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„Ich will da aber nicht hin!"
Kaum hatte Kai sich verabschiedet, war Josh wie der Blitz ins Badezimmer geflüchtet und hatte sich dort verschanzt.
Und nun fauchte er aus der relativen Sicherheit der Badewanne den Anführer seines Clans durch die wohlweislich vorher abgeschlossene Tür an.
Duncan seufzte leise und rief sich ins Gedächtnis, dass sein Kleiner nur den einen Alpha des königlichen Zirkels wirklich kennengelernt hatte und dass diese Bekanntschaft ihn alles gekostet hatte, was der Omega bis dato gekannt und geliebt hatte.
„Josh... Prinz Henry ist der Thronfolger. Er wird der nächste König werden, ganz gleich wie sehr sein Hirnamputierter Vater sich dagegen sträubt und an den Thron klammert. Wenn jemand aus dem Königshaus ruft, können wir uns diesem Ruf nicht verweigern, zumindest nicht ohne größeres Blutvergießen. Also komm schon, mein Liebling. Ich schwöre dir bei meinem Leben, dass keiner dir je wieder Schaden zufügen wird. Vertrau mir... mein Schatz... bitte..."

Verdammter Mega-Doppelmist!

‚Warum muss mein Alpha nur so unfassbar niedlich sein,' dachte Josh und vergrub mit einem frustrierten Wimmern den Kopf in den Händen. Und wieso konnte er selbst sich ihm gegenüber nicht durchsetzten? Nur ein Blick aus diesen schönen braunen Augen und Josh schmolz wie Schokolade in der Sonne...
Oh... Moment mal...
Vielleicht konnte er ja ein bisschen Schmackofatz für sich rausschlagen... quasi als Belohnung für sein Bravsein und seine Kooperation...
Langsam tapste der Junge zurück zur Tür und schloss wieder auf. Dann schob er im gleichen Tempo seinen Kopf zu Duncan heraus und setzte seinen besten Dackelblick auf.
Der Alpha hob eine Augenbraue und verschränkte mit einem unterdrückten Schmunzeln die mächtigen Arme vor der muskulösen Brust.
Wenn sein Kleiner bereits so anfing, konnte das ja nur gut werden...
David, der gerade dazu gestoßen war, warf einen Blick auf die Szenerie und lachte amüsiert auf.
„Vorsicht, Duncan... unser kleiner Omega möchte eine Gegenleistung haben, stimmt doch, mein Schatz?" kicherte der Headhunter und setzte sich auf den Bettrand.
Augenblicklich änderte Josh seinen Blick von Dackel zu Engel und klimperte mit den langen Wimpern den Stellvertreter an.
„Ja, darauf falle ich nicht rein, Baby. Was möchtest du als Bezahlung, dafür dass du brav mitkommst, den Alphaprinzen nicht beleidigst, seine Fragen beantwortest und den Kerl, der dich geschlagen hat nicht unnötig provozierst?"
David sah mit auffordernd zur Seite geneigten Kopf das Herz des Clans an und Josh spiegelte seine Haltung, als er ohne Zögern seine Forderung kundtat.
„Schokolade!"
Überrascht schoben sich die Augenbrauen der beiden dominanten Riesen bis zum Haaransatz empor.
„Abgemacht!" sagte Duncan. „Sobald der königliche Clan sich verzogen hat, gehen wir zum Konditor und du darfst dir alles aussuchen, was du haben willst, klingt das fair, du Naschkatze?"
„Abgemacht!" nickte Josh zufrieden und streckte dem ersten Alpha seine Hand hin.
Duncan grinste, schlug ein, zog dann den Jungen mit einem leichten Ruck zu sich und beanspruchte seine Lippen mit einem Kuss, der Josh zu Gummibeinen verhalf.
Dann hob ihn der braunhaarige Hüne auf seine Hüfte und trug den Omega ins Wohnzimmer zurück.
„Alles klar... lasst uns aufbrechen..." sagte er und der Zirkel verließ mit schnellen Schritten ihren Unterschlupf, um der Bitte von Prinz Henry nachzukommen.

Xander murmelte leise und gereizt vor sich hin, während sie durch den kurzen Waldabschnitt gingen, um zur Stadtmitte zu gelangen.
„Das gefällt mir wirklich nicht. Der königliche Clan ist auf der Suche nach einem Omega, Duncan... wer sagt uns, dass sie sich nicht unser Herz greifen... wir alle wissen, dass der Prinz seinen Vater nicht beseitigen kann, bevor er einen fruchtbaren Part gefunden und beansprucht hat. Ich sag euch gleich, macht der Kerl auch nur einen Schritt zu weit in die Richtung unseres Kleinen, garantiere ich für gar nichts mehr!"
„Xan hat recht... einer von denen ist Josh bereits zu nahe gekommen! Und Tjorben ist leider ziemlich oft ein gewaltbereites Arschloch... er ist so darauf versessen, dass jeder Nicht-Alpha sich unterzuordnen hat, dass es ein Wunder ist, dass er unseren Schatz damals nicht umgebracht hat!" fauchte Rafe und ließ bedrohlich seine Fingerknöcheln knacken.
Sofort hob Josh beunruhigt den Kopf von Duncans Schulter und der Alpha begann zärtlich zu schnurren.
„Genug jetzt. Wir werden gut darauf achten, dass keiner des königlichen Clans ihm zu nahe kommt. Hört jetzt auf unseren Süßen an schlimme Dinge zu erinnern, denn dies wird niemals wiederholen! Nicht solange auch nur einer von uns noch atmet!"
Sanft drückte Duncan das Gesicht des Jungen wieder an seinen Hals und streichelte durch die braunen kurzen Haare.
Deke warf seinen Clansführer einen bedeutungsvollen Blick zu und seufzte. Auch wenn sie alle die Art und Weise wie Josh zu ihnen gekommen war zutiefst verabscheuten, so konnten sie über das Ergebnis nicht zornig sein.
Er gehörte ihnen.
IHNEN!
Und sie würden alles tun, damit Josh sich geliebt und geborgen fühlte.
Immer!

Nur kurze Zeit später kamen sie aus dem kühlen Schatten der Bäume und folgten der Hauptstraße zum Horizont Inn. Das Restaurant war in einem großen Sandsteingebäude untergebracht und ein kurzes Schnuppern sagte ihnen, dass der Prinz nebst Konsorten noch nicht eingetrudelt war.
Duncan schob die Tür auf und betrat gefolgt von seinem Zirkel den weiten Raum, der dank der Windsäcke gut durchlüftet und aufgrund der riesigen Oberlichter hell beleuchtet war.
Ein Beta wuselte eifrig auf sie zu und fragte:
„Einen Tisch für sechs, die Herren?" David nickte ruhig und zog eine Guthabenkarte aus der Tasche.
„Ja, in einer ruhigen Ecke. Und eine große Cranberrie-Schorle für unseren Omega."
Der Beta nahm die Karte entgegen und geleitete den Clan unter heftigen Verbeugungen zu dem Tisch im hinteren Teil des Restaurants und eilte dann davon, um das geforderte Getränk für Josh zu holen.
Duncan nahm Platz, während seine Clansbrüder unruhig umherstromerten. Immer wieder wanderten die Augen des Omegas zur Tür und je weiter die Zeit voranschritt, desto ängstlicher wurde er. Sanft drückte der Anführer ihm das Glas in die Hand, welches der beflissene Beta vor wenigen Minuten gebracht hatte und nötigte ihn so zu trinken.

Und dann war die Zeit um...
Wie ein Mann zogen sich die Alphas vor Duncan und Josh zu einer unüberwindbaren Mauer zusammen und der Omega presste sich mit einem panischen Winseln so eng an den dunkelhaarigen Riesen, dass nicht auch nur ein Blatt Papier mehr zwischen sie gepasst hätte.
Zärtlich begann Duncan den Nacken des verängstigten Jungen zu kraulen und küsste erneut sanft die Markierung auf der Schulter des Kleinen.
„Es ist alles gut, Baby... sieh dir deine Gefährten an... Denkst du, da kommt jemand vorbei, um dir zu schaden? Also beruhige dich..."

Die Tür öffnete sich und die sechs Alphas des königlichen Clans betraten den Raum. Begleitet von den beiden nervigen Teufelscousinen und dem verschissenen Onkel von Gwen.

Brennende HimmelWo Geschichten leben. Entdecke jetzt