Kapitel 19 - Innere Einstellung?

2.4K 323 41
                                    

Louis blieb knapp zwei Stunden bei Niall und es war witzig mit ihm. Weil Niall witzig war und weil der viel redete. Über alles Mögliche. Man brauchte Niall nur ein Stichwort geben und schon konnte der eine halbe Stunde brabbeln. Das mochte nervig klingen, aber Louis fand das sehr angenehm. So wurde von ihm weniger Inhalt gefordert und Niall schien es ihm nicht übel zu nehmen, wenn er zwischendurch mal gedanklich weg driftete. Denn Louis dachte über das Gesagte nach. Er konnte Harry nicht ändern, nur seine eigene Einstellung ihm und seinem Verhalten gegenüber. Das war etwas schwierig. Gab es überhaupt ein Verhalten, wenn Louis das nicht forcierte? Wobei... Das klappte ja ganz offenbar auch nicht. Er hatte Harry an diesem Wochenende ja nicht gesehen und der antwortete auch nicht auf seine Nachrichten. Louis wusste, dank Harry, auf jeden Fall, was ghosten hieß.

Er war bis über beide Ohren in Harry verschossen. Das wusste er. Und er wollte Kontakt zu ihm. Das wusste er auch. Natürlich: in seinem Kopf setzten sie sich gegenseitig Blumenkränze auf den Kopf und tanzten Hand in Hand mit nackigen Füßen und in Leinenhosen und weißen Hemdchen über eine Blumenwiese. Begleitet von Harfenmusik.  Das Ende vom Märchen. Alle happy. Bis ans Ende ihrer Tage. In ewiger Liebe verbunden. Amen. Aber ganz ehrlich: das als Ziel zu formulieren, wagte Louis nicht. Harry stand auf Leder. Nicht auf Leinen. Und ein Harry der so mit ihm glückselig über die Wiese tanzen würde, hätte wenig gemein mit dem Harry der in der Wohnung nebenan seinen Sexrausch ausschlafen musste. Aber genau in den Harry hatte sich Louis verschossen. Es standen halt auch nicht fünf Harrys zur Wahl und selbst wenn...

Die innere Einstellung... Was war eigentlich Louis' innere Einstellung? Ganz ehrlich: er hatte keine Ahnung. Alles war neu für ihn. Er wusste, dass er es nicht mochte, wenn Stan böse über Harry redete und sagte, dass der Straftaten an ihm begangen hätte. Müsste Louis sich dann nicht fühlen, wie ein Opfer? Das tat er nicht. Er würde sofort wieder mit Harry mitgehen. Auch jetzt mit dem Wissen, was passieren könnte. Stan sagte, es sei eine Vergewaltigung... Oder viele Vergewaltigungen gewesen. Aber ging das gewollt? Louis hatte keine Ahnung. Er schämte sich auch furchtbar, seine Meinung diesbezüglich Stan gegenüber zu vertreten. Nur was bedeutete das für ihn? Er wusste es nicht. Eine innere Einstellung konnte er einfach nicht fest machen. Er wusste, dass er mit seinen Gefühlen und Gedanken nicht hausieren gehen durfte. Weil andere das nicht verstehen würden. Sie würden ihn entweder für gebrainwashed oder einfach krank im Kopf halten. Und genau davor hatte Louis Angst. Also wäre es wohl besser zu schweigen.
Soviel zur inneren Einstellung.

Schließlich verabschiedete er sich also von Niall, nun aber mit dessen Handynummer und wieder war da der Drang, gegen die doofe Tür von Harry zu klopfen oder zu klingeln. Oder hier stehen zu bleiben, bis sie sich von allein öffnete. Aber Louis drängte all das zurück und ging wieder runter in die Wohnung von Mauras Schwester.

Verrückt - der Schlaf musste ihm gut getan haben, fand Oli. Danke.

Sie blieben noch zwei Stunden und räumten alles ganz penibel auf und saugten sogar einmal durch und putzten das Bad, bis Maura meinte, dass es hier sonst nie so sauber gewesen wäre. Aber das war ihnen eine zukünftige Übernachtungsmöglichkeit definitiv wert. Zumal die Wohnung einfach super gelegen war, wenn man am Wochenende feiern wollte.

Aber dann wurde es Zeit aufzubrechen. Louis setzte sich seinen Rucksack auf und trat ins Treppenhaus. Automatisch glitt sein Blick wieder nach oben und kurz hatte er das Gefühl, als habe er an einen Elektrozaun gepackt: die Tür stand offen. Und heraus geschoben wurden drei Typen, die sehr müde und zerschlagen wirkten.
Und dann sah er ihn doch noch. Harry stand mit einem missbilligenden Blick in der Tür und scheuchte die Herren quasi hinaus, die sich trotz ihres desolaten Zustands offenbar nicht allzu gern entfernten.

Louis wandte schnell den Blick ab. Das wollte er sich jetzt echt nicht geben. Auch wenn er schon gern den Typen einen genaueren Blick zugeworfen hätte. Für einen wahnwitzigen Moment überlegte er, ob er nicht einfach auch ganz London durchpoppen sollte. Die Wahrscheinlichkeit dann wieder an Harry zu geraten, war ja schließlich Recht hoch...

Für den Moment wollte er nur ungesehen einen sauberen Abgang hinlegen und möglichst nicht genau jetzt stolpern oder sowas.

"Louis, geh weiter.", blökte Oli in genau dem Moment und zwar so laut, als wäre Louis fünf Stockwerke höher.
Natürlich bekamen das jetzt alle mit und Louis erstarrte für einen Augenblick. Und länger brauchte Harry dann auch nicht, um hinunter zu sehen.

Louis drehte sich schnell komplett herum und eilte die Treppe hinunter. Super.

Er drehte sich erst um, als er auf dem breiten Bürgersteig stand.

"Alles klar?", fragte Oli irritiert.
"Jo"
Louis beobachtete wie die drei Typen, ohne sich groß voneinander zu verabschieden, aber trotzdem irgendwie zufrieden lächelnd in verschiedene Richtungen davon gingen. Musste man extra sagen, dass die verdammt gut aussahen? Und das, obwohl die gestern einen harten Abend gehabt hatten. Einer hatte etwa Louis' Statur aber blonde Haare und wirkte etwas trainierter. Der ander war ein Stück größer und noch trainierter. Den Größten hatte Louis nicht sehen können, da der direkt abgebogen war. Trotzdem: gegen solche Typen konnte er nicht anstinken. Kein Wunder, dass Harry es nicht mal für nötig befand, ihm zurück zu schreiben... Vielleicht sollte er auch trainieren gehen? Und sich vielleicht neue Kleidung zulegen? Die trugen oft alle Recht enge Sachen, die fast etwas zu klein waren. Zumindest, was Louis so im Internet gesehen hatte. Oder sollte er was mit seinen Haaren machen?

"Hey, du bist gut, so wie du bist, Louis, also-", begann Maura, die seine Blicke genau beobachtet hatte.
"Ich brauche neue Klamotten.. kann ich die zu dir bestellen? Hole sie dann auch noch am gleichen Tag ab?", fragte Louis.
"Äh... Klar. Aber mach das für dich. Nicht für jemand anderes."
Louis nickte. Er würdet das für sich machen. Damit er irgendwie nochmal bei Harry landen könnte...

Na, Louis denkt Mal ein bisschen über alles nach. Findet ihr seine Gedanken nachvollziehbar?
Bis dann.
Viele Grüße ^⁠_⁠^

Innocent - Wird fortgeführt auf StorybanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt