Nesrin's Sicht
Kaum sind die beiden Männer verschwunden, drehe ich mich Hanna zu und verziehe mein Gesicht: "War ich zu euphorisch?"
"Mh, ist, glaube ich, Ansichtssache. Er wird sich schon noch daran gewöhnen!", schulterzuckend schnappt sie sich ihre Kaffeetasse und bequemt sich auf einen der Stühle. "Er war schon so nervös, als er hier angekommen ist!", verkündet Moritz und wirkt etwas nachdenklich. "Tja, du weißt eben nicht, was er schon hinter sich hat. Ich meine, so eine Versetzung beantragt man nicht ohne Grund!" Robin hat sicherlich recht und ich nehme mir vor, mich zumindest in der Anfangszeit etwas zurückzunehmen, damit Lennox nicht auch noch von meinem Temperament überfordert ist."Aber er ist total süß. Endlich mal was fürs Auge", gebe ich unbedacht von mir, worauf sich Moritz und Robin sofort lauthals räuspern. Augenverdrehend wende ich mich den beiden zu: "Hey, ihr seid ja auch nicht von schlechten Eltern, aber der ist noch so jung... Ihr alten Säcke seit eh nicht mehr auf dem Markt verfügbar und darum braucht ihr auch gar nicht mehr angehimmelt zu werden." "Vielleicht ist er auch vergeben, das weißt du doch gar nicht!", bringt mir Robin schnippisch entgegen, worauf Moritz sofort kopfnickend mit einstimmt. "Ooooh Jungs... Legt doch nicht alles auf die Goldwaage. Der Bursche ist mir viel zu jung. Ich meinte doch nur...." "Nesrin, das kapieren die eh nicht. Spar dir deine Erklärungen!" Hanna unterbricht meine Entschuldigungsversuche und erntet darauf empörtes Schnauben von den beiden Herren.
"Habt ihr die Verletzung an der Augenbraue gesehen? Seine Bewegungsabläufe kommen mir auch nicht so geschmeidig vor. Eher stockend. Ob er sich geprügelt hat?" Moritz versucht auf ein anderes Thema zu lenken, in dem ich ihn etwas ausbremsen muss: "Ja, das sieht schon übel aus, aber es muss ja nicht durch eine Prügelei zustande gekommen sein. Analysiere doch jetzt nicht alles gleich zu Tode! Wenn man sich unsicher fühlt und angespannt ist, dann bewegt man sich auch nicht wie sonst. Lass ihm ein paar Tage, das wird sicherlich mit der Zeit besser!" Natürlich würde mich auch interessieren, was Lennox mit seinem Gesicht angestellt hat, aber darum wird sich Tom schon kümmern.
Der kann es nämlich gar nicht ab, wenn man Verletzungen nicht beim Arzt anschauen lässt. Schon gar nicht, wenn man das eigentlich fast schon hätte nähen sollen.
"Naja, machen wir mal weiter. Der Tag hat gerade erst angefangen!" Hanna leert sich den kompletten restlichen Kaffee in den Rachen und wirft den Herren der Schöpfung einen auffordernden Blick zu, worauf diese umgehend den Raum verlassen. "Hahaha, zu geil! Den bissigen Blick muss ich mir auch noch antrainieren!"
Tom's Sicht
"Setz dich!", ich deute auf den Stuhl vor meinem Schreibtisch und laufe einmal um das Möbelstück, um mich auch auf meine vier Buchstaben niederzulassen.
Im Augenwinkel nehme ich wahr, dass Lennox kurzzeitig die Augen schließt und seinen Arm festhält, bestimmt, um sich wieder in eine neutrale Lage versetzen zu können. Damit es für ihn nicht unangenehm wird, klimpere ich ein bisschen auf den Tasten des Computers herum und gebe mich ein paar Minuten als ziemlich beschäftigt. Nach und nach entspannt er sich wieder und auch sein Arm scheint im Normalmodus angekommen zu sein.
"Eigentlich hätte ich heute einen Berg voller Berichte vor mir, aber Paul rettet mir mit seiner Sitzung den Hintern. Das heißt, dass wir heute mit Marc unterwegs sind und vor dem Papierkram flüchten können!", ich versuche ein lockeres Gespräch aufzubauen, damit keine bedrückende Stille entsteht und unser neuer Kollege ein bisschen auftauen kann.
"Das hört sich gut an!" Lennox' Stimme klingt wieder etwas fester und nicht mehr so angespannt, was mich jetzt in Versuchung bringt, endlich das Offensichtliche in seinem Gesicht anzusprechen:
"Was hast du mit deiner Augenbraue angestellt? Das sieht übel aus!"Als hätte er diese Verletzung noch gar nicht bemerkt, wandert seine rechte Hand an die malträtierte Stelle und verzieht darauf sofort sein Gesicht. Vermutlich noch ziemlich frisch das Ganze. "Ich... ähm... Meine Freundin hat die Tür der Hängeschränke offen gelassen und ich habe es zu spät bemerkt!"
DU LIEST GERADE
Hinter verschlossenen Türen; Die verborgene Realität
FanfictionEin neuer Kollege, der durch einen Versetzungsantrag auf das Revier unter Klaus Wiebel's Leitung gelangt, wirft einige Fragen bei Tom und Marc auf. Dass er anfänglich etwas schüchtern ist, stempeln die Polizisten als normal ab. Als allerdings mit de...