22. 🤎

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„Warum ziehst du so eine Schnute, hm?", fragte Moony mit seinem typischen, charmanten Grinsen auf dem Gesicht, welches von kaum erkennbaren Bartstoppeln geziert wurde und blinzelte James fragend von der Seite an.
Dieser saß neben dem Werwolf in der Großen Halle am Tisch und starrte ununterbrochen hinüber zu den Slytherins. Er hörte seinem Freund nur verschleiert zu und reagierte deswegen auch nicht, sondern umfasste sein Kürbissaftglas in der Hand fester und schloss klagend die Augenlider.

Sirius, welcher gegenüber seinen Platz eingenommen hatte, zog hektisch an Remus' Ärmel und stopfte seinem Freund ein warmes Brötchen in den Mund. „Hat er dir nicht erzählt, was an Weihnachten passiert ist?"

Nein, James hatte es nicht erzählt. Niemanden, der nicht eh dabei gewesen war, hatte er es erzählt. Und eigentlich erhoffte er sich damit, es schnellstmöglich zu vergessen, doch mit dem leeren Platz am Tisch des grünen Hauses kamen die Erinnerungen wieder hoch.
Hatte er sich die Begegnung heute Morgen im Zug nur eingebildet? Jagte jetzt einem Gespenst hinterher und Regulus war eigentlich gar nicht mehr unter ihnen in Hogwarts?

„Also meine Meinung ist", schmatzte Remus und verdrückte dabei das trockene Brötchen in seinem Mund. „..das Essen einen so gut wie immer aufmuntert."

•••

In Hogwarts war es tiefste Nacht.
Nur noch zwei Nächte war der Vollmond entfernt, doch trotzdem konnte der junge Black kein Augen zumachen.
Normalerweise genoss er Barty's leises Geschnarche und konnte zu dem Rhythmus fantastisch einschlafen, aber heute nervte es ihn einfach nur. Nach einiger Zeit, in welcher er lediglich das Muster seines Vorhangs genau analysierte, stand er auf und setzte sich aufs Fensterbrett, um einen berauschenden Zug der frischen Luft einzuatmen.
Von ihrem Gemeinschaftsraum aus hatte man einen genauen Blick auf den Großen See, welcher im sanften Nachtlicht schwarz schimmerte.

Verzweifelte lehnte Regulus den Kopf gegen den Fensterrahmen, wollte ihn am liebsten dagegen schlagen und kniff die Augen zusammen.
Ob er gerade auf ihn wartete? Auf dem Astronomieturm, wo sie vor den Ferien jeden Tag zusammen verbracht hatten?
Er wusste alles über James, dessen Alltag, jedes Detail über Freunde und Familie, denn er hatte keinerlei Scheu, solche privaten Infos mit ihm zu teilen. Im Gegenteil.
James vertraute Regulus sogar.

Ein kleines Schmunzeln schlich sich auf dessen Gesicht und auch wenn es kaum möglich war, diese Erkenntnis anzunehmen, setzte sein kleines Herz kurz aus vor Aufregung und er fühlte sich wieder wie in der Nacht im Gryffindor-Gemeinschaftsraum, wo James ihn geküsst und so sanft berührt hatte. Überall. Verlegen lachte er leise und strich sich mit dem linken Arm durch die Haare, da fielen ihm die Schmerzen wieder ein, mit denen Walburga Black ihn bestraft hatte.

Es handelte sich ohne Zweifel um die unerträglichste Bestrafung, die sie jemals einem ihrer Söhne angetan hatte, weil sie so enttäuscht von ihm gewesen war...

•••

„Nein Mama!", weinte er bitterlichst und zupfte am Zipfel des schwarzen Rockes, um ihre Aufmerksamkeit auf sich zu lenken. Als er das letzte Mal seine Gefühle so unkontrolliert zuließ, war er definitiv noch ein ganz kleiner Junge gewesen. „Bitte tu das nicht, ich sagte doch schon, dass es mir leid tut."

Die große Frau drehte sich steif um und hob die flache Hand zur Ohrfeige angesetzt, was Regulus sofort verstummen ließ. Aus Angst zuckte er etwas zurück und schaute seine Mutter dann mit kullernden Tränen im Augenwinkel an. Walburga tat allerdings nicht der Gleichen, sondern beugte sich zu ihm vor und sprach sehr ernst: „Schweig still Regulus, wenn du mit so einem Gesicht dem dunklen Lord gegenübertrittst, wird er mir niemals abkaufen, dass du talentiert und bereit bist.", säuselte sie deutlich und streichelte dann über die Wange ihres Sohns, die runterlaufende Träne weg.

Voldemort war noch viel bewundernswerter und einschüchternder, als Regulus sich vorgestellt hatte.
Sein dunkler Umhang verschleierte nur teilweise die Schlangen-Tattoos, welche sich über seinen kompletten Körper zierten, wie Adern durch einen Körper und er erfüllte den ganzen Raum voller Todesser mit Angst, Macht und Schrecken.

Alles ging danach sehr schnell. Der jüngste Black Sohn war erzwungen niederzuknien und brachte kein einziges Wort in Gegenwart dieser schaurigen Energie heraus. Das brauchte er aber auch nicht, denn Walburga übernahm das Reden.

„Auch wenn er nicht mein Erster ist.. mittlerweile bin ich mir sicher, dass Regulus genauso viel Potenzial wie ich und sein Vater hatten aufweist. Solches besaß Sirius nie, auch wenn er häufig verärgert war. Die Wut wurde nie zu Talent."

„Ich weiß deine Sorgen zu schätzen, Walburga. Doch sehe ich hier nur einen Fetzen Haut mit einem schlagendem Herz und nichts von dem Potenzial von welchem du prahlst."

„Er wird gewiss beweisen, das er dir und der Armee würdig ist. Dafür sorge ich."

Regulus durchzog eine eisige Brise.
Kein Zweifel, der Dunkle Lord hatte seinen emotionslosen Blick nun auf ihn gerichtet und zückte seinen Zauberstab.

•••

In Gedanken verloren schüttelte Regulus den Kopf und senkte diesen danach traurig zu Boden.
So, wie er jetzt war, durfte er James auf keinen Fall gegenübertreten. Das würde dessen und auch seinen eigenen sicheren Tod bedeuten.
Für die verbleibenden Monate müsse er wohl oder übel die Rolle eines kalten Todessers annehmen und sich auch wie einer benehmen.

Mit den Blick auf die noch heilende Wunde an seinem Arm kniff er schließlich die Augen zusammen und fragte sich tief im Inneren, ob er wirklich nur so tat, oder ob er diesen Status schon längst erreicht hatte..

Schicksalswege                                              ||Jegulus ff||Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt