57| Trümmer

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Dean

Ich fand mich in einem Albtraum wieder. Das musste es sein. Ein schlechter Traum. Der Regen trommelte gnadenlos auf das verbeulte Autowrack ein, während der beißende Geruch von Rauch und Benzin in der Luft hing. Träge öffnete ich die Augen, blinzelte gen Himmel. Wo zur Hölle war ich? Mein Kopf schmerzte, als würde jemand mit einem Vorschlaghammer darauf einschlagen. Kalter Asphalt stach in meinen Rücken. Ich konnte mich nicht erinnern, wie lange ich bereits hier lag, oder wie lange ich das Bewusstsein verloren hatte. Zischend versuchte ich mich aufzurichten, schaffte es aber gerade mich auf meinen Bauch zu rollen, meinen Kopf Zentimeter über den Boden zu halten. Ein Schlachtfeld aus Bruchstücken- Metall, Scherben, Trümmer- lagen vor mir. Zittrig atmete ich ein, spürte ein verdächtiges Stechen. Der ohrenbetäubende Krach und das Quietschen von Reifen in der Ferne verrieten mir, das ich das hier nicht träumte.

Mein Herz schlug wild, als ich das Metall auf meinen Lippen schmeckte. Blut. Lancelot. Sein Name stach schmerzhafter, als meine Lungen. Ächzend suchte ich mein Blickfeld ab. Aber ich konnte ihn nicht sehen. Ich kämpfte gegen die Panik an und versuchte verzweifelt, mich vor zu robben. Die Glasscherben bohrten sich in meine Unterarme. Ich beachtete es nicht. Der Klang meines eigenen Herzschlags übertönte alles andere, als ich mich durch das wirre Durcheinander der Trümmerteile kämpfte.

Mein Gedanke galt nur Lancelot. Ich wusste dass er irgendwo zwischen diesem Wrack sein musste. Sein Name brach wie ein Flehen über meine Lippen, während ich mich mit zitternden Händen einen Weg durch das Chaos bahnte. »Lance!« Ich wusste nicht, ob man meine Stimme hörte. Ob er sie hörte. Das Summen in meinen Ohren, betäubte den Lärm und den Klang meiner eigenen Stimme. Der Regen durchweichte meine Kleidung, aber ich hatte keine Zeit, darüber nachzudenken.

"Lance!" schrie ich, meine Stimme von Verzweiflung durchzogen. Keine Antwort. Der Wagen hatte sich überschlagen. Alles war verteilt, weg geschleudert, zerstört, vom Aufprall. Meine Kraft schien mir auszugehen, aber ich konnte nicht aufhören. Er ... er musste hier irgendwo sein. Wo zur Hölle war er? »Lancelot!« schrie ich rau in den Regen.

Nach endlosen Sekunden sah ich ihn. Sein Haarschopf spähte hinter den Trümmern hervor, erlöste mich. Keuchend zog ich mich näher. Er lag reglos auf dem Asphalt, nur noch wenige Meter vor mir. Sein Gesicht blass und von Blut überströmt. Fucking shit. Keuchend streckte ich meine Hand aus, streifte gerade so seine durchtränkten Haare. »Lottie.« Bitte, oh bitte!

Ich presste meine Zähne zusammen, zog mich näher, spürte wie sich breites dunkle Flecken in mein Blickfeld zogen. Vorsichtig zog ich Lance näher, bis auf meinen Schoß, schüttelte ihn leicht. »Hey, hey...« Sein Kopf sackte leblos nach rechts und ein kehliger Laut entkam mir. »Ist schon okay. Ich bin hier. Ich...« Meine Hand legte sich an sein Gesicht, hielt ihn, während meine andere mit zittrigen Fingern nach seinem Puls führte.

Seine Haut war kalt aber sein Herz schlug noch.

Ich sah gen Himmel, spürte wie der Schmerz über mir zusammenbrach wie die Regenwolken. »Oh Gott sei dank... oh verdammt, Lottie.« Ich zog ihn an mich, lehnte mich gegen seine Stirn. »Lance, du musst- du musst-«, flehte ich, meine Stimme brüchig vor Angst. Aber er reagierte nicht. Tränen vermischten sich mit dem Regen auf meinem Gesicht, rannten heiß hinab, als ich vergeblich versuchte, ihn zu wecken. Ein dumpfes Geräusch näherte sich, und ich wandte den Blick kurz ab, um zu sehen, dass Rettungskräfte herbeieilten. Ihre Schritte eilten durch die Trümmer als mein Kopf schrecklich dröhnte. Sie würden uns helfen, das wusste ich, aber meine Hände krallten sich weiter an Lance.

Die Welt um mich herum verschwamm in einem Meer aus Regen und Schmerz und Dunkelheit.  Ich wusste, dass ich nicht lange bei Bewusstsein bleiben konnte, spürte bereits wie ich weg rutschte. In das Ungewisse. Ich hielt meinen Blick auf seinem blutverschmiertem Gesicht. Ich hörte ihre Stimmen, spürte ihre Hände. Sie zerrten an mir, redeten mit mir.

Not your Friend! [BxB]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt