Dem Zauber der Nacht verfallen - Teil 3

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»Endlich«, höre ich Lord Jans Stimme. »Haben Sie sich verlaufen?«
Unfähig zu sprechen schweige ich.
»Hier entlang«, sagt er. »Ich kenne unser nächstes Ziel.«
Mit noch wackeligen Beinen folge ich ihm, sehne mich allerdings nach einer Ruhepause. Nach mehreren Fluren halte ich an und frage: »Wohin gehen wir?«
»Zum Irrgarten«, antwortet er.
»Gehen Sie bitte vor, ich komme nach. Ich benötige nur eine kurze Pause.«
»Geht es Ihnen gut?« Besorgnis schwingt in seiner Stimme.
»Ja. Gehen Sie ruhig.«
Nickend sagt er: »Sie finden mich im Ballsaal, ich warte dort auf Sie.«
Erschöpft setze ich mich auf eine tieferliegende Fensterbank und lehne mein Gesicht an die kalte Mauer. Wie lange wird das Spiel noch gehen?, frage ich mich und schließe die Augen. Wie lange wird Lord MacKinlay mit mir noch spielen? Eine warme Hand umschließt meine Kehle, wie vom Blitz getroffen zuckt mein Körper zusammen und ein Keuchen entfährt mir. Meine Augen muss ich nicht öffnen, ich weiß auch so, wer vor mir steht. Nie wieder werde ich seinen Duft vergessen und was seine Berührungen in mir auslösen. Wild hämmert mein Herz hinter meinen Rippen.
»Sie werden doch nicht schon schlappmachen, My Lady? Die Nacht ist noch jung.«
Sofort entflammt erneutes Verlangen in mir auf und ein weiteres Mal schimpfe ich meinen Körper einen Verräter. Lord MacKinlay presst seine Lippen auf meine und schiebt sich zwischen meine Beine. Lüstern erwidere ich seinen Kuss. Forsch fährt seine rechte Hand unter mein Kleid und seine Finger tauchen in meine heiße Lava. Ein leises Stöhnen entspringt meinen Lippen.
»Sieh mich an«, fordert er erneut und ich folge seiner Forderung ein weiteres Mal. Genau wissend, wie er mich berühren muss, treibt er mich in Sekunden an die Klippe der Glückseligkeit und lässt mich springen. Zitternd, bebend und nach Luft japsend halte ich den Blick. Langsam zieht er seine Finger aus mir und zu meinem Entsetzten leckt er sich jeden Einzelnen genüsslich ab.
»Ich freue mich auf den Hochgenuss, wenn meine Zunge Sie direkt kosten wird, My Lady«, wispert er rau. Sanft hebt er mein Kinn, küsst mich, stößt seine Zunge in meinen Mund und ich schmecke mich selbst.
»Bis später, meine Göttin«, flüstert er und lässt mich erneut bebend und leise keuchend zurück.Ich erkenne mich selbst nicht wieder und spiele mit dem Gedanken einfach zu verschwinden. Doch ein ungezähmtes Verlangen ist entfacht und der Wunsch, ihn noch diese Nacht in mir zu spüren einfach übermächtig. Nach einer Stärkung im Ballsaal gehen Lord Jan und ich zum Irrgarten. Einen Moment sollen wir warten, da noch einige Spieler im Labyrinth sind. Die laue Nachtluft genießend blicke ich in den Sternenhimmel und atme tief durch.
»Und hast du Spaß?«, fragt mich unerwartet Lena, die aus dem Irrgarten kommend mich sofort entdeckt.
»Irgendwie schon«, gestehe ich.
»Wusste ich doch. Ist mal was anderes.«
Definitiv, denke ich, nicke jedoch nur.
»Ach ja, ich werde mit Jeremy hier übernachten. Er hat noch eine Überraschung«, sagt Lena und ich sehe, wie eine zarte Röte über ihr Gesicht zieht.
»Alles klar. Ich wünsche euch eine heiße Nacht.«
»Die Nächsten können in den Irrgarten«, ruft eine Stimme.
Mein Augenpaar sucht Lord Jan, den ich wild knutschend mit einer Lady auf dem Rasen entdecke. Hoffentlich seine Frau, denke ich. Allein gehe ich zum Irrgarten-Wächter.
Ein weiteres Spielpaar steht bei ihm.
»Im Irrgarten gibt es drei Stationen, an jeder hängt eine Schleifenbandrolle - Blau, Silber und Gold, findet alle Drei. Schneidet je ein Stück Band ab und findet wieder heraus«, erläutert der Wächter die Aufgabe. Ein letzter Blick zu Lord Jan und ich laufe ins Labyrinth. In kürzester Zeit umhüllt mich Stille. Langsam gehe ich weiter immer tiefer in die wirren Gänge. Irgendwann vernehme ich ein leises Stöhnen und grinse in mich hinein. Tatsächlich erliegen auch andere dem Zauber, so wie Lena es sagte. Einige Zeit später habe ich Bänder in Blau und Silber, bleibt Gold. Suchend gehe ich weiter und treffe erneut auf Silber. Also weitersuchen. Ein Rascheln lässt mich leicht zusammenzucken. Lächelnd schüttle ich den Kopf, es wird nur das andere Paar sein. Allerdings werde ich das Gefühl nicht los, dass mir jemand folgt. Immer wieder blicke ich mich um – nichts. Dennoch erhöhe ich mein Schritttempo und mein Puls setzt an Schlagkraft zu. Unvermittelt sehe ich eine weitere Station, in der Hoffnung auf die Richtige schreite ich voran. Angekommen erkenne ich freudig das goldene Schleifenband, doch die Schere ist weg. Suchend schaue ich auf den Boden.
»Suchen Sie die hier?«
Mein Herz bleibt für einen Moment stehen, bevor es wild galoppiert. Hitze überschwemmt mich. Ich spüre, wie meine Brüste fester werden und sich meine Mitte sehnsüchtig zusammenzieht. Wie kann eine Stimme – nein, seine Stimme, mich derart in Brand stecken? Langsam drehe ich mich zu ihm und sehe das Feuer in seinem Blick, welches in mir lodert. Nach je zwei Schritten stehen wir Nase an Nase. Abermals wird unser Atem zu einem. Dieses Mal presse ich meine Lippen auf seine und hole mir, wonach es mich sehnt.
»Ich will dich«, höre ich mich sagen und ziehe in noch fester an mich.
»Ich dich auch.«
In Sekunden haben wir uns der Kleidung entledigt. Nackt liegt er auf meinem ausgebreiteten Kleid, reicht mir ein Kondom. Voller Begehren sieht er mir zu, wie ich meine Finger über seine Spitze streife. Langsam hebe ich meine Hand und lecke mit meiner ausgestreckten Zunge seinen Saft.
»Du bringst mich um«, murmelt er rau.
»Besser nicht«, kichere ich und streife den Gummi über seine pralle Länge. Meine Augen auf seine gerichtet lasse ich mich auf ihm nieder. Leise stöhnend werden wir zu einem. Verfallen in der Ekstase lassen wir uns treiben. Von Weitem ertönt der Gong – Spielende. Doch für uns fängt hier und jetzt die Nacht erst an. Noch nie wollte ich einen Mann mehr. Er erweckt in mir ungeahnte intensive Gefühle und ein unermessliches Verlangen. Überzeugt, dass nur er es eines Tages stillen kann.
Niemals werde ich die Nacht auf der Burg vergessen.
Und auch nicht den Morgen danach.
Nach Stunden hemmungslosem Auslebens von ungezügeltem Verlangen unterm Sternenzelt stahlen wir uns im Morgengrauen zurück in die Burg. Allerdings kamen uns Lena und Jeremy auf einem der Flure entgegen. Beiden war sicher sofort klar, was gelaufen war. Barfüßig standen wir vor ihnen, ich trug nur James' weißes Hemd, er nur seine Hose, die restliche Kleidung hing über unseren Armen und die Schuhe an unseren Fingern. Ich sah Jeremys verwirrten und zugleich erzürnten Blick, unmöglich ihn einzuordnen. War James bereits vergeben, gar verheiratet?, schoss es mir mit Entsetzen durch den Kopf.
»Frühstück?«, fragte James schnell.
»Gern, wir wollten uns gerade etwas aus der Küche stibitzen«, gestand Lena, die anscheinend die Situation nicht erfasste.
»Sollten wir uns nicht schnell anziehen?«, fragte ich an James gerichtet, in der Hoffnung, ihm unter vier Augen ein paar Fragen zu stellen.
»Hab kein Problem mit dem, was ihr tragt«, antwortete stattdessen Jeremy achselzuckend. Zu viert saßen wir um den alten schweren Holztisch in der Küche. Das Schweigen erdrückte mich förmlich. War ich wirklich einem liiertem Mann derart verfallen, dass ich mir bereits eine Zukunft mit ihm ausmalte? Unweigerlich fühlte ich mich so benutzt und sehnte mich nach einer Dusche. Dennoch traute ich mich nicht als Erste die Stille zu durchbrechen. Jeremy tat es wenige Minuten später.
»Ist das passiert, wonach es aussieht? Du hast sie gefickt?«
Entsetzt über seinen Wortlaut und seinen Ton schaute ich auf. Mein Blick huschte zu James. »Nein, ich habe sie nicht gefickt«, gab er hart zurück. Na ja, irgendwie schon, dachte ich. Es gibt zwar weitaus nettere Wörter, aber wir hatten mehr als einen unbeschreiblichen Geschlechtsakt. Jeremy erhob sich, stützte sich auf den Tisch und sagte bedrohlich: »Okay. Dann bestätige mir, dass dein Schwanz nicht in ihrer Pussy steckte.«
Weit öffneten sich meine Augen. Ich hielt den Atem an und schluckte schwer. Am liebsten wäre ich zu Staub zerfallen.
James hingegen schwieg.
»Damit hast du dein Versprechen gebrochen«, sagte Jeremy bitter.
Tränen traten in meine Lider. Also doch, er war verheiratet. Hatte seine Treue und Liebe bereits einer anderen versprochen. Ich fühlte mich wie eine billige notgeile Schlampe – benutzt und schäbig. Herrschte nicht zwischen uns eine tiefe Verbundenheit, als kannten wir uns bereits Jahre? Hatte ich mir vor lauter Begehren alles nur eingebildet?
Langsam erhob ich mich und flüsterte: »Ich geh jetzt besser.«
»Nein«, erklang James Stimme laut und er sprang auf.
Unsicher schaute ich zu ihm.
»Bleib bei mir. ... Für immer.«
Mein Herzschlag setzte aus und die Verwirrung war größer denn je. Tief durchatmend sah mir James in die Augen und sprach: »Vor vielen Jahren versprach ich, mit keiner Frau aus purer Lust mehr zu schlafen. Sondern erst, wenn ich mir sicher wäre, mit ihr mein Leben teilen zu wollen.« Fassungslos starrte ich ihn an.
»Du gehörst mir und ich gehöre dir. Wir tragen dasselbe Feuer in uns«, sprach er weiter. »Ich bin dir verfallen, so wie du mir«, raunt er. »Auf immer und ewig.«

Das Feuer und die Leidenschaft sind auch Jahre später nicht verklungen. Unsere Blicke lodern noch heute vor Verlangen und unsere Körper ziehen sich magisch an. Immer noch bekommen wir nicht genug voneinander und leben unsere Fantasien in vollen Zügen aus. Ein unerschütterliches Band aus Liebe und Vertrauen ist in zwanzig Lebensjahren gewachsen. Er gehört mir, so, wie ich ihm gehöre. Wir wussten es bei unserem ersten Aufeinandertreffen.  VERFALLEN – auf immer und ewig. Und so steht es seit neunzehn Jahren in unseren Eheringen eingraviert.

ENDE

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 22, 2023 ⏰

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