Teil 8

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POV Maya:

Als ich wieder zu mir kam, war es bereits hell. Ich hatte geschlafen, als wäre ich ins Koma gefallen und für einen Moment hoffte ich, dass es nur ein schlechter Witz oder ein skurriler Traum war. Doch als ich meine Augen öffnete, lag ich in einem weichen Bett im Krankenhaus. Alles um mich herum war steril und weiß bzw türkis. Ich setzte mich mühsam auf, es fühlte sich an, als wäre ich von einem Laster überrollt worden. Wie war ich in dieses Patienten Zimmer gekommen? Und warum war ich noch hier, ich war ja nicht einmal krankenhausreif krank? Ich rutschte an den Rand vom Bett, und wollte eben aufstehen, als die Tür aufging. Hinein kam Dr. Martinson mit einem Kaffee in der Hand. Sie erschrak kurz, als sie mich sah.
P: „Hey, na du bist wach?"
Ich nickte nur. Warte war das wirklich alles heute Nacht geschehen, oder nicht?
Sie stellte ihren Kaffee auf dem Tisch ab.
P: „Wo willst du denn hin?"
Ich zuckte mit den Schultern, ein Plan hatte ich nicht gehabt.
P: „Dann bleib mal lieber schön sitzen, bevor du uns abhaust."
Abhaust... Abhaust... Das kreiste in meinem Kipf umher und auf ein Mal fühle es sich an, als würde ich nicht mehr atmen können, als hätten meine Bronchien sich verschleißt. Dr. Martinson schien es sofort zu bemerken und ging vor mir in die Hocke. Ich fasste mir an die Brust.
M: „Ich... ich kann nicht... atmen... Ich krieg keine Luft...!"
Jauchzte ich nach Luft schnappend.
M: „Ich bekomme keine Luft..."
Ich atmete rasend schnell, aber flach. Es kam kaum genug Luft an. Es fühlte sich an, als würde ich nie genug Luft bekommen, egal wie schnell ich atmete.
P: „Shhh... ganz ruhig. Schau mich an Maya!"
Sie griff nach meinem Handgelenk, was beinahe unbemerkt blieb und schien meinen Puls zu messen. Ihre andere Hand legte sie auf mein Knie.
P: „Du hast eine Panikattacke, du musst dich beruhigen. Atme ganz ruhig ein und aus. So ist es gut..."
Ich bekam immer noch kaum Luft.
P: „Leg deine Hände überkreuzt auf deine Schultern und jetzt klopf regelmäßig auf die eine und dann auf die andere, okay?"
Ich nickte panisch. Ich würde alles tun, um wieder besser atmen zu können. So tat ich meine Arme in diese eigenartige Brezelform und folgte ihren Anweisungen.
P: „Atmen... Ein und aus..."
Wiederholte sie immer wieder. Und irgendwann hörte es tatsächlich auf und ich konnte wieder atmen. Ich war völlig außer Puste.
M: „Danke, Sie haben mich gerettet!"
Meinte ich erleichtert und glücklich davon wieder Luft zu bekommen.
P: „Sag Du zu mir, ich bin Paula."
Ich nickte nur. Paula schien die Art von Mensch zu sein, die das Talent besitzen, in Chaos- und Stress- und Druck- und Angst- und Unruhesituationen die Ruhe in Person zu sein.
P: „Was war los?"
Ich zuckte mit den Schultern.
M: „Ich weiß es nicht."
Ich wusste es schon. Es war einiges los. Wie wäre es mal damit, dass ich tatsächlich abgehauen bin und zwar von Zuhause. Meine Eltern haben mich seit gestern vor der Schule nicht gesehen und ich liege hier in der Klinik und verstecke mich. Mein Holga, mein Stiefvater, wird mich sowas von umbringen! Und das ist, nur um das mal anzumerken, keine Hyperbel oder Ironie.
P: „Na gut, hör zu. Ich hab gestern noch telefoniert gehabt und gleich kommt jemand von der Polizei und dem Jugendamt, du musst es ihnen auch noch mal erzählen, das ist wichtig."
Ich schüttelte den Kopf. Ich könnte das nicht noch einmal! Niemals!
P: „Ich weiß du hast Angst, aber nur so kannst du der Gewalt in deinem Leben ein Ende setzen. Und den Albtraum beenden. Vertrau mir Kleine, es wird besser werden. Und du verdienst so viel mehr als Schläge."
Sie schaute mir tief in die Augen und ich schaute automatisch weg.
P: „Du schaffst das!"
M: „Ich will nach Hause..."
Machte ich einen Rückzieher. Paula schaute besorgt.
P: „Du weißt es vielleicht noch nicht Maya, aber es ist nicht okay oder normal geschlagen zu werden. Nicht jeder wacht mit blauen Flecken über all auf dem Körper auf. Es gibt ein Leben ohne den Schmerz und ohne die Angst. Du musst nur den Schritt wagen. Und ich verspreche, es wird besser werden. Dein Leben wird so viel besser werden."
Sprach sie einfühlsam und es bewegte etwas in mir.
M: „Ich hab Angst..."
P: „Und das ist vollkommen okay!"
Sie strich mir übers Bein, als auf einmal die Tür aufging und Polizei und Jugendamt reinkamen. Zumindest gleichzeitig, da musste ich, falls ich was sagen würde, es nicht zehnmal tun.
[PR= Paul Richter, HB= Hanna Becker, Jug = Frau vom Jugendamt ]
P: „Oh da seit ihr ja schon."
PR: „Moin Paula und?"
P: „Maya"
PR: „Hallo Maya!"
Sie kamen mir ganz nett rüber und lächelten nett.
HB: „Mein Name ist Hannah Becker von der Polizei, und das ist mein Kollege Paul Richter. Und das ist Frau Jung vom Jugendamt."
PR: „So, was führt uns hier her? Wie geht es dir Maya?"
Ich schwieg.
P: „Ich lass euch dann mal im Privaten sprechen."
Sie stand auf und wollte gerade gehen, als ich ihre Hand griff. Ich wollte sie nicht greifen, es geschah unbewusst. Aber Paula war die einzige Person, die bis jetzt davon wusste, und mich nicht abscheulich fand und da war.
Sie drehte sich verwundert um und ich schaute sie flehend und verängstigt an.
M: „Bitte, geh nicht..."
P: „Okay, ist schon gut. Ich bleibe!"
Sie strich mir eine Strähne aus dem Gesicht und setzte sich zu mir aufs Bett und drückte meine Hand ganz fest.
HB: „Paula hat uns angerufen, weil sie befürchtet, dass man dich zu Hause schlägt. Stimmt das?"
Versuchte die Polizistin mit blonden Haaren mich vorsichtig anzustupsen. Ich nickte ängstlich.
HB: „Okay, es ist ganz wichtig, dass du weißt, dass die Person dir nicht mehr weh tun wird und wir dafür sorgen werden. Nicht wahr?"
Sie schaute zu der Frau vom Jugendamt.
Jug: „Natürlich, wir werden schauen, wo wir dich unterbringen können, um dich aus dem Haus zu holen."
HB: „Willst du uns erzählen, wer dir wie weh tut?"
M: „Mein Stiefvater..."
Danach brach meine Stimme ab.
M: „Er schlägt mich und tritt mich und wirft nach mir mit Sachen, wenn er schlechte Laune hat. Aber es ist meine Schuld, ich bin nun mal zu ungeschickt, um mich perfekt zu verhalten. Ich sollte einfach leiser und unauffälliger sein und ihn nicht stören..."
HB: „Es ist nicht deine Schuld. Er ist erwachsen und egal was Gewalt ist keine Lösung."
PR: „Zeigst du uns die Verletzungen?"
Was sollte ich noch tun? Sie würden eh nicht locker lassen... Ich war wie aus meinem Körper entfernt. Ich zeigte mit Paulas Hilfe die Verletzungen und die Polizisten fotografierten sie, während die vom Jugendamt mitschrieb. Ich bekam nicht mehr so viel mit. Ich war nicht mehr so ganz anwesend, sondern nur überfordert. Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht hatte...

I don't know ~ KaS/AsdsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt