POV Paula Martinson:
Ich hatte echt schon große Sorgen um die Kleine gehabt. Sie war wie weggetreten und hatte einfach einen ganzen Tag geschlafen. Ich kann es verstehen, da sie viel durch gemacht hat. Aber ich war dennoch besorgt. Ich war erleichtert, als ich sie wach bekam und irgendwann überzeugen konnte und soweit gehend beruhigen, dass sie mir in die Küche folgt. Es dauerte zwar alles sehr lange, aber etwas ist besser als nichts.
P: „Möchtest du Nudeln oder lieber Kartoffeln?"
Ich hatte in einem Ratgeber für Pflegeeltern gelesen, dass man dem Kind die Wahl lassen sollte, jedoch nicht im Sinne von „was willst du", sondern im Sinne von „das oder das".
Maya zuckte mit den Schultern. Ich wartete noch ein Weilchen geduldig.
M: „Nudeln."
Sie flüsterte. Ich konnte ihre Angst ihr Ansehen. Ich setzte sie auf die Sitzecke und machte ihr eine Portion drauf.
P: „Möchtest du auch Salat oder Schnitzel haben?"
Sie schüttelte den Kopf.
P: „Eine Soße?"
Die selbe Reaktion. Ich nahm mir von allem etwas und setzte mich zu ihr. Zusammen essen war bewiesener Maßen leichter als alleine. Sie müsste eigentlich einen Mordshunger haben. Mindestens 48h hat sie nichts gegessen oder getrunken.
P: „Möchtest du Wasser, Tee, Saft oder Kaffee?"
Sie zuckte mit den Schultern, doch beschloss dann doch noch zu antworten.
M: „Wasser."
Ich reichte ihr das Glas, dann fing ich an zu essen. Sie stockte mit der Gabel in der Luft und beobachtete mich. Ich aß ruhig weiter und tat als würde sie es nicht bemerken.
Vorsichtig stach sie einen Nudel auf und schob sie langsam in den Mund. Dann kaute sie intensiv und lange. Sie schluckte schwer. Dann die nächste und wieder eine. Nach einigen Gabeln, griff sie nach dem Glas. Leider griff die Kleine daneben und es kippte um. Ich schaute sofort zu ihr. Ich rechnete bereits mit einer Reaktion, aber was ich sah war schlimmer, als ich es mir hätte vorstellen können. Sie rollte sich in der Sitzecke zusammen. Ihr Gesicht war Tränen überströmt und sie hielt sich schützend die Hände vor ihr kleines Gesicht. Ihr ganzer Körper war am Beben.
Und das über ein Glas. Es ist nur ein Glas Wasser, das umgefallen ist, das passiert jedem Mal. Es sollte keine große Sache sein, aber für sie war das so unfassbar schlimm, dass sie Panik bekam. Eine intensive Traumareaktion.
M: „Es tut mir leid! Es tut mir leid! Es tut mir leid! Es tut mir leid! Es tut mir leid! Es tut mir leid!..."
Sie wiederholte diesen Satz in Dauerschleife und klang von mal zu mal verzweifelter.
P: „Hey, hey, hey... Maus, Maya..."
Sprach ich sie an und rutschte zu ihr durch. Ich legte meine Hände auf ihre und fasste sie sanft an, um ihr zu zeigen, dass meine Hände bei ihr waren, sie musste mit keinem Schlag rechnen und konnte die Verbindung zur Realität bewahren.
P: „Es ist alles okay, das ist kein Problem. Es ist nur ein Glas Wasser. Das kann man aufwischen. Kein Problem. Dir passiert nichts!"
Versuchte ich sanft und einfühlsam ihr die Angst zu nehmen. Langsam verkrampften sich ihre Arme weniger und ich schaffte es sie vorsichtig hochzuziehen. Ich drückte sie fest an mich.
P: „Alles gut!"
Ich strich ihr beruhigend über die Haare.
P: „Das passiert jedem Mal, kein Problem!"
Sie beruhigte sich langsam wieder. Meine Sorge um die Kleine wuchs immer mehr. Sie hatte das nicht verdient, keiner hat ein Leben voller Angst verdient.
P: „Komm, wir gehen rüber ins Wohnzimmer..."
Ich half ihr auf und stützte sie rüber. Dort saß Viola gerade. Sie schaute mich fragend an. Ich fragte sie ohne Ton, ob sie in die Küche gehen könnte und sie nickte verständnisvoll. Ich glaube Maya hatte sie nicht einmal bemerkt. Sie lief kaum selbst. Ihr Fight or Flight Mode war getriggert worden und so war sie wie erstarrt.
Ich setzte sie auf der Couch ab.
P: „Willst du etwas Fernsehen?"
Sie reagierte kaum.
P: „Was schaust du gerne?"
Keine Reaktion. Sie starrte nur den Fernseher an.
P: „Wollen wir... Schloß Einstein schauen?"
Ich überlegte etwas möglichst wenig stressendes zu wählen. Erstaunlicherweise nickte sie sogar. Ich schaltete es ein und sie schaute fokussiert die Sendung an und von Minute zu Minute, entspannten sich ihre Muskeln.
P: „Ich gehe kurz rüber, okay?"
Sie nickte zögerlich.
Ich stand auf und lief zu Viola in die Küche, welche sie bereits geputzt hatte.
[Vi=Viola Greve]
P: „Vielen Dank!"
Vi: „War die krasse Reaktion auf Grund des Wasserglases?"
Ich nickte.
Vi: „Ach Göttchen, die arme Maus..."
P: „Ja, ich meine ich hatte mir einer Reaktion gerechnet, aber das war schon äußerst intensiv."
Viola nickte.
P: „Aber wir haben sie ja erst gestern da raus geholt, es wird noch dauern."
Vi: „Auf jeden Fall, mit der Zeit wird sie es neu lernen und die negativen Ereignisse werden vielleicht von positiven überspielt."
Ich nickte.
P: „Danke, dass ihr alle so offen seit sie aufzunehmen."
Vi: „Ach, doch nicht dafür! Ich finde sie hat die Chance auf ein neues Leben mehr als nur verdient!"
Ich nickte, das hatte sie wirklich.
Vi: „Was denkst du, wenn sie etwas ruhiger ist, kann ich sie mal kennen lernen?"
P: „Klar, ich schau gleich mal!"
Sie sah tatsächlich etwas entspannter aus. Ich winkte mit dem Kopf Viola herein.
P: „Maya?"
Sie schaute mich sofort an.
P: „Da will dich jemand kennen lernen, ich hatte dir doch erzählt, dass hier noch andere Freunde wohnen."
Sie nickte und schaute an mir vorbei, wo Viola eben rein kam. Sie lief langsam auf sie zu und schien ihre Reaktion zu beobachten, als es Maya unangenehm nah zu werden schien, blieb sie stehen.
Vi: „Hi Maya, ich bin Viola! Schön dich kennen zu lernen!"
Maya lächelte schwach und nickte.
Vi: „Uhh was schaust du schönes?"
Maya schaute von ihr auf den Bildschirm und wieder zu ihr.
Vi: „Ist das Schloss Einstein?"
Sie nickte tatsächlich, ich war stolz auf die Kleine, sie kommunizierte mit Viola, zwar wortlos, aber sie tat es.
Vi: „Darf ich mit schauen?"
Maya überlegte kurz und nickte dann. Viola setzte sich in den Sessel und ich gesellte mich zu Maya auf das Sofa.
Vi: „Danke Maya!"
Sie schaute sie lächelnd an. Viola ist so ein positiver Mensch, in egal welcher Situation. Sie ist so gut wie immer am Lachen. Wir schauten ein paar Folgen gemütlich.
M: „Darf ich mir was anderes anziehen?"
Ich schaute sie erstaunt darüber, dass sie was sagte an. Viola und ich lächelten uns erleichtert an.
M: „Ich will nicht die Kleider von gestern tragen..."
Nuschelte sie beschämt und entschuldigend. Ich merkte, dass mein Zögern sie verunsichert haben musste.
P: „Natürlich Maus, soll ich mit dir hoch gehen?"
Sie nickte. Ich hatte gar nicht daran gedacht, was es für sie bedeuten musste. Sie wurde in den Kleidern bedroht, geschlagen, hatte einen Unfall mit ihrer Freundin und wurde von Polizei und Jugendamt aus ihrem zu Hause gerissen. Oben angekommen schauten wir in ihre Tasche. Sie war etwas zögerlich, ich verstand schnell das Problem. Es erinnerte sie alles an ihr Zuhause.
P: „Willst du dir was von uns ausleihen?"
Sie schaute mich verwundert nickte dann aber dankend.
P: „Ich denke, wir fragen mal Viola, weil sie ist etwas kleiner als ich, die Sachen passen dir bestimmt besser."
Sie schaute verunsichert.
Ich rief nach Viola, welche sofort kam.
Vi: „Ja?"
P: „Können wir uns was von dir leihen?"
Sie nickte begeistert.
Vi: „Natürlich, kommt mit!"
Ich zog Maya sanft mit mir in Violas Zimmer.
Vi: „Also meine Sachen sind vermutlich nicht so stylisch wie deine, aber wir finden schon was." Sie lächelte Maya an, welche beschämt zu Boden schaute.
Vi: „Das müsste gehen, probiere es doch mal an?"
Sie reichte Maya eine schwarze Leggins und ein beigenen Strick Pulli und ein Paar Socken, sowie eine Packung unbenutzter Unterwäsche. Wo Viola sowas immer herzauberte war mir ein Rätsel. Maya griff vorsichtig die Sachen. Ich deutete aufs Bad. Langsam ging sie hin. Sie zog sich sehr lange um, ich war schon kurz davor zu klopfen, als sie die Tür öffnete und rauskam. Der Pulli saß oversized, aber sonst passte alles perfekt.
Vi: „Sehr hübsch! Gefällt es dir?"
M: „Danke!"
Sie nickte eifrig und schien sich direkt etwas wohler zu fühlen.
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I don't know ~ KaS/Asds
FanfictionMaya gelangt eines Tages durch ein Missgeschicks in die Klinik am Südring. Doch hätte sie nie das Zentrum der Aufmerksamkeit und Sorge werden sollen... Man sollte vermuten, dass es nie mehr als nur ein Pflaster sein sollte, doch dieser Tag veränder...