Kapitel 4

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TW: Gedanken von Suizid, Durchgeführter Suizid, Transphobie

Veit

"Du ... du hast ...", hörte er Shiro panisch stottern und erkannte beinahe sofort, was da gerade Sache war. Der Schwarzhaarige war völlig mit der Situation überfordert und drohte in Panik zu verfallen oder viel eher stand er wohl gerade direkt am Anfang einer Panikattacke. "Du hast mich so gesehen ... nein, nein, nein ... das darf nicht sein! Ich ... es ist nicht meine Schuld! Du hättest mich nie so sehen dürfen, das ist ...-!"

Veit wusste genau, dass es in diesem Moment zwecklos war, mit Shiro reden zu wollen. Er würde ihm vermutlich sowieso nicht zuhören. Viel zu sehr war der Arkener bereits jetzt  in seiner Panik gefangen und der Braunhaarige konnte nur hilflos daneben sitzen.  Er wusste einfach nicht, was er tun sollte. Konnte er denn überhaupt etwas tun, was diese Attacke nicht noch verschlimmerte?
Vorsichtig streckte er eine Hand nach Shiro aus, doch noch bevor er ihn berühren konnte, floh der Schwarzhaarige aus dem Zimmer und Veit blieb einfach zurück mit tausenden Fragen, die ihm im Kopf herumschwirrten.
"Shiro warte...! Ich ..."

Doch zu spät. Shiro war längst in einem anderen Raum verschwunden und hatte ihn vermutlich nicht einmal mehr gehört. Seufzend senkte Veit den Kopf. Vielleicht sollte er wirklich mal anfangen, an seinem Taktgefühl zu arbeiten. Was hatte er sich nur dabei gedacht, Shiro den Binder einfach unter die Nase zu halten und dabei auch noch so dämlich zu grinsen? Wo er sich doch denken konnte, wie schwer die Situation für den jungen Studenten wohl war. Na ganz wunderbar, dass jetzt zu diesem Chaos da oben auch noch die Schuldgefühle kamen.  Der junge Mann fuhr sich mit den Fingern durch die Haare und machte sie so noch unordentlicher, als sie es ohnehin waren. Wie sollte er das denn je wieder gut machen? So eine Scheiße ...! Dabei war er gerade dabei, Shiros Vertrauen zu gewinnen und dann das ...

Nach einer gefühlten Ewigkeit, in welcher sich der Braunhaarige immer wieder selbst als weltgrößten Idioten beschimpft hatte, hörte er leise Schritte,  die in seine Nähe kamen. Er wagte es nicht, den Blick zu heben. Viel zu sehr hatte er Angst, dass Shiro erneut fliehen könnte. Veit wartete geduldig, bis Shiro sich neben ihm in die Decke gemummelt hatte und wohl bereit war, mit ihm zu reden. Sofern man für so ein Gespräch bereit sein konnte.
"A-Also ... rede ...", forderte ihn die Stimme von Shiro auf.

Veit atmete einmal tief durch, ehe er Shiro in die Augen sah. "Zunächst will ich, dass du weißt, dass ich dich für deinen Körper nicht verurteilen werde. Ich will auch weiterhin für dich da sein und werde dein Freund bleiben. Ganz egal, was kommt", sprach er fest entschlossen und griff nun doch nach Shiros Hand.

"Und dann muss ich dich mit deiner Aussage von neulich korrigieren. Ich weiß ganz genau, wie du dich gerade fühlst. Weißt du, ich hatte mal einen guten Freund. Der war genau wie du. Nur hat er sich eben als Mädchen gefühlt und Kleider getragen. Ich fand das immer faszinierend und hab ihm immer als Zuschauer bei seinen Modenschauen gedient. Es war manchmal auch ganz lustig, wenn er Kleider anhatte, die ihm absolut nicht standen. Allerdings fand seine Familie das alles nicht sehr lustig. Eher das absolute Gegenteil, sie fanden es abstoßend, nannten ihn krank und gestört und verurteilten ihn. Nahmen ihm alles, was er liebte. Die Kleider, die Schminke, den Freund, den er hatte und zwangen ihn, eine Frau zu heiraten, die er gar nicht liebte. Er verfiel in starke Depressionen, weil er nicht der sein konnte, der er wirklich war. Er wurde immer wieder in eine Rolle gepresst und man kontrollierte streng, dass er diese auch nach außen hin immer wieder spielte. Aber in seinem Inneren bildeten sich immer mehr Risse. Er fand keinen Halt in seinem Leben und abgesehen von mir, hatte er niemanden, mit dem er offen und ehrlich reden konnte. Vor ein paar Jahren hat ... hat er sich dann von einer Brücke gestürzt, weil er das alles nicht mehr ausgehalten hat ..."

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⏰ Letzte Aktualisierung: Dec 13, 2023 ⏰

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