Kapitel 7

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Florianus 'Florian' Ludwig
By LuanaWhite

Nach dem Streit mit Juliet war ich ziellos durch San Francisco gelaufen und verstand nicht wieso mich ihr Verhalten nur so aufregte. Ich kannte sie immerhin nicht. Wir hatten uns zwei mal gesehen und jedes Mal endete es in einem Streit. Wieso eigentlich hatte ich sie nicht gebissen und sie manipuliert? Wieso wollte ich unbedingt ihre Freundschaft? Ja, ich war einsam und sehnte mich nach jemanden, so wie Jonathan und Conner einander hatten, aber wieso ausgerechnet Juliet?

Sie war die beste Freundin meines Ziehsohnes, dem ich das Herz hatte brechen müssen und noch dazu die Schwester seines Gefährten. Vielleicht hatte ich mir ja erhofft dass ich durch dieses Mädchen endlich akzeptiert wurde? In dieser Familie? Eine sonderbare Familie ja, aber dennoch eine Familie. Aber vielleicht sollte ich nach all den Jahren aufgeben. Ich sollte Jonathan sein Leben leben lassen, ihn glücklich sein lassen und von hier wieder verschwinden, um irgendwo neu anzufangen.

Die Nacht hatte ich in Lisa's Bett verbracht und versuchte meine Sorgen mit Blut und Sex irgendwie zu verdrängen, aber Juliet ging mir einfach nicht aus dem Kopf. Was hatte diese junge Frau nur mit mir angestellt? Sie hatte mir die Stirn geboten und schien nicht den Funken einer Angst vor mir zu verspüren, obwohl sie genau wusste was ich war und irgendwie beeindruckte mich das.

Schließlich aber brach ich zu Jonathan's Herrenhaus auf und wollte gerade die Tür öffnen um auf mein Zimmer zu gehen, als mir mein Sohn und Conner händehaltend und lächelnd entgegen kamen. Aber als sie mich entdeckten, erstarb augenscheinlich ihre gute Laune. Ich hatte es wohl wirklich gehörig vermasselt.

"Guten Morgen." begrüßte Conner mich und ich nickte ihm kurz zu, ehe er sich wieder an Jonathan wandte. "Ich mache mich dann mal auf den Weg. Ich hoffe alles geht glatt." meinte er sanft und Jonathan streichelte liebevoll seine Wange.

"Du schaffst das. Da bin ich mir sicher und wenn irgendwas ist ruf mich an. Ich liebe dich." antwortete mein Sohn und sein Gefährte verließ das Haus. Ich wusste nicht wohin er ging und ich war eigentlich auch nicht in der Position mich irgendwo einzumischen.

Jonathan schloss die Tür und drehte sich zu mir um. "Conner geht heute das erste Mal wieder arbeiten, seit er ein Vampir ist. Deshalb ist er so aufgeregt." erklärte er mir und ich nickte verstehend. Conner hielt also weiter an seinem menschlichen Leben fest, aber das würde nicht lange gut gehen.

"Verstehe. Dann wünsche ich ihm das Beste, auch wenn es irgendwie seltsam ist." meinte ich und versuchte neutral zu bleiben. Jonathan nickte und einen Moment standen wir beide schweigend da, da niemand von uns zu wissen schien was er sagen sollte, aber dann fiel mir etwas ein.

"Du gibst dir richtig Mühe, für Conner. Du hast schon eine Weile kein Blut mehr sinnlos vergossen. Du denkst jetzt nach bevor du etwas tust. Früher hast du immer das gemacht, was du wolltest ohne an die Konsequenzen zu denken." stellte ich fest aber er verengte seine Augen.

"Tu bitte nicht so als würdest du mich kennen, Florianus. Du warst eine lange Zeit weg und ich habe mich verändert. Ja, es war ein Schock als du plötzlich vor meiner Tür gestanden bist, aber die Wahrheit ist, ich liebe jetzt Conner. Du bist nichts weiter als der Mann der mich großgezogen hat. Nicht mehr und nicht weniger." brummte Jonathan mir entgegen und ließ mich dann stehen, als er in Richtung Küche ging.

Ich wusste nicht wie ich darauf reagieren sollte. Der Mann der ihn groß gezogen hatte. Ja das war ich, aber... es hörte sich für mich so an als ob Jonathan mit mir fertig wäre. Also wäre es vielleicht wirklich besser wenn ich hier wieder weg gehen würde. Und diesmal ohne dass ich meinen geliebten Jungen beobachtete. Inzwischen konnte er ganz gut auf sich selbst acht geben und er war auch nicht mehr allein.

Deshalb ging ich auf mein Zimmer und begann meine Sachen zusammen zu packen. Es waren nicht viele, bloß ein paar Kleidungsstücke. Doch dann klopfte es an meiner Tür und als diese daraufhin geöffnet wurde, kam Jonathan herein und sah mich mit großen Augen an.

"Was wird das? Wolltest du ernsthaft wieder gehen? Nach knapp einer Woche? Ist das dein Ernst?" fragte er mich verletzt und ich war einen Moment überrumpelt und verwirrt.

"Ich... Ich bin hier fehl am Platz. Die zweiundfünfzig Jahre die wir zusammen hatten, waren die schönsten meines Daseins gewesen und ich bin beinhahe fast ein Jahrtausend alt, Jonathan. Aber ich habe unsere Beziehung zueinander kaputt gemacht, als ich damals gegangen war. Ich weiß ich hätte dir damals anders zeigen sollen, dass ich nicht mehr wie Vatergefühle für dich habe, aber ich war zu schwach gewesen und ich kann nicht von dir erwarten dass du mir verzeihst. Deshalb ist es besser wenn ich einfach wieder gehe." erklärte ich ihm schweren Herzens.

Es war besser so und eigentlich hätte ich damit gerechnet dass er mich anschreien, verurteilen oder sonst was würde. Immerhin kannte ich sein Temperament nur allzu gut. Aber er reagierte anders als ich erwartet hatte. Tränen bildeten sich in den Augen meines Ziehsohnes und er kam einen Schritt näher auf mich zu.

"Als du mich damals verlassen hast, war das um so vieles schlimmer als das, was ich als Kind durchstehen musste. Als Vampire empfinden wir nun mal um einiges intensiver als Menschen. Und ein Teil von mir wird dir das niemals verzeihen können, aber auch wenn mein Herz jetzt Conner gehört, bist du immer noch mein Vater. Ich habe dir so vieles zu verdanken und ich weiß selbst dass ich es dir damals unglaublich schwer gemacht habe.

Aber bitte, bitte verlasse mich nicht wieder. Ich brauche dich mehr als du glaubst. Du bist meine Familie. Bitte." antwortete er mir und ich ließ meine Tasche fallen. Meine Gliedmaßen erschlafften, mein totes Herz erweichte sich. Es war schwer zu beschreiben.

Ich war noch nie ein knallharter Mann oder Vampir gewesen. Ich hatte in mir drin einen sehr weichen Kern und wie sollte ich Jonathan jetzt verlassen, wo er mich regelrecht anflehte zu bleiben? Ich konnte nicht anders als den Abstand zwischen uns hinter mir zu lassen und ihn fest in meine Arme zu ziehen. Vielleicht hatte ich mich getäuscht, vielleicht hatte ich doch noch eine Chance, vielleicht war ich gar nicht so einsam wie ich gedacht hatte.

Jonathan war mein Sohn, und ich liebte ihn als solchen über alles. Auch wenn die Situation schwer war, ich durfte nicht den selben Fehler zwei Mal machen. Ich musste stark sein und für das kämpfen was ich wollte. Meine Familie.

Juliet&Florian - The WishWo Geschichten leben. Entdecke jetzt