Teil 5

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Poe war am Boden zerstört. Wie sollte er seinem Freund und deren Freunden wieder unter die Augen treten. Es war kein kleiner Fehltritt. Im Grunde hatte er sich die größte Schwäche seines Geliebten zu nutze gemacht. Resultierend daraus saß er total verzweifelt in seinem dunklen Wohnzimmer auf dem Sofa. Selbst wenn er den Mut aufbringen würde wieder mit Ranpo zu reden, würde Yosano ihn gewiss einen Kopf kürzer machen. Wer weiß, wer jetzt noch von ihrer Romanze wusste. Am Ende musste er sich noch Fukazawa persönlich stellen. Bei dem Gedanken schauderte es ihm.

Auf seinem Schoß saß Karl. Der Waschbär legte den Kopf schief, sodass unverkennbar die Unwissenheit in seinen Augen leuchtete. Ein Waschbär sein wäre dem Autor jetzt auch lieber. Abgesehen von dem Fellknäuel konnte er sich ohnehin an niemanden wenden, wobei man aber ergänzen sollte, dass Karls Beiträge nicht immer die Besten waren. Nun bereute Poe es Ranpo gebeichtet zu haben, dass er in ihn verliebt ist. Dann hätte er zumindest noch einen Freund. Auch wenn sich das Verhältnis für ihn dann unecht anfühlen würde, wäre es besser, als so allein zu sein. Er hatte niemanden. 

Doch möglicher Weise gab es eine Person mit der er darüber sprechen könnte. Eine Person, die Teils sogar für den Schlamassel verantwortlich war.  Dazais Nummer war Blitzschnell gewählt, das Treffen vereinbart und er kam vorbei. Zu Poes Glück nahm es Dazai mit den Arbeitszeiten eh nicht so genau. Manchmal war er da und manchmal nicht. Zum Glück war er was Sachen wie Kommunikation und Freundschaf mit Feinden anging auch recht unkompliziert. Siehe Chuuya.

Ein zirka zwei Sekunden langes Klopfen kündigte den Besucher an. Noch bevor Poe überhaupt aufstehen konnte, um zur Tür zu gehen, war Dazai schon herein Gestürmt, Seine Ausstrahlung war genau so speziell wie immer. Höchst motiviert mit einem Grinsen und einem Hauch von Wahnsinn. "Hallööööchen", begrüßte er seinen Gastgeber. Dieser stellte eilig etwas zu trinken bereit und setzte seinen Besuch auf einen der Stühle. Eine Gewisse Anspannung lag trotzdem in der Luft , da beide wussten, worum es ging, aber trotzdem nicht darüber sprechen wollten. Schließlich blieb es an Poe hängen das Thema ganz direkt einzuleiten.

"WIESO HAST DU ES SO WEIT KOMMEN LASSEN! DU MUSSTEST DOCH AHNEN, DASS SO ETWAS PASSIEREN WÜRDE!" Direkt und in gehobener Lautstärker. Perfekt oder? Naja vielleicht war es nicht höflich, aber das machte dem Gast ohne hin nichts aus. In seiner Position legte er wenig Wert auf Höflichkeit. Kurz dachte der Angeschriene nach und erklärte dann: 

"Ich war mir nicht ganz sicher. Für mich war nicht klar, wie das ausgehen würde, deshalb bin ich da geblieben und kam erst rein, als ich Ranpo hab was sagen hören. Ich bin wie du weißt nicht Fyodor. Ich muss nicht immer über alles die Kontrolle haben."

Verkrampft atmete Poe aus. "Du willst doch sicher mehr wissen, wie du ihm wieder unter die Augen treten kannst, oder?" Nervig, wie recht der Typ doch hatte. An Hand eines leichten Nickens von Poe erkannte er, dass er fortfahren konnte. 

"Zu deinem Glück hast du dich beim Einschätzen der Situation total verschätzt. Ranpo ist überhaupt nicht so sauer, wie du denkst. Zugegeben ich hab ihn nicht direkt drauf angesprochen, aber das wird schon. Du weißt doch so nachtragend ist er nicht."

Kurz in sich gekehrt dachte Poe nach. Ja es stimmte. Ranpo war jemand sehr geselliges, der schnell mal vergab. Er war der lebende Beweis dafür. Würde er ihm vergeben?

"Du solltest zu ihm gehen", unterbrach Dazai seine Gedanken. "Ich schätze deinen Fehltritt wird er dir schneller wieder vergeben, als sich einfach nicht mehr zu melden. Ich würde mich beeilen, wenn ich du wäre." Er wusste nicht wieso, doch diese Worte entfachten etwas in Poe. Seinem Gesprächspartner noch zustimmend sprang er auf und rannte aus seiner Wohnung. Das schlimmste, was er machen konnte war, sich gar nicht erst zu entschuldigen. In Eile rannte er die Straßen hinunter. Er wusste nicht mal genau, wieso er es so eilig hatte, doch das spielte gerade  keine Rolle. Zu allem Überfluss begann es jetzt auch noch zu regnen. Kein kleiner Niesel, mehr eine unangenehme Dusche. Der Regen war so kalt und durchnässte schon bald seine Klamotten. Aus den Tropfen, die sich auf den Straßen sammelten, wurden in Windeseile  kleine Ströme. 

Die Gehwege waren schon ganz rutschig, doch durch den Sprint fiel Poe das erst auf, als es zu spät war. Als er fiel und auf den Boden knallte. Peinlich. ..

In der Sekunde, in der er mit dem Kopf auf dem Boden aufschlug, kam ihm ein Gedanke. Was mache ich hier eigentlich. Selbst wenn er mir verzeihen würde, würde es nichts daran ändern, dass ich all das brauche und er nicht. Ich werde immer eine Gefahr für ihn bleiben. . .immer. 

Demotiviert von diesem Gedanken blieb er einfach liegen und ließ sich vom Regen berauschen. Es ist vielleicht besser so oder lag das nur daran, dass er sich den Kopf gestoßen hatte. Schon traurig wenn man nicht bei der Person sein kann, die einen veranlasst so schnell zu laufen. Doch in diesem Augenblick tiefster Dunkelheit, bahnte sich ein Lichtstrahl der Hoffnung durch die Wolken zu Poe. Das ist nicht buchstäblich gemeint, denn es war eigentlich mehr eine Stimme. Die schönste Stimme der Welt. 

"Au man, wieso muss es genau dann regnen, wenn mich keiner zurück zum Büro tragen kann. schöne Bescherung." Als Poe diese Ihm so vertraute Stimme hörte, die dafür sorgte, dass ihm ganz warm in der Brust wurde, fühlte er sich auf einmal so leicht. Es fühlte sich an, wie ein Zeichen. Ein Zeichen, dass ihm sagte, dass er gerade auf der völlig falschen Spur gewesen war. Er stand auf und bewegte sich auf die Person zu, die er so liebte.

"R-Ranpo." Der Detektiv drehte sich zu ihm um. Ganz anders als erwartet klarte sein Blick ganz plötzlich auf und er bewegte sich rasant auf Poe zu und fiel ihm um den Hals, als hätten sie sich Jahre nicht gesehen. Auch wenn beide durchtränkt vom kalten Regenwasser waren, ließen sie einander nicht los. Zu lange hatten sich die wenigen Tage angefühlt, in denen sie sich nicht gesehen hatten.  "Es tut mir leid", flüsterte der Autor beschämt in Ranpos Ohr. "Ich habe viel zu viele Grenzen auf einmal überschritten und wäre ohne Dazai vermutlich noch weiter gegangen, ich weiß nicht, wie ich das wieder gut machen soll." Im großen und ganzen war Poe zum heulen zu mute. Einerseits weil er sich so schuldig fühlte und andererseits war er einfach so glücklich Ranpo wieder hier zu haben und es stimmte ja. Der Detektiv vergab schnell. 

"Das war halb so wild", gab der Detektiv zurück. "Ich hab mich nur erschrocken, das ist alles." Er unterbrach die Umarmung und nahm die eiskalten Hände des Autors in die Seinen. "Wollen wir zu dir gehen. Das wäre näher , als die Detektei." Während er das sagte, sah er seinem Freund tief in die Augen. Dem Autor rutschte Kurz das Herz in die Hose, doch der Gedanke, dass Dazai immer noch dort warten würde, half ihm sehr. Also stimmte er zu. 

(Ich bin neulich in die U-Bahn hineingefallen, aufgestanden und habe laut und deutlich gesagt: Ich hab ein Dja-vu. Noch dazu bin ich während des Sturzes in der zugehenden Tür halb stecken geblieben. Ich kann mit Poe relaten, ich weiß was peinlich ist.)

Das perfekte Rätsel (Ranpoe)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt