33 - Tappen im Dunkeln

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Richards spähte durch den Spalt in der Tür. Draußen ging jemand mit einem Karton vorbei, aber demjenigen schien nicht aufzufallen, dass das Licht im Büro ausgeschaltet worden war. Er war zu sehr damit beschäftigt, den schweren Karton nicht fallen zu lassen. Richard konnte ihn nur als schwarzen Umriss erkennen, weil der fensterlose Flur sehr dunkel war. Die Schritte entfernten sich in Richtung Ausgang. Richard hoffte nur, dass sich Samantha in den Schatten verborgen hielt und fragte sich, wie schnell die Polizei nach Samanthas Anruf hier sein würde.

Er wollte schnell herausfingen, ob sich Viv in der Gewalt der Einbrecher befand und den Rest am besten der Polizei überlassen. Es wäre dumm, sich mit diesen Kerlen anzulegen, ehe er nicht wenigstens wusste, wie viele es waren und ob sie Waffen bei sich hatten. Er schob lautlos die Tür so weit auf, dass er sich hindurchschieben konnte. Er verließ sich darauf, dass ihn die Dunkelheit gut genug verbarg und winkte dann Robin zu sich. Sie huschten über den Gang und fanden sich in der Sonderausstellung wieder. Robin stolperte gegen einen der Pappaufsteller, die den Weg wiesen, und fing ihn gerade noch auf, ehe er klappernd umfallen konnte. Die ausgestellten Kleider wirkten wie Geistergestalten in dem fahlen Licht, das eine Straßenlaterne vor einem Fenster spendete. Robin schauderte es und Richard blickte sich um, versuchte sich zu orientieren und sich, für den Fall, dass sie fliehen mussten, die Umgebung einzuprägen. Dann blieb sein Blick an der ausgestellten Uniform hängen. Seine lebhafte Braue zuckte in die Höhe, als er erkannte, was er da vor sich hatte. Als sein Blick weiterschweifte und den Säbel entdeckte stahl sich ein grimmiges Lächeln auf seine Lippen. Er fasste über die Absperrung und nahm den Säbel in die Hand, mit dem seit zweihundert Jahren niemand mehr gekämpft hatte. Er streifte die Scheide ab und fühlte die Klinge. Sie war seit langem stumpf und wies ein paar Rostflecken auf, war aber besser als nichts. Ein Hieb damit würde noch immer gehörig wehtun. Außerdem verlieh ihm die alte Waffe Selbstvertrauen und das war nie verkehrt.

„Die haben bestimmt richtige Waffen", wandte Robin ein.

Richard fand, dass er durchaus eine richtige Waffe in Händen hielt, aber für ein Streitgespräch war nicht der richtige Zeitpunkt. „Dann sollten wir es auf keinen Kampf ankommen lassen."

Er erkannte, dass sie sich weiter von dem Lagerraum entfernt hatten und kehrte daher mit Robin, der sich dicht hinter ihm hielt, zum Flur zurück.

Wieder hörten sie Schritte. Der Kerl, der den schweren Karton vorbeigetragen hatte, kam mit leeren Händen zurück. Schnell huschten Robin und Richard wieder ins Büro und spähten vom dunklen Raum aus in den Flur. Der Kerl war groß und breitschultrig, sein Gesicht war unter einer schwarzen, tief heruntergezogenen Strickmütze mit Augenschlitzen nicht zu erkennen. Der Rest von ihm steckte in einer schwarzen Lederjacke und schwarzen Jeans. Sobald er an ihnen vorbei war, schob Richard die Tür etwas weiter auf und sah ihm nach.

Die Tür am Ende des Flurs, die zum Lager führte, ging auf und ein Streifen Licht fiel in den Flur. Richard linste, so vorsichtig wie möglich, dorthin um zu ergründen, was sich hinter der Tür abspielte. Er hoffte, dass ihn die Dunkelheit im Flur ausreichend verbarg.

Im Hintergrund des recht großen Raumes standen Metallregale voller sorgsam beschrifteter Kartons und Reihen in Papier eingewickelter schmaler Pakete, die möglicherweise Gemälde oder kleinere Ausstellungsgegenstände enthielten. Unangenehm grelles Licht spendete eine schmucklose, alte Neonröhre. An den Wänden standen noch weitere größere Gegenstände. In Tücher gewickelt oder in Kartons oder Kisten. Viv stand an die einzige freie Wand gelehnt, scheinbar unverletzt, aber blass. Ihr schmales Gesicht wirkte noch schmaler, ihr glattes Haar zerzaust. Vor ihr stand ein Mann mit einer ähnlichen schwarzen Mütze mit Augenschlitzen und ebenfalls ganz in schwarz gekleidet. Er hatte sich dicht vor ihr zu bedrohlicher Größe aufgebaut und redete leise auf sie ein. Als sein Helfer eintrat wandte er den Kopf.

Die Schatten von FerywoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt