1. Der Neue

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Tom's Sicht

Der erste Tag nach dem Urlaub ist immer der Schlimmste. Man fühlt sich schon nach zehn Minuten so, als wenn man gar keinen Urlaub gehabt hätte. Vor allem, wenn man in einer Besprechung mit Klaus sitzt. ".... und dann hätten wir noch unseren baldigen Neuzugang. Das ist ein gewisser... ähm... Lennox Kraut. Er hat vor kurzem seine Ausbildung beendet. Der Junge ist 24 Jahre alt, hat um Versetzung gebeten und als kleine Anmerkung hat uns sein Ausbilder zukommen lassen, dass Herr Kraut eine kleine stressbedingte Auffälligkeit aufzeigt. Es versteht sich von selbst, warum ich ihnen diese Information unter die Nase reibe, da ein aufgeklärtes und verständnisvolles Umfeld von Nöten ist!"

"Warum hat sich Lennox versetzen lassen?" Paul wirft die Frage ein, die uns alle brennend interessiert. "Dazu konnte oder wollte mein Kollege keine Angaben machen. Spielt im Grunde auch keine Rolle. Was er mir allerdings sagen konnte ist, dass der junge Mann momentan stark abbaut und er neuerdings unter anderem starke Konzentrationsprobleme und Nervosität ans Tageslicht legt. Vielleicht könnten Herr Westernhoven und Herr Mayer den jungen Mann etwas näher unter die Lupe nehmen und ihm etwas auf den Zahn fühlen... Ach, bevor ich's vergesse: Die Tics äußern sich, wie erwähnt, häufig unter enormen Stress. Sie bemerken das an dem unkontrollierten Zucken des rechten Arm. Wenn er wieder zur Ruhe kommt, dann klingen die Symptome anscheinend rasch wieder ab. Das heißt für sie: Wenn sie das Auftreten solcher Symptome bemerken, nehmen sie ihn zur Seite und sorgen dafür, dass er sich wieder beruhigt. Noch Fragen?"

"Wechselt dann Constantin zu der anderen Wache?", will Moritz wissen und weckt damit unser aller Interesse.

Constantin ist ebenfalls frisch ausgebildet und ein unverschämter Möchtegern-Schnösel dazu. Dieser Kerl ist stinkfaul, desinteressiert, unverschämt und ein Klotz am Bein. Die Aussicht auf einen anderen Kollegen heißen wir alle willkommen, denn schlimmer als unser bisheriger kann er nicht sein.

"Richtig. Sie wissen ja, wenn jemand versetzt wird, muss das Personal ausgeglichen werden und darum darf uns unser Plagegeist verlassen!", Klaus' seliges Grinsen steckt uns alle an.

Der Junge hat ihn einige graue Haare gekostet und darum ist auch er froh, dass ein frischer Wind bei uns einzieht.

"Wann hat Lennox seinen ersten Tag?", da ich mich etwas auf die Ankunft des "Neuen" einstellen will, muss ich wissen, ab wann mit ihm zu rechnen ist. "In einer Stunde. Mayer und Westernhoven, sie haben dann das Vergnügen!", mit einem breiten Grinsen und einem schnellen Zuzwinkern, packt Klaus seine Zettelwirtschaft vom Tisch ein und verzieht sich zurück in sein Büro.
Wir Restlichen machen uns genauso an die Arbeit und versuchen, den heutigen Tag irgendwie hinter uns zu bringen.

Nichts ist ätzender als Schreibtischarbeit und leider habe ich damit heute mein Vergnügen. Ein enormer Stapel an Berichten wartet auf mich und schläfert mich alleine schon bei dem Gedanken daran ein. Wenn man dann noch weiß, dass dies Berichte von Constantin sind, die überprüft werden möchten, rollen sich auch schon die ein oder anderen Fußnägel nach oben.

"Tommilein! Komm mit, wir haben einen Einsatz!" Marc öffnet freudestrahlend meine Bürotüre, da er weis, dass jede Störung am Schreibtisch eine willkommene Abwechslung ist. "Was ist mit Paul?" "Der klemmt mit seinem Hintern auf der Schüssel. Der hatte gestern Chilli und ich muss dir bestimmt nicht erzählen..." "Ne, lass stecken! Ich komm!", grinsend schnappe ich meine Jacke und laufe Marc voller Freude hinterher.

Lennox' Sicht

Ich stütze mich mit beiden Händen am Waschbecken ab und starre mein Spiegelbild an.

Meine Erscheinung lässt mal wieder ziemlich zu wünschen übrig und das liegt nicht nur an der Nervosität, da ich heute meinen ersten Tag auf der neuen Wache habe. Die fliegende Tasse hätte ich gestern kommen sehen können. Aber ich war zu beschäftigt, den Boden von den Resten des Abendessen zu befreien, da es wieder mal nicht geschmeckt hat. Naja, zumindest liefert das blaue Auge einen ablenkenden Kontrast zu meinem blassen Gesicht und schmeichelt dem dunkelbraunen Farbton meiner Haare.

Hinter verschlossenen Türen; Die verborgene RealitätWo Geschichten leben. Entdecke jetzt