
"Wir sind doch nicht mehr in der Fünften", maulte Emilia.
"Gib der Sache eine Chance", sagte ich.
Ich wartete, bis sich alle einen Platz in der Halle gesucht hatten und die Augen geschlossen hatten.
"Stellt euch vor ihr wärt an einem weit entfernten Ort. Stellt euch vor, ihr wärt in der Karibik. Ihr hört leise das Meer rauschen..."
Ich sah, wie Emilia die Augen öffnete und mich grinsend ansah. Ich legte meinen Zeigefinger auf meine Liplen und sie schloss wieder die Augen.
Die nächsten 5 Minuten las ich die Traumreise vor. Als ich geendet hatte, taumelten meine Schüler in die Umkleidekabine. Einige waren tatsächlich leicht eingedöst. Grinsend sah ich ihnen hinterher.Plötzlich stand Vanessa vor mir.
"Frau Yılmaz, Emilia ist eingeschlafen", sagte sie.
Ich ließ meinen Blick durch die Halle schweifen und entdeckte Emilia in einer Ecke liegend. An dem rhytmischen Heben und Senken ihres Brustkorbs bemerkte ich, dass sie tief und fest schlief.
"Ich kümmere mich drum", sagte ich.
Während Vanessa in die Umkleide verschwand, beobachtete ich grinsend Emilia.
Ich setzte mich neben ihr auf den Hallenboden. Vorsichtig strich ich ihr eine Strähne aus dem Gesicht.
"Schatz, aufwachen", flüsterte ich.
Emilia reagierte nicht.
Ich sah mich kurz um und hauchte ihr dann einen Kuss auf die Lippen.
Allmählich öffnete sie ihre Augen. Völlig verwirrt sah sie sich um.
"Du bist eingeschlafen", sagte ich.
Ich biss mir auf die Lippe, um mir das Lachen zu verkneifen. Ich schaffte es aber nicht und begann lauthals zu lachen. "Traumreisen sind nur was für Fünftklässler, was?", neckte ich sie.
"Ich war einfach nur müde", sagte sie.
"Ach ja, wie kommt das?", fragte ich sie grinsend.
"Ich konnte gestern Nacht nicht schlafen", sagte sie.
"Woran liegt das?", fragte ich grinsend.
"Es gibt da so eine Lehrerin, die mich wach gehalten hat", sagte sie, nun auch grinsend.
"Inwiefern?", fragte ich.
Emilia boxte mich in die Seite.
"Das weißt du ganz genau", flüsterte sie.
"Du musst in den Unterricht", sagte ich.
"Und du?", fragte mich Emilia.
"Freistunde", sagte ich.
"Das ist gemein", sagte Emilia.
Ich zuckte mit den Schultern.
"Hast du Freitagabend schon was vor?", fragte ich.
"Ich wollte feiern gehen", antwortete Emilia.
"Oh, ach so", sagte ich. Ich war enttäuscht. Mir war eine coole Idee für ein Date gekommen. Aber ich wollte Emilia nicht von etwas abhalten.
"Ich mach bloß einen Scherz. Wann soll ich da sein?", fragte sie.
"Komm, wann du willst. Aber du solltest lange bleiben", sagte ich.
"Was hast du vor?", fragte Emilia.
"Überraschung", sagte ich.
"Ich hasse Überraschungen", sagte Emilia.
"Lügnerin", sagte ich.
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What happens in Vegas, stays in Vegas
RomanceLeyla reist nach Las Vegas und verbringt dort eine verhängnisvolle Nacht mit der jungen Emilia. Am nächsten Morgen beschließen die beiden getrennte Wege zu gehen und nie wieder ein Wort über die Geschehnisse der letzten Nacht zu verlieren. Was aber...