Kapitel 9

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Ein düsterer Gang erstreckte sich vor mir, an seinen Seiten waren große Glasfronten, von denen vereinzelt schwaches Licht kam. Erst als ich einen Schritt voran wagte, schalteten Bewegungsmelder die restlichen Deckenlampen an.

Das Gewehr schussbereit schlich ich an den Zellen vorbei und musterte die Gefangenen, die bei meinem Anblick allesamt aufschauten. Den meisten sah man nicht an, dass sie keine Menschen mehr waren. Einige jedoch hatten eine andere Augen- oder Hautfarben.

Zelle für Zelle suchte ich nach Mason und Aiden ab und verlor nach und nach die Hoffnung einen der beiden zu finden – bis ich ihn sah: Mason. Er saß auf einem Bett und warf seinen Tennisball immer wieder gegen die Glasscheibe. Sie war so dick, dass ich den Aufprall nicht mal hörte. Freude und Erleichterung übermannte mich, denn es sah aus, als würde ihm nichts fehlen. Hastig trat ich an das Glas heran und klopfte. Unmöglich konnte er mich hören, doch meine Bewegung machte ihn aufmerksam auf mich.

Ein so breites Lächeln, wie ich es noch nie bei ihm gesehen hatte, zierte seine Lippen und den nächsten Moment stand er direkt vor mir. Sein Mund bewegte sich, doch ich verstand ihn nicht.

Ich schüttelte lächelnd meinen Kopf und wies auf meine Ohren. Danach trat ich einen Schritt zurück, um die Glasfront zu betrachten. Gut, dass ich ihn gefunden hatte, doch wie bekam ich ihn da raus?

Ich hatte zwar das Gewehr, doch ich war mir sicher, dass die Kugeln nichts gegen die Zelle ausrichten konnten – eher würden sie zurück prallen und mich treffen.

Mason klopfte an die Scheibe und zeigte auf ein kleines Gerät links an seiner Zelle. Nickend hing ich das Gewehr um meine Schulter und begutachtete die Schaltfläche. Zu sehen war ein Display, der nach einem Code oder einer Identität fragte.

Vielleicht die Schlüsselkarten? Hastig nahm ich die des Brinters und die von Emma aus meiner Tasche und hielt sie Mason an die Scheibe. Vielleicht hatte er bereits gesehen, wie jemand eine Zelle geöffnet hatte und wusste, welche der beiden funktionieren würde. Ich wollte nicht erfahren, was passierte, wenn ich eine falsche Karte benutzte.

Mason kratzte sich den Nacken, zuckte kaum merklich mit den Achseln und zeigte dann auf Emmas Karte. Ich hob eine Augenbraue und erst als er nochmal auf die Karte wies, nickte ich. Es piepte, als ich die Karte an das Schloss hielt, dann tauchte ein grünes Licht auf und die Glasfront öffnete sich in der Mitte. Mason stolperte dadurch nach vorne. Das erste, was ich von ihm hörte, war sein Lachen.

„Man, ist das abgefahren!", rief er jubelnd. „Niemals hätte ich gedacht, dass du mich raus holst, danke Mel!"

Ich wusste gar nicht wie mir geschah, als er den nächsten Augenblick seine Arme um mich schloss und mich herumwirbelte. Trotz der angespannten Situation schaffte er es mir ein Lachen zu entlocken. Gott, war ich froh, dass er nicht tot war. In diesem Moment war ich mir sicher, dass ich die richtige Entscheidung getroffen hatte.

„Das war alles so heftig, überall waren diese Brinter und dann haben sie mich in diese Zelle gesteckt und Aiden auch. Ich weiß nicht und, Alter, ich hab mir solche Sorgen gemacht. Niemals hätte ich gedacht-"

„Mason", unterbrach ich ihn schmunzelnd. „WO ist Aiden? Wir müssen hier raus, ich weiß nicht, wie lange wir unentdeckt bleiben."

„Ja, klar. Sorry. Komm mit." Er griff mich am Ellenbogen und zog mich wenige Meter weiter den Gang entlang. Ich sah Aiden bereits an der Glasfront stehen – die Hände hinter dem Rücken verschränkt und auf seinen Lippen nichts anderes als ein riesiges, stolzes Lächeln.

Ich trat an das Schloss heran, als plötzlich ein ohrenbetäubender Alarm losging. Darüber eine monotone Stimme: „Achtung, Achtung! Wir stehen unter Beschuss, begeben sie sich in Sicherheit!"

Long WayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt