Zwischen Verweiflung und Trauer

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POV Rezo

Als wir im Schlafzimmer von Jus Wohnung ankamen sah ich, dass Ju sich unter der Decke verkrochen hatte. Und so setzte ich mich erstmal vorsichtig auf die Bettkante und strich über der Decke über Jus Rücken.
"Bitte geht einfach weg" sagte Ju erneut und ich konnte hören, dass Ju entweder gerade weinte oder kurz davor war zu weinen. Er klang traurig und verzweifelt. "Ich werde dich ganz bestimmt nicht in diesem Zustand hier alleine lassen. Wir bleiben bei dir. Wir sind für dich da." sagte ich deshalb dann. Denn auch wenn Ju sich gerade offensichtlich wirklich wünschte, dass wir einfach wieder weg gingen war es doch das beste wenn er jetzt nicht alleine war. Wenn er jemand hatte der für ihn da war.

POV Ju

Warum war er nur so süß und rücksichtsvoll? Warum konnte er nicht einfach weggehen. Ich konnte die beiden gerade nicht in meiner Nähe ertragen. Konnte ihnen jetzt nicht ins Gesicht sehen. Ich wollte einfach nur alleine sein und mich den Rest des Tages verkriechen.
"Bitte Rezo, lasst mich einfach alleine. Ich ertrage das gerade einfach nicht." "Was erträgst du nicht?" fragte Rezo nach während er weiter über meinen Rücken strich.
"Euch" sagte ich völlig verzweifelt. Moment hatte ich das gerade wirklich einfach gesagt? Was sollen die beiden den jetzt von mir denken? Sie können ja schließlich auch nichts dafür wie ich mich fühle. Warum war ich so scheiße und stieß die beiden aufgrund von meinen Gefühlen von mir weg? Das war nicht fair ihnen gegenüber. Aber ich konnte gerade nicht anders. Meine Gefühle waren zu überwältigend als das ich nicht nach ihnen handeln könnte. Als das ich gerade auf die Gefühle der beiden auch noch achten könnte. Auch wenn es egoistisch war. Aber es tat gerade zu sehr weh die beiden bei mir zu haben.

POV Rezo

"Euch." Nur langsam drang die Bedeutung dieser Worte in meinen Kopf. Moment, er konnte uns gerade nicht ertragen? Hatten wir irgendwas getan? Hatten wir ihn irgendwie verletzt? Völlig verwirrt sah ich rüber zu Mexi, doch dieser sah ebenso verwirrt aus und schüttelte nur unwissend den Kopf.
Allein die Vorstellung, dass er uns gerade nicht sehen wollte machte mich traurig. Ich spürte einen Stich in meinem Herzen. Das traf mich härter als ich dachte. Auf einer anderen Ebene als ich dachte. Es fühlte sich schlimmer an als wenn ein Freund einen nicht sehen wollte. Es fühlte sich eher so an als würde ein Partner einen nicht sehen wollten weil man scheiße gebaut hatte und jetzt musste man irgendwie wieder sein Herz zurück gewinnen. Und ich würde gerade alles tun um Ju wieder glücklich zu sehen.
"Du kannst uns gerade nicht ertragen? Haben wir irgendwas getan? Haben wir dich irgendwie verletzt? Haben wir was falsch gemacht?" sagte Mexi wodurch ich meinen Gedankengang fürs erste nicht mehr nachgehen konnte. Offensichtlich hatte diese Aussage auch Mexi hart getroffen und stark verunsichert. Nervös wartete ich nun auf Jus Antwort auf diese Fragen. Ich hatte fast schon Angst vor seiner Antwort.
"Irgendwie war mir das gestern einfach alles zu viel." sagte Ju nur wenig informativ. Aber er gab mir damit wenigstens einen Anhaltspunkt worum es gehen könnte. Waren Mexis und mein flirtiges Verhalten ihm zu viel gewesen? Weil er gesehen hatte wie wir uns geküsst hatten? War ihm das zu viel während er selber Liebeskummer hatte?
"Sorry Ju. Wir wollten dich nicht irgendwie verletzen. Also war dir das gestern zu viel mit unserem ... Verhalten?" fragte ich deshalb vorsichtig nach. "Ja, ich konnte es nicht länger ertragen euch beide so zu sehen."
Verstehe, deshalb hatte er auch direkt nach unserem Kuss behauptet er hätte Kopfschmerzen und uns quasi raus geschmießen.
"Ach, Ju. Du hättest doch was sagen können. Wir hätten doch Rücksicht auf dich genommen." sagte ich. Innerlich ohrfeigte ich mich selbst dafür so unsensibel gewesen zu sein. Nicht selber auf die Idee gekommen zu sein, dass ihn dieses Verhalten verletzen könnte. Daran erinnern könnte was er haben wollte aber momentan nicht hatte. Nicht gesehen zu haben, dass er uns anlog um uns los zu werden. Nicht gesehen zu haben wie sehr wir ihn verletzt hatten.
Währenddessen beobachtete ich wie Mexi sich ebenfalls erst aufs Bett setzte und sich dann hinlegte um sich von hinten an Ju zu kuscheln. Auch er sah schuldbewusst aus und wollte offensichtlich nun das ganze wiedergutmachen, Ju die Liebe geben die er jetzt brauchte.
Ich konnte erkennen wie Ju Mexi leicht entgegen kam, sich noch näher an ihn kuschelte und dann hörte ich wie er mit tränenertränkter Stimme sagte: "Ich wollte euch nicht stören. Ich wollte keine Last für euch sein." 
"Du bist doch keine Last für uns. Wir sind doch gerne für dich da." sprach nun Mexi zu Ju und strich dabei nun langsam mit seiner Hand unter die Decke um seinen Arm unter der Decke streicheln zu können.
"Also hattest du gestern auch keine Kopfschmerzen sondern hast es nur einfach nicht mehr ertragen uns so zu sehen?" fragte ich nun vorsichtig nach während ich nun auch näher kam und dann die Decke von Jus Kopf zu streichen um ihm in die Augen sehen zu können. Ich musste es einfach nochmal direkt von ihm hören. "Ja" antwortete Ju nur und wich meinem Blick aus.
"Und was hast du dann gestern noch gemacht?" fragte ich nach und ehrlich gesagt hatte ich Angst vor der Antwort auf diese Frage. Was wenn er wieder was dummes getan hatte? Ich wollte mir das gar nicht vorstellen, wenn er sich was getan hätte wegen uns.
"Ich bin in den Club gegangen." sagte Ju nur. "Und du hast viel getrunken?" fragte ich nach. "Ja." "Bist du nur losgezogen um deine Trauer zu ertränken?" fragte ich nach. "Ich wollte einfach nur ein bisschen Ablenkung. Keine Sorge, es geht mir gut."
Das war typisch Ju. Er realativierte seinen Zustand. Sagte, dass alles nicht so schlimm war. Obwohl es offensichtlich sehr schlimm war wenn er uns nicht mehr ertragen hatte. Wenn er jetzt zum zweiten Mal zusammen gebrochen war und seine Trauer in Alkohol ertränkt war. Wenn er jetzt hier lag und am liebsten sich wahrscheinlich den ganzen Tag unter der Decke verkrochen hätte.
Ich griff Ju am Kinn um ihn zu zwingen mich anzusehen. "Ju, es geht dir nicht gut. Und das weißt du auch. Und es ist ok das zuzugeben und es ist auch ok nach Hilfe zu fragen. Bitte wenn nochmal sowas sein sollte sag jemandem Bescheid. Such dir jemanden der dir helfen kann."

POV Ju

Warum war er nur so süß? Am liebsten würde ich ihn jetzt küssen. Er befand sich nur weniger Zentimeter von mir entfernt. Aber ich hatte zu viel Angst unsere Freundschaft zu zerstören. Allein, meine Aussagen waren schon riskant gewesen. Könnte man doch ganz gut von meinen Aussagen darauf schließen, dass ich vielleicht Gefühle für die beiden hatte. Aber offensichtlich hatte Rezo es nur so verstanden, dass ich es gerade nur allgemein nicht ertrug jemanden zu sehen, der jemand anderen so nah war. Er hatte nicht erkannt das es speziell um die beiden ging. Wahrscheinlich hielt er es auch einfach für zu unwahrscheinlich, dass ich die beiden liebte. Er schien es nicht mal in Betrscht zu ziehen. Für ihn war ich offensichtlich so eindeutig nur ein Freund, dass er gar nicht auf den Gedanken kam ich könnte für ihn Gefühle haben.
Und diese ganze Überlegung brachte mich erneut dazu zu weinen. "Ju, hey nicht weinen. Wir schaffen das schon irgendwie."
Wenn er nur wüsste, dass die beiden die Personen waren in die ich verliebt war aber vermutlich wäre er dann jetzt nicht hier. "Ich glaube nicht. Das ist doch alles sinnlos." Rezo sah mich mit einem traurigen Blick an. "Du glaubst also, dass die Person, in die du verliebt bist dich nicht liebt?" schlußfolgerte Rezo aus meiner Aussage. "Ja." "Gibt es den Anhaltspunkte dafür? Wie verhält sich die Person den dir gegenüber."
Ja, wie verhielten sich Rezo und Mexi eigentlich mir gegenüber? Sie flirteten schon mit mir aber auf einer ganz anderen Ebene als die beiden miteinander flirteten.
"Naja die Person flirtet schon mit mir aber es gibt da jemand anderen wo ich das Gefühl habe, die beiden flirten auf einer ganz anderen Ebene und sind auf dem Weg dazu zusammen zu kommen." Ich sagte bewusst nicht, dass es nicht nur um eine Person ging. Wie seltsam würde es bitte wirken wenn ich ihm sagen würde, dass ich verliebt in 2 Personen war? Das würde doch irgendwie weird wirken oder?
"Aber du weißt es nicht? Also die Person ist single und flirtet mit dir?" fasste Rezo nochmal zusammen "Ja" sagte ich und hoffte dabei ich hatte nicht zu viele Infos gegeben. Aber Rezo wirkte immer noch so als würde er keinen Rückschluss auf sich selber oder Mexi ziehen.
"Dann besteht doch Hoffnung, dass die Person was für dich empfindet. Warum sagst du nicht was du fühlst?" "Ich habe Angst die Freundschaft zu zerstören." sagte ich wahrheitsgemäß. "Aber meinst du den so wie es jetzt ist ist es besser? Du zerstörst dich doch selber damit. Wäre es nicht besser wenn du Gewissheit hättest?"
Eine sehr gute Frage. War es so besser wie es jetzt war? Ich meine die beiden zusammen zu sehen schmerzte mich immer enorm. Aber wenn ich es ihnen sage und sie nicht das gleiche empfinden wie sollte es dann mit uns weiter gehen? Können wir dann wirklich noch weiterhin eine Freundschaft aufrecht erhalten. Würde es dann nicht irgendwie weird zwischen uns werden? Könnte ich wirklich ohne die beiden leben wenn es schlecht läuft? Nein, dann ist es doch besser die beiden weiterhin zu sehen auch wenn es mich kaputt macht.
"Ich kann nicht ohne die Person. Wenn wir nicht mehr befreundet wären dann würde meine Welt komplett zusammen brechen." sagte ich deshalb wahrheitsgemäß und merkte wie sich wieder Tränen in meinen Augen sammelten.
"Ach komm mal her" sagte Rezo und legte sich nun ebenfalls zu mir und kuschelte mich nun auch an mich. Nun lag ich also zwischen Rezo und Mexi während beide sich an mich kuschelten. Mexi von hinten und Rezo von vorne. Fast schon reflexartig klammerte ich mich an Rezo und ließ mich fallen. Ich weinte einfach alles aus mir raus.
Wir lagen den restlichen Tag einfach so da. Niemand sagte mehr etwas. Alle genoßen einfach die Anwesenheit der jeweils anderen. Ich liebte es einfach so mit den beiden kuscheln zu können. Gerade in diesem Moment fühlte ich mich einfach wohl und geborgen. Und so kam es, dass ich schließlich irgendwann einfach sagen konnte: "Danke, dass ihr für mich da seid. Ich liebe euch." Ich wusste ich musste mir keine Sorgen machen nach diesen Worten. Ich hatte zwar meine wahren Gefühle ausgesprochen aber ich wusste die beiden würden es lediglich als freundschaftliches Bekenntnis verstehen. Dennoch traf mich die folgende Antwort von Rezo wie ein Schlag in die Fresse: "Wir dich auch. Und kein Ding, dafür sind Freunde doch da."
Richtig, auch wenn es mal solche Momente gab in denen wir alle zusammen im Bett kuschelten oder andere wo wir flirteten und uns Nahe kamen, würden wir vermutlich nie mehr sein als das: Freunde.

Das war es mit diesem Kapitel. Dieses Kapitel hat mir ehrlich gesagt ziemlich Kopfschmerzen bereitet. Ich habe es immer wieder umgeschrieben weil mir die Formulierungen irgendwie nicht gefallen haben, irgendwie nicht das ausgedrückt haben was ich vermitteln wollte. Auch mit der Endfassung bin ich nicht hundertprozentig zufrieden. Ich hoffe es hat euch trotzdem gefallen.

Liebe ist kompliziert (Juzofy)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt