35 - Vorbereitungen und Rätselraten

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„Ein Kinderreim?", wunderte sich Richard.

„Ja, ein Reim, der in Robins Familie überliefert wurde und der auf geradezu verblüffende Art und Weise zu den Ereignissen hier passt. Es ist die Rede von einem Schatz, von Mächten und immer wieder von der Siebenten. Warte kurz, ich bekomme ihn bestimmt wieder zusammen, wenn ich kurz darüber nachdenke."

Sie gingen die Gasse entlang, in der Lucy und Robin wohnten. Es war noch recht früh. In dem kleinen Esoterikladen brannte noch kein Licht und auch sonst war es noch ruhig auf der Straße.

„Ich hab's. Er lautet: Im Feenwald lauern Geheimnisse, unter der Siebenten, der Vollmond scheint hell, unter der Siebenten, die Mächte wachen, unter der Siebenten, ein altes Haus und ein noch älteres, unter der Siebenten, bunte Steine, Gold und Blut, unter der Siebenten. Reichtum und Dunkelheit, unter der Siebenten. Bleib fern, denn die Siebente verschlingt dich."

Richard lauschte aufmerksam, aber dann schüttelte er den Kopf. „Die Siebente? Was soll das sein?"

„Das ist ja der Teil, der am wenigsten Sinn ergibt. Und ich hatte die Hoffnung, du hättest eine Idee dazu. Der Rest bezieht sich auf die Sage und wahrscheinlich die Ereignisse der Nacht von Hatfields und Carlottas Überfall. Es wäre durchaus möglich, dass dieser Vorfall irgendwie in die lokalen Überlieferungen eingegangen ist, ähnlich wie die Sage. Doch mir fällt nicht ein, worauf sich die Siebente beziehen könnte. Gleichzeitig wird das Wort in dem Reim so häufig wiederholt, dass es etwas bedeuten muss."

„Oder es ist eben doch nur ein Kinderreim", wandte Richard ein, aber er konnte das Feuer in Samanthas Augen sehen. Sie vermutete mehr dahinter. Und auch ihm selbst war bewusst, dass, nach allen Erfahrungen der Vergangenheit, in Ammenmärchen und Überlieferung oft ein wahrer Kern dahintersteckte.

„Die Siebente", murmelte Richard nachdenklich. „Ich könnte mich nicht erinnern, davon im Zusammenhang mit der Sage schon einmal gehört zu haben. Die Zahl Sieben kann für alles Mögliche stehen. Einen Tag, eine Woche eine Uhrzeit. Es könnte mit dem Mondzyklus oder mit den Steinen im Wald zu tun haben."

Samantha horchte auf. „Wieviele Steine sind es?"

„Zwölf in einer dreifach gedrehten Spirale", sagte Richard sehr schnell und ohne nachzudenken.

„Und wenn sich unter dem siebten Stein etwas verbirgt."

„Das Versteck Carlottas Schatzes?"

„Es wäre doch möglich."

„Die Steine sind seit Jahrhunderten, wenn nicht länger, unangetastet. Carlotta erzählte mir, dass ein ehemaliges Hausmädchen, das sich von Whiteshaw hatte verführen und für seine finsteren Zwecke missbrauchen hat lassen, den Schatz versteckt hätte. Das muss unmittelbar vor Whiteshaws Tod gewesen sein. Wenn sich damals jemand an den Steinen zu schaffen gemacht hätte, hätte es Spuren davon gegeben."

„Niemand hat darauf geachtet. Ich war zu sehr damit beschäftigt, mich nicht von ihm umbringen zu lassen und du..."

Richard schüttelte den Kopf. „Ich war oft dort draußen, während der Ehe mit Lydia, jedenfalls. Vor Whiteshaws Tod und noch öfters danach. Ich kenne die Steine wie meine Westentasche. Ich bin mir sicher, dass mir aufgefallen wäre, falls jemand dort gegraben hätte."

Samantha horchte auf und blieb stehen, so dass Richard, bei dem sie sich eingehakt hatte, ebenfalls stehen bleiben musste. „Das hast du mir nie erzählt."

„Es spielt ja auch längst keine Rolle mehr. Im Übrigen glaube ich nicht, dass die Mächte es zugelassen hätten, dass dort jemand gräbt. Die meisten Leute aus der Umgebung von Ferywood würden sich wegen der alten Geschichten gar nicht in die Nähe der Steine begeben."

Die Schatten von FerywoodWo Geschichten leben. Entdecke jetzt