Gedanken am See

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Still saß ich da. Auf einem Felsen an einem See mitten in der Nacht. Über mir leuchtete der Sternenhimmel und spiegelte sich im klaren Wasser des Sees wieder. Vereinzelte Sternschnuppen zogen über meinem Kopf hinweg. Doch anstatt die Augen zu schließen und sich etwas zu wünschen so wie jeder andere, schaute ich ihnen einfach zu bis sie hinter den Bergen verschwunden waren. Schließlich bekam man nicht jeden Tag diese einzigartige Chance eine zu sehen.

Es war Ruhig hier zu sitzen und nichts zu tun. Um mich herum war kein Geräusch. Nur manchmal der sanfte Wind, welcher um mich wehte und mit meinen Haaren spielte. Vereinzelt hörte ich auch Tierrufe oder Schritte, doch auch sie verklungen wenig später wieder. Es war also nur Ich und die Natur.

Nach einiger Zeit stand ich auf und lief näher an den See heran. Ich setzte mich kurz vor dem Beginn des Wassers hin und schaute hinein. Ich spiegelte mich leicht auf der Wasseroberfläche wieder. Und das was ich dort sah, ließ mich etwas zusammenfahren. Ich sah mich, mit meinen Braunen Haaren und Blau-Grünen Augen, doch ohne einem wirklichen Gesicht. Ich sah Schatten die darüber huschten und es vor mir verbargen. Ich wusste was das zu bedeuten hatte, doch hatte ich nie gedacht das es so leicht sichtbar war. Diese Schatten sollten mir nicht zeigen das ich kein wirkliches Gesicht besaß, denn das tat ich. Nein, sie wollten mir zeigen das ich keine wirkliche Persönlichkeit besaß. Egal bei welcher Person ich bin, ich besitze jedes mal eine andere. Und jedesmal frage ich mich warum. Doch konnte mir jemals jemand eine Antwort darauf geben? Würde ich es jemals erfahren? Die Antwort hieß nein. Jetzt noch nicht. Die einzige Person die mir dies beantworten könnte, bin ich selber. Doch ich wusste es nicht. Wenn ich ehrlich zu mir selber war, so wusste ich nicht einmal was ich überhaupt tat. Manchmal fühlte ich mich so als wäre ich nicht ich. Als wäre die Person vor mir jemand anderes als Ich. Wie als ob ich im falschen Körper wäre. Doch das war nur ein Gefühl. Es blieb meist nur einen Tag, kehrte aber in letzter Zeit immer häufiger zu mir zurück. Ob es was mit meiner Persönlichkeitsstörung zu tun hatte? Wahrscheinlich ja.

Meine Gedanken schwirrten. In den letzten Tagen dachte ich häufiger über diese Frage nach. Sie beschäftigte mich. Meist bis tief in die Nacht. Was der Grund dafür war das ich hier her kam. An den See. Er beruhigte mich, gab mir die nötige Ruhe die ich brauchte zum Überlegen und zum Abschalten. Auch wenn meine Gedanken nie ganz ruhig sind. Sie waren ein Teil von mir. Ich atmete einmal tief durch und schloss kurz meine Augen. Ich lauschte dem sanften Wind und meiner ruhigen Atmung. Mein Herz pochte sanft im Rhythmus. Dann öffnete ich meine Augen wieder und blickte in den Sternenübersehten Himmel. Wie sehr wünschte ich mir einen von ihnen herunter holen zu können um ihn genauer zu betrachten.

Ohne es wirklich zu bemerken stand ich auf und lief in das Wasser des vor mir liegenden Sees. Erst langsam dann immer schneller, bis ich fast nicht mehr stehen konnte. Ich stieß mich etwas vom Boden ab und begann zu schwimmen. Bis ich die Mitte erreicht hatte. Dann hörte ich auf. Ich ließ locker, entspannte meine Musklen und ließ los. Zuerst trieb ich etwas an der Wasseroberfläche, bevor ich langsam begann ins Wasser hinab zu sinken. Über mir leuchteten immer noch die Sterne hell und sanft. Sie verschwammen leicht als ich mit dem Kopf im Wasser unterging. Man könnte fast denken ich würde mich ertränken, doch ich wusste es besser. Wusste das das Wasse mir nichts antun würde. Ich würde nicht sterben.

Ich sank weiter herunter in die Tiefe des Sees. Meine Augen waren immer noch auf den Sternenhinmel gerichtet. Meine Gedanken waren zum Stillstand gekommen. Ich lächelte leicht. Um mich herum schwirrten Schatten. Sie tanzten neben mir und umschlossen mich wie eine wohlige Warme Decke. Ich kuschelte mich etwas in sie. Auch wenn sie mir den Alltag nicht leicht machten und mich mit dieser einen Frage quälten, waren sie doch ein Teil von mir. Ein großer Teil. Und wenn ich ehrlich war, so wollte ich diesen Teil auch nicht los werden. Ohne ihn wäre ich wahrscheinlich nicht das was ich bin. Egal was ich gerade war oder nicht. Ich war Ich, auch wenn es nicht so schien oder ich mich noch nicht Gefunden hatte. Doch irgendwann würde ich das. Irgendwann würde ich mich wieder im Wasser betrachten können und wissen das das was ich vor mir sehe, Ich bin und niemand der versucht herauszufinden was er ist. Bis es so weit war, würde ich hier bleiben und nach mir suchen. Ungestört von allen und jedem. Alleine mit meinen Schatten. Mit dem Teil von mir der mir am nähsten war.

Drei Uhr Nachts GeschichtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt