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Keine 5 Sekunden hält das berauschende Gefühl an, in denen ich Harrys Blick finde, welcher so gebrochen aussieht. "Woah, was war das?" fragt Nicholas neben mir perplex, als ich die Luft, die ich anhielt, stoßartig herauslasse. Ohne etwas zu sagen, umklammere ich das Buch in meinem Arm noch ein wenig fester, erwidere noch einige Sekunden den Blick meines Elfen, der mich so schockiert ansieht, wie noch nie.

Als wäre er von der Tatsache, soeben meine Gefühle beeinflusst zu haben, noch mehr überrascht worden, als ich selbst.

Den Blick verstreut abwendend eile ich auf direktem Wege in unseren Baum, werde dabei von Niall irritiert angesehen, als ich ihn versehentlich anremple, leise "t-tschuldigung..." stammle, bevor ich schnellen Schrittes zu unserer Treppe hechte. Aus dem Augenwinkel sehe ich, wie seine Augen zwischen mir und Harry hin und her zucken, höre Luana an der Seite ihres Gefährten ebenso verwirrt "...was ist passiert?" fragen.

Doch das Einzige, was ich über das ohrenbetäubende Fiepen, welches sich in meinem Kopf auszubreiten versucht, wirklich wahrnehme, ist Harrys verzweifeltes "L-Louis" als er abhebt und mir hinterher fliegt.

Noch bevor ich etwas sagen könnte, spüre ich seine Hand an meinem Arm, als er zeitgleich mit mir oben ankommt, dicht gefolgt von einem "E-Es tut mir so leid, Lou, bitte, i-ich weiß nicht, wie-... als ich-... bitte, ich weiß, dass du allen Grund hast, sauer zu sein, aber ich-" Ich ziehe ihn in unser Wohnzimmer, lasse mich auf das moosige Sofa fallen, bevor ich das Buch neben mich werfe und ihn unterbreche. "Ich bin nicht sauer, Harry." erwidere ich ruhig, was seine Schultern hinabsacken und ihn leise seufzen lässt. "Ich weiß..." haucht er, atmet schwer aus, als drücke ihm etwas Schweres auf die Brust, "...du bist enttäuscht. Was noch viel schlimmer ist."

Ich klopfe neben mich auf das weiche Grün, sage "Setz dich, bitte" und versuche dabei den Schmerz in meinem Innern so gut es geht zu ignorieren - allem voran, für ihn. Ihn so aufgelöst zu sehen, macht es nicht besser. Anstatt sich neben mir niederzulassen, fällt er vor meinen Füßen auf die Knie und greift nach meinen Händen, seine tränenunterlaufenden Augen sehen mich flehend von unten an.

"Du hattest versprochen, dass das nie wieder passiert..." wispere ich, noch immer komplett neben mir stehend. "I-Ich weiß und ich kann nicht in Worte fassen, wie grauenvoll ich mich fühle, dieses Versprechen gebrochen zu haben, a-aber ich habe einfach die K-Kontrolle verloren, als er-..." Tief atme ich ein, sehe dann auf meine Hände, die er in meinem Schoß festumklammert hält. "Wir haben uns nur unterhalten, Harry." Schwer schluckend mustert er mein Gesicht. "Glaub mir, Nicholas' Intention ist nie, bloß zu reden..." brummt er. "Du denkst wirklich, er könnte eine Gefahr für uns sein?" frage ich, kann dabei beim besten Willen nicht verstecken, wie sehr mich allein der Gedanke verletzt. Zittrig atmet er ein und wieder aus, gleich zwei Tränen kullern über seine Wangen, doch er antwortet nicht auf meine Frage. "Vertraust Du mir nicht?" ergänze ich daher mit brechender Stimme.

"Ihm traue ich nicht." antwortet er diesmal ohne eine Sekunde zu zögern, "...Du weiß nicht, wie er ist." Aber ich nicke. "Doch, das weiß ich. Er prahlt ja geradezu damit, sich durch die Weltgeschichte zu vögeln. Aber ich dachte, Du weißt, dass ich auf so jemanden niemals anspringen würde. Vor allem nicht, seit ich Dich habe..." Seine Unterlippe beginnt zu zittern, als er meine Hände vor sein Gesicht zieht und einige Male meine Fingerknöchel küsst, seine Tränen benetzen dabei meine Haut. "Wir erwarten ein Kind, Harry, denkst du wirklich, ich würde das für jemanden wie diesen-.... für so einen Gelegenheitsfick aufs Spiel setzen?!" platzt die Enttäuschung dann doch aus mir heraus, doch er schüttelt sofort wild den Kopf. "Nein! Nein, natürlich nicht, Lou! I-Ich hab' bloß-... ich konnte nicht kontrollieren, was in mir vorgegangen ist, als ich dich mit einem anderen Mann gesehen habe, ich-... Ich schäme mich so fürchterlich, bitte glaub mir das, Louis, bitte!"

Leise seufzend blicke ich auf ihn herab, es bricht mir das Herz, wie er wortwörtlich am Boden zerstört vor mir kauert. Unruhig zitternd hänge seine Flügel an den Spitzen ein wenig herab, ihr sonst so wunderschönes, leichtes Schimmern ist einem fahlen, fast trüben Grün gewichen. Ein weiteres Mal atme ich tief ein und und wieder aus, schließe eine Sekunde die Augen und schlucke den Schmerz in meiner Brust herunter.

Erinnere mich an seine Worte und dass ich doch eigentlich weiß, wie sehr auch er mit all dem zu kämpfen hat.

So oft spricht er davon, wie groß seine Angst ist, die Kontrolle zu verlieren und plötzlich wird mir bewusst, wie groß diese Furcht, wie schwer sein innerer Kampf Tag ein Tag aus, in jeder Sekunde seines Lebens sein muss. Gegen etwas anzukämpfen, das so leicht die Gewalt über all deine Sinne übernehmen kann, wenn Du nur eine Sekunde zulässt, dass diese enorme Macht die Überhand gewinnt. Wie oft ich bereits dachte, sogar zu ihm sagte, ich könne ihn verstehen und er solle keine Angst haben, seiner Leidenschaft freien Lauf zu lassen - ich hatte absolut keine Ahnung, wovon ich rede und werde das wohl auch nie nachvollziehen können.

"I-Ich kann Dich n-nicht verlieren, Louis, ich-... ich k-kann einfach n-nicht, das-... das würde ich nicht ü-über-... nicht überstehen..." Ich löse meine Hände aus seinen und lege sie stattdessen an seine Wangen. "Du verlierst mich nicht, Hazza, okay? Ich bin hier bei Dir und werde nicht gehen." erkläre ich und schenke ihm ein sanftes Lächeln. "Das sagst Du jetzt, a-aber wenn ich noch einmal sch-schwach werde, dann... ich kann n-nicht... wenn ich Dich verlieren würde, dann-... Du verstehst nicht, was-..." komplett aufgewühlt stammelt er atemlos vor sich hin und lässt sich zurück auf seinen Po fallen. "Dann erklär es mir, hilf mir, Dich zu verstehen." bitte ich, lächle ihn ermutigend an.

Doch was auch immer gerade in ihm vorgeht, ist stärker.

"I-Ich mache alles kaputt, DICH kaputt, nur weil ich zu schwach bin, dagegen zu kämpfen..." wimmert er und wendet sich ab. "Tust Du nicht, Harry, sieh mich an, hey..." flüstere ich und will seine Hände greifen, doch er robbt ein Stück zurück und sieht mich ängstlich an. "Ich bin und bleibe ein Monster, Louis, eine egoistische Bestie, die Dich immer wieder beeinflussen wird, wenn es einfacher ist, als sich der Situation zu stellen..." Ich schüttle den Kopf. "Das bist du nicht Harry." halte ich mit Nachdruck fest.

Es ist schlimm genug, dass er sich diese Worte gerade wirklich selbst glaubt. Dabei ist er selbst bloß ein Opfer unserer Verbindung, die so wunderschön, aber zeitgleich auch so gefährlich und mächtig sein kann.

"Doch, das bin ich Louis, hätte ich sonst gerade getan, was ich getan habe?" schnieft er. " Du hast die Kontrolle verloren, Hazza, das kann passieren und ich bin Dir nicht böse." Nervös geht er sich durch die Haare. "Aber das darf nicht passieren..." Ich stehe ebenfalls auf, als er sich ächzend aufrichtet. "Niemand kann zu jeder Sekunde dem Druck standhalten, den du mitmachst, Love, auch wenn ich es mir nicht im Ansatz ausmalen kann, was in dir vorgeht. Aber du bist kein Monster. Wäre es, wie du es beschreibst, hättest Du mich die vergangenen Minuten einfach verstummen lassen, anstatt dieses Gespräch zu führen. Wir schaffen das zusammen, okay?" Wieder will ich seine Hand greifen, doch er zieht sie weg und stolpert rückwärts Richtung Ausgang.

Noch immer geht seine Atmung so wahnsinnig schwer und hektisch, wirkt, als sei er gedanklich nicht mehr in diesem Raum, während er "...Ich habe so Angst vor d-dem Gefühl, ich kann nicht zulassen, dass-... I-ich schaffe das nicht... nicht nochmal..." schluchzt. Besorgt mustere ich ihn und frage leise "Was meinst Du? Welches Gefühl?" Doch er schüttelt den Kopf. "Erklär es mir, Harry, ich weiß, ich kann es verstehen, okay? Ich will es verstehen, hörst Du? Rede mit mir, bitte."

Ich bilde mir ein, seine Überforderung so intensiv spüren zu können, als wäre es mein eigenes Empfinden, als er erneut wild den Kopf schüttelt und "Du verdienst so viel besseres als mich, a-aber ich kann dich nicht v-verlieren, ich-..."  flüstert. Erschrocken zucke ich zusammen, als er sich plötzlich umdreht und sich durch die Ranken quetscht, die sich nur langsam öffnen wollen. "Hazza, wo willst Du-... Harry!" Ich laufe ihm nach und versuche nach seiner Hand zu greifen, doch sie entwischt mir knapp, als er sich von der Terrasse abstößt und in die Lüfte steigt.

"Harry!" rufe ich ihm nach, stoppe so knapp vor der hölzernen Kante, dass ich 20 Meter in die Tiefe stürzen würde, hielte ich mich nicht in letzter Sekunde am Geländer fest. Doch er verschwindet so schnell im dichten Astwerk des angrenzenden Laubwaldes, dass ich nur noch auf meine Knie fallen und leise aufschniefen kann.

Eine so schmerzende Leere, wie ich sie nie zuvor verspürt habe, durchflutet meine Brust, raubt mir die Luft zum Atmen und schnürt sich mit den Worten "Du verlierst mich nicht..." um meinen Rumpf.

"I-Ich liebe dich doch."

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selfish addiction ⊱°⊰.˖* || L.S. [mpreg]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt