Türchen 14

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HARPER

»Bin wieder daaa«, rief ich und trat in den Türrahmen.
    Ich war schneller zurück, als gedacht, weil die Bodega die Straße runter noch offen gehabt hatte und ich nicht bis zum Supermarkt hatte gehen müssen.
Ich verfiel in eine Schockstarre und ließ die Popcorntüte, die Chips und die Schokoriegel, die ich mir unter den Arm geklemmt hatte auf den Boden fallen.
   »Was ist hier los?«, fragte ich, entsetzt über das Bild, das sich wie bei einem überlasteten Computer langsam vor mir aufbaute und meinen Verstand erreichte.
   Damian stand vor einem in den Raum gezogenen Stuhl. Vor ihm saß Connor, er trug eine schwarze Fließjacke, seine Haare waren verstrubbelt und er schaute mich mit angsterfüllten Augen an.
   »Dein Spanner ist Connor«, erklärte Damian und fasste sich mit der Hand in den Nacken.
   »Was?« Ich sah zwischen den beiden hin und her und schließlich auf das Messer, das in Damians Hand glänzte.
   »Oh mein Gott. Wolltest du ihn umbringen?«
   »Naja, ...«, er wankte mit dem Kopf hin und her und schien die Option tatsächlich abzuwägen. Das war kein Nein. Er wollte ihn töten. In meinem Wohnzimmer?
   »Ihr seid doch beide krank.« Ich schnappte mir meine Handtasche, tat meine Geldbörse und meine Schlüssel hinein und ging zur Tür hinaus.
   Es dauerte keine 10 Sekunden, da eilte mir Damian hinterher. Ich stampfte wutentbrannt davon. Waren heutzutage denn alle Männer übergeschnappt? Nicht zu fassen.
   »Harper! Bleib stehen.«
   »Und wenn nicht? Willst du mich dann auch mit diesem Küchenmesser erstechen?« brüllte ich hinter mich.
   Er packte mich am Arm und wirbelte mich herum. Keine Ahnung, warum ich so verdammt wütend war. Möglicherweise war es die Enttäuschung über meinen ersten Eindruck von ihm. Und dann wurde da auch noch eine neue Angst freigeschaltet. Denn ich wollte nicht einer dieser Frauen sein, die sich in einem Mann geirrt hatten und ermordet im Wald gefunden wurden.
   »Ich kann es dir erklären.«
   »Ach ja?« Na gut. Dann rede Damian. 
   »Ja.«
   Es entstand eine Pause, in der keiner von uns sprach. Stattdessen wartete ich wie eine Idiotin darauf, dass er sich etwas ausdachte. Da er nicht mal ein Wort herausbrachte, drehte ich mich wieder um und ging weiter.
   »Okay, okay«, er zog mich wieder zurück. Dieses Mal grober. Sein Griff um meinen Arm war so fest, dass es mich sogar unter dem Filzmantel schmerzte.
   »Du tust mir weh«, ermahnte ich ihn und blieb erneut stehen. Gott, ich erkannte ihn nicht wieder.
   »Ich bin ein Auftragskiller.« Was war das jetzt für eine kranke Scheiße? Dachte er, er konnte mir damit imponieren, weil ich Krimis interessant fand?
   »Ein Auftragskiller«, wiederholte ich und sah in seinem Gesicht nach, ob das sein fucking Ernst war.
   »Ja.«
   Ich schnaubte. Klar! Dann war ich der Weihnachtsmann. Mit hochgezogenen Augenbrauen blaffte ich ihn an. »Und wen solltest du umbringen? Mich? Connor?«
   »Lennard Brown, den Vorstandsvorsitzenden.«
   Sein Ausdruck war ehrlich. Das war also sein voller Ernst. Mr. Brown war tatsächlich im Vorstand. Konnte das stimmen? Ungläubig und aufgebracht rieb ich mir mit dem Fingernagel über die Lippe. Ich hatte keine Nerven mehr, jetzt mit Damian darüber zu reden.
   »Ich war auf der Weihnachtsfeier, um meinen Job zu erledigen. Du hast mich fotografiert, weshalb ich dich in ein Gespräch verwickelt habe«, fügte er hinzu.
   »Du wolltest die Fotos löschen«, stellte ich fest. Er nickte. »Du bist also überhaupt kein Buchhalter. Und das heißt, im Büro, ... das war gar kein Versehen. Meine Sicherungsdateien ...« Ich suchte meine Handtasche nach meinem Handy ab. Er griff nach meiner Hand und stoppte mich.
   »Dein Handy liegt auf dem Couchtisch.«
   »Hast du ...?«
   »Ja.«
   Er hatte die Fotos gelöscht. Ich hatte keine weiteren Sicherungen. Oh mein Gott! Das durfte nicht wahr sein. Ich widerstand dem übermannenden Drang ihm eine zu scheuern. Alles, was zwischen uns war, hatte nur dem Zweck gedient, die Beweise zu beseitigen. Ich hatte mir etwas zwischen uns eingebildet und gedacht das Leben meinte es gut mit mir. Wie dumm ich mich in diesem Moment fühlte, war kaum in Worte zu fassen. Ich wurde nach Strich und Faden verarscht. Beleidigt darüber wie der Abend ausgegangen war und erschüttert von seinen Lügen, reckte ich das Kinn.
   »Dann haben wir uns nichts mehr zu sagen«, stellte ich klar und lief davon.
Dieses Mal folgte er mir nicht.

Merry dark Christmas, my Love!Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt