Emilia saß längst im Wohnzimmer und wartete auf mich. Ich aber war noch nicht fertig. Ich wollte heute unbedingt gut für sie aussehen.
„Leyla, bist du fertig?", fragte Emilia und steckte den Kopf durch die Tür.
„Tür zu!", sagte ich sofort und machte ihr die Tür vor der Nase zu.
„Das ist nicht sonderlich höflich", sagte sie durch die verschlossene Tür.
„Ich bin gleich fertig", sagte ich.
Meine Haare hatte ich bereits gemacht. Ich hatte sie zu einem lockerem Dutt zusammengebunden und einige Strähnen herausgezogen. An den meisten Tagen lief ich ohne Make-up herum, aber heute hatte ich ein Meisterwerk vollbracht. Ich fand, dass ich noch nie so gut ausgesehen hatte. Dafür hatte ich aber heute Mittag heimlich ein Youtube Tutorial gesehen. Ich schlüpfte in mein Kleid, das ich mir extra für den Urlaub gekauft hatte, und ging dann zu Emilia ins Wohnzimmer. Als sie mich sah, klappte ihr der Kiefer nach unten. Schon allein für diese Reaktion hatte sich der Aufwand gelohnt.
„Du siehst wunderschön aus", sagte Emilia.
Ich merkte, wie sich meine Wangen verfärbten. Mit Komplimenten konnte ich nach wie vor nicht gut umgehen.
„Danke", sagte ich dennoch.
Erst jetzt betrachtete ich Emilia genauer. Auch sie hatte sich in Schale geworfen. Sie trug einen blauen Hosenanzug. Ihre langen Haare fielen ihr über die Schulter. „Wow", sagte ich.
„Wohin gehen wir?", fragte sie.
„Ich hab uns einen Tisch bestellt", sagte ich.
„Du willst mit mir in ein Restaurant gehen?", fragte sie mich.
„Ja. Heute bedienen wir alle Klischees. Verlass dich drauf", sagte ich. Ich nahm ihre Hand und verließ dann mit ihr das Haus. Es fühlte sich so gut an mit ihr Händchen haltend durch die Stadt laufen zu können und keine Angst haben zu müssen aufzufliegen.
„Du magst doch italienisch, oder?", fragte ich sie.
„Natürlich. Ich esse alles", sagte sie.Kurz darauf erreichten wir das Restaurant. Der Kellner brachte uns zu unserem Tisch, der glücklicherweise in einer ruhigen Nische stand.
„Erzähl mir was über dich", forderte ich Emilia auf, während wir auf unser Essen warteten.
„Was willst du denn wissen?", fragte sie mich.
„Am liebsten alles. Du erzählst nie etwas aus deiner Kindheit. Ich weiß nur, dass du zwei Jahre im Internat in England warst", sagte ich.
„Da gibt es nicht viel zu erzählen. Ich hatte eine glückliche Kindheit. Bis ich herausfand, dass ich lesbisch bin. Meine Eltern waren immer für mich da und ich liebe sie. Aber die Sache mit der. Liebe ist schwierig", sagte sie.
„Inwiefern?", fragte ich.
„Deine Eltern wissen aber, dass du lesbisch bist, oder?", fragte ich.
„Ja, und sie sind wirklich cool damit. Mein Vater meinte nur, dass er auch auf Frauen steht und meine Mutter wusste es vor mir", erzählte sie.
„Warum bist du dann so unglücklich?", fragte ich sie.
„Bin ich gar nicht", sagte sie.
„Doch. Er zerreißt mir jeden Morgen das Herz, wenn du zur Schule kommst", sagte ich.
„Ich ... ich ... es ist kompliziert", sagte sie.
„Das hängt alles mit der Geschichte zusammen, über die du nicht reden willst, oder?", fragte ich.
Emilia nickte bloß.
Ich nahm ihre Hand. „Was auch immer dir passiert ist, es gibt eine Menge Menschen, die hinter dir stehen und dich sehr mögen", sagte ich.
Se nickte. „Gehörst du auch dazu?", fragte sie.
„Natürlich", sagte ich. „Ich bin froh, dass wir uns kennengelernt haben und dass wir geheiratet haben, auch wenn ich mich lieber daran erinnern würde", sagte ich.
„Manchmal überlege ich, was meine Eltern sagen würden, wenn sie von uns wüssten", sagte sie.
„Wahrscheinlich würden sie mich hinter Gittern sehen wollen", sagte ich. „Vor allem dein Vater. Er konnte mich ja besonders gut leiden", sagte ich und spielte damit auf den Eltern-Sprech-Tag an.
Emilia lachte. „Das ist nicht besonders gut gelaufen. Eigentlich ist er ganz anders. Sie sind beide eigentlich cool und das sag ich, obwohl sie meine Eltern sind", sagte sie.
„Nach dem Abi wirst du sie kennenlernen", sagte Emilia.
„Lieber nicht", sagte ich.
„Doch. Sie sind mir wichtig und dich werde ich nicht wieder gehen lassen", sagte sie.
Ich nickte. Ich würde niemals zulassen, dass sie zwischen mir und ihrer Familie wählen musste. Nicht, nachdem, was mit meiner passiert war.Nach dem Essen im Restaurant hatte ich noch eine weitere Überraschung für sie. Ich führte sie zum Strand. Gemeinsam setzten wir uns in den Sand und kuschelten uns unter die Decke, die ich mitgebracht hatte. Auf der anderen Seite des Ufers war ein Feuerwerk und von unserem Platz aus hatte man perfekte Sicht darauf.
„Wow, ist das schön", sagte Emilia.
Ich schwieg, denn ich wollte den Moment mit ihr einfach nur genießen. Ich kuschelte mich näher an sie und betrachtete all die bunten Farben am Horizont, die genauso farbenfroh und bunt waren wie Emilia.
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What happens in Vegas, stays in Vegas
RomanceLeyla reist nach Las Vegas und verbringt dort eine verhängnisvolle Nacht mit der jungen Emilia. Am nächsten Morgen beschließen die beiden getrennte Wege zu gehen und nie wieder ein Wort über die Geschehnisse der letzten Nacht zu verlieren. Was aber...