7. Kapitel - Komplimente und Albträume

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„[...] Es kann sein, dass du ein Priwier bist."

Ich lachte kurz auf: „Dir ist schon klar, dass das ziemlich verrückt klingt oder? Den letzten Anschlagswächter gab es vor dreihundert Jahren!"

„Vor zweihundertsechsundneunzig Jahren ist er... sie in London gestorben."

Er hatte sich wieder in Bewegung gesetzt, ging jetzt noch schneller als zuvor.

„Könntest du mir bitte erklären, wie du auf so etwas kommst?"

„Erzähl ich dir, wenn wir bei Treva sind. Halt dich fest!", er streckte mir seinen Arm hin.

„Da hättest du auch gleich die ganze Unterhaltung bis dahin aufschieben können", murmelte ich, doch meine Worte blieben in dem großen Gang, während wir schon oben auf dem Nordturm vor Treva standen.

„Na ihr beiden", sagte sie ohne aufzusehen.

„Treva", sprach Nick sie an, „was weißt du über Priwier?"

Sie sah zweifelnd hoch. „Wie kommst du jetzt darauf?"

„Sag einfach!"

„Sie werden auch Wächter oder Anschlagswächter genannt, weil sie merken, wenn ihnen jemand etwas tun will, das heißt schlagen, treten, stechen, töten. Die letzten gab es vor dreihundert Jahren. Ich habe mich eine Zeit lang mit dem Thema beschäftigt. Der letzte namentlich benannte war Madid Arra. Zu der Zeit in der sie lebte, gab es einen Krieg. Größer als der vor fünfzehn Jahren. Sie schien nicht lebend aus dem Kampf gegangen zu sein."

„Ich dachte, Priwier können nicht umgebracht werden, weil sie jeden Anschlag schon vorher durchschauen!", protestierte ich.

„Auch ich bin darüber gestolpert. Es muss noch einen zweiten Priwier gegeben haben, eine andere Erklärung habe ich nicht gefunden... Warum fragt ihr?"

„Ich habe den Verdacht... Ich denke..." Er fasste mich bei den Schultern. „Sie könnte ein Wächter sein."

„Maggie?", fragte sie skeptisch, dann wandte sie sich wieder ihrem Bruder zu: „Du weißt schon, dass das ziemlich verrückt klingt, oder?" Ich musste beinahe anfangen zu lachen. Genau das waren meine Worte gewesen.

„Das Lineal unseres zweitausendfünfhundertsten Schülers wollte, während wir den Prendzauber geübt haben, ihren Stift – den sie mit einer Leichtigkeit in der Luft gehalten hat, dass es mich immer noch erstaunt – zu Fall bringen. Sie hat schneller reagiert als ich es für möglich gehalten hätte." Ich staunte über das Kompliment.

„Wie hast du das gemacht, Maggie?", fragte mich Treva jetzt.

„Ich hörte ein leises Zischen. Meine Hand zog wie von allein den Stift einige Zentimeter nach unten."

„Was hast du davor gemacht?"

„Ich wollte gerade mit Katrina einschlagen, weil ich einen Witz über Alec Line gemacht hatte. Ich sagte, er könne seinen Stift keine zwei Meter fliegen lassen. Er fiel direkt vor seine Füße."

Treva antwortete nicht.

„Wir kennen Alec seit ich denken kann, er war nie wirklich schlecht", sagte Nick, als er genau wie ich in Trevas geschocktes Gesicht sah.

„Was ist?", fragte ich vorsichtig.

Anscheinend wusste Nick, warum sie mir nicht antwortete, deshalb übernahm er die Aufgabe: „Das warst du, Maggie. Dass er seinen Stift nicht in der Luft halten konnte, das warst du. Alec hatte vorher gemeint, dass es langweilig wäre, wenn man niemanden verletzen dürfte. Er hätte zwar auf niemanden geschossen, aber er hält Professor Niweggaw für einen Spießer und hätte ihm gerne einen Streich gespielt. Dieser Streich wäre vermutlich schief gegangen, Alec hätte jemanden verletzt. Doch du hast es beendet bevor es für jemanden gefährlich werden konnte. Ich habe keine Zweifel mehr. Du musst ein Anschlagswächter sein."

„Ich muss meinem kleinen Bruder recht geben, was für eine Schande!", sagte Treva plötzlich. Ein lahmer Witz, über den nicht einmal sie lachte.

„Ist das schlimm?"

„Dass ich Nick recht geben muss? Ja. Dass du ein Priwier bist? Nein. Aber es kann gefährlich werden, wenn das Gouverne das herausfindet. Ich denke, wir sollten mit Sormiccos reden", meinte meine Freundin.

„Und ihm sagen, dass wir uns täglich hier oben treffen?", entgegnete Nick.

„Warum wäre es schlimm, wenn die Regierung von mir weiß?", fragte ich.

„Sie werden dich haben wollen, um jeden Preis. Wer weiß, was sie dich machen lassen werden, was sie von dir beschützen lassen. Vielleicht wirst du verletzt."

„Ich merke, wenn jemand etwas vorhat, schon vergessen?"

„Maggie, es wäre zu gefährlich. Ich möchte das nicht. Und Treva auch nicht. Oder deine Eltern oder Sormiccos oder sonst wer."

Es herrschte ein kurzes Schweigen. Keiner rührte sich, wir standen da wie Statuen.

„Soll ich dich runter bringen?"

Ich nickte. „Ich hab viel zu verdauen."

Ich griff nach Nicks Arm, Halt suchend. Keine Minute später war ich wieder in meinem Zimmer. Die Gespräche schwirrten durch meinen Kopf, bis ich irgendwann in einen unruhigen Schlaf verfiel.

Ich sehe, wie ich getragen werde. Links ein Mann, rechts ein Mann, hinten ein Mann, vorne einer. Sie tragen mich gegen meinen Willen. Ich schreie, kreische, strampele. Doch ich habe keine Chance.

„Maggie! Maggie! Wach auf!"

Langsam kam ich wieder zu mir und sah Jose' Gesicht über mir. In unserem Zimmer war es noch dunkel, nur meine Nachttischlampe brannte. „Was ist...?"

„Du hast geschrien, dass sie dich lassen sollen, dass du nicht mit willst. Was hast du da geträumt?"

„Ich... Ich weiß es nicht mehr", log ich.

„Versuch dich dran zu erinnern. Manchmal hilft es, wenn man redet."

„Ich kann mich wirklich nicht erinnern!", beteuerte ich.

Sie lächelte unsicher. „Dann schlaf weiter." Bevor sie das Licht wieder löschte, sagte sie noch: „Nacht", dann war es wieder still in unserem Zimmer.


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Wenn Maggie nur wüsste, was ich weiß... :D

SCOODJE (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt