Türchen 11

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HARPER

Ich fühlte mich angeheitert und der Kaffee des Cocktails putschte mich zusätzlich auf. Es war so lustig mit Damian, dass ich etwas Verrücktes tat und ihn, ohne weiter nachzudenken hereinbat. Ich hatte heute Abend so viel Spaß, wie schon lange nicht mehr. Er ging durch den Flur, nach links in den Wohnbereich mit der offenen Küche und ich betätigte überall die Lichtschalter. Dann wandte ich mich ihm zu.
   »Wie wäre es, wenn ich jetzt bestimme, was wir als nächstes tun?«
   »Okay«, er kam mir näher, legte die Arme um mich und wollte mich küssen. Nicht einfach nur küssen. Seine Hände landeten auf meinem Po und massierten ihn eingehend. Er wollte mehr. Aber ich hatte etwas anderes im Sinn.
   »Wir schauen Forgettable.« Ich betonte den Namen des Filmes mit schaurigem Unterton und suchte in seinem Gesichtsausdruck, ob er den Psychokrimi vielleicht bereits kannte.
   »Forgettable«, wiederholte er irritiert. In seinen Augen lag Verwirrung. So musste ich geschaut haben, als er mir nicht sagen wollte, wohin wir heute Abend fuhren.
   »Genau.« Er ließ mich los und massierte sich mit den Fingern den Nasenrücken.
   »Einverstanden«, murmelte er und setzte sich auf die Couch. Ich holte zwei Gläser, versorgte uns mit Getränken und platzierte mich neben ihn. Den Film suchte ich bei einem der vielen Video on Demand Anbieter.
   Nachdem ich mich aufgrund des Alkohols, der nur langsam seine Wirkung verlor, in der Suche fünfmal vertippt hatte, nahm er mir die Fernbedienung ab und startete endlich den Film. Die Intromusik ertönte und wir bekamen den Protagonisten zu sehen. Ein Serienkiller. Er ging durch die dunklen, verschneiten Straßen Chicagos. Ich schaute den Film jedes Jahr etwa um die Weihnachtszeit, daher hatte ich ihn schon gefühlt tausendmal gesehen. Damian griff wieder nach der Fernbedienung. Dieses Mal, um den Film zu pausieren. Dann stand er auf, ging zum Fenster und beäugte die Terrasse, die zu meiner Erdgeschosswohnung gehörte. Als er zu mir zurücksah, lagen seine Augenhöhlen im Schatten. So tief hatte er seine Augenbrauen zusammengezogen.
   »Da ist gerade jemand an deinem Fenster gewesen.«
   »Oh, du siehst das auch? Dann bin ich mir jetzt sicher, dass ich mir das nicht nur einbilde«, sagte ich locker, obwohl ich schon einige Male hatte nicht schlafen können, weil ich Sorge hatte, dass jemand mich beobachtete oder sogar einbrach. »Wegen des Spanners suche ich momentan eine neue Wohnung.«
   Er schien völlig eingenommen davon, denn er ging die Fenster ab, wie ein Tiger sein Jagdgebiet. »Das heißt das passiert öfter?« Mit den Händen suchte er nach Rolladen und sah mich strafend an, als er feststellte, dass es keine gab. Nur an manchen Fenstern waren Jalousien angebracht.
   Ich stand auf, ging zu ihm und folgte seinem prüfenden Blick nach draußen. Als ich wieder in sein Gesicht sah, glaubte ich ein kurzes mordlustiges Aufblitzen zu spüren. So kalt, dass mein Herz gefror.
   »Alles okay«, besänftigte ich ihn und verschränkte meine Hand mit seiner. Irgendwie war es süß, dass er sich um mich sorgte. Aber ich wollte nicht, dass uns das die Stimmung verdarb. »Bisher ist nichts Schlimmes passiert und bald werde ich umziehen. Beruhige dich und komm wieder auf die Couch ...«, ich zog ihn mit mir in Richtung Sofa, »... und lass uns den Abend noch genießen.«
   Er folgte mir, setzte sich und sah weiterhin beunruhigt zu den Fenstern.
   »Hey«, flüstere ich in sein Ohr und leckte kurz an seinem Ohrläppchen, um seine Aufmerksamkeit zurückzugewinnen. »Wenn du jetzt den Film mit mir schaust, revanchiere ich mich heute vielleicht noch bei dir.« Ich gab ihm einen kurzen, aber intensiven Kuss und ließ meine Zunge für einen Wimpernschlag in seinen Mund eintauchen. Eigentlich hatte ich überlegt ihn heute auf die Probe zu stellen, schließlich war es unser erstes Date. Dass er mich beschützen wollte, berührte mich aber so sehr, dass ich eventuell bereit war, heute weitere Risiken einzugehen.
   Damian sorgte dafür, dass ich mutiger wurde, was so gar nicht dem entsprach, wie ich normalerweise war.
   Er legte er den Arm um mich, knüpfte einhändig die oberen Knöpfe seines Hemdes auf und sah auf den Flachbildschirm, der vor uns auf der TV-Bank stand. Ich startete den Film erneut und kuschelte mich an seine warme Brust. Ein Gefühl, an das ich mich gewöhnen könnte.

Merry dark Christmas, my Love!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt