♟️°• echo - RSCL, Repiet, Julia Kleijn •°🖤

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Manchmal, wenn alles zu viel wird, will ich am liebsten davonrennen. Doch wo sollte ich schon hin? Nirgendwo lautet die Antwort, denn wir sind hier auf einem Campingplatz in einem Land, dessen Sprache ich nicht spreche. Es gibt kein Entkommen und keinen Ort, an den man sich retten kann.

Aber irgendwo muss es doch diesen einen Ort geben, an den wir gehen können, wenn uns alles zu viel wird, oder? Es ist noch früh, und doch sind Hyunie und ich schon auf den Beinen, um mit dem gekauften Boot raus auf das Adriatische Meer zu fahren. Vielleicht können wir nirgendwo hin, allerdings können wir dorthin, wo die Ruhe beinahe alles zu verschlingen droht. Wie am gestrigen Tag auch, machen wir uns an der Boje fest und lassen uns einfach treiben. Während Junghyun neben mir liegt und die Augen geschlossen hat, schaue ich hinaus auf das Meer.

War es falsch, Yoongi einfach stehen zu lassen? Aber andererseits, was erwartet er von mir? Denkt er wirklich, ich bin von heute auf morgen wieder der Teenager, der ich vor 2 Jahren war? All diese Gefühle, die plötzlich auf mich einstürmten, brachten mich zum Dahinschmelzen. Doch ich bin älter geworden.

Es ist nicht der Punkt, dass die Kommunikation von seiner Seite aus scheiterte, das ist es nicht. Vielleicht gehört es dazu, doch der Punkt ist, ich kenne ihn nicht. Weder damals noch heute. Damals war ich jung und viel zu fasziniert davon, jemanden kennengelernt zu haben, der einer Person aus meinem Buch so ähnelt. Ich wollte ihn, und doch verlor ich ihn.

Jetzt, 2 Jahre später, denke ich mir, wie dumm ich doch war. Ich schlief bei ihm, küsste ihn und ließ mich vollkommen auf ihn ein, ohne ihn auch nur zu kennen.

,,Erinnerst du dich noch an den Typen, den ich vor 2 Jahren hier kennengelernt hatte?" frage ich in die Stille hinein, und Hyunie brummt zustimmend. ,,Ich habe ihn gestern Abend wieder gesehen." ,,Wo und vor allem wann?" ,,Gestern nach dem Essen, wo alle so abgedreht sind. Er ist mir gefolgt und hat mir erklärt, wieso er damals nicht mehr zurückgeschrieben hat." ,,Es gibt eine Erklärung, warum der Wichser dich sitzenlassen hat?" ,,Er hat sein Handy verloren und mein Verlag hat den Kontakt zu mir erfolgreich gekappt, sodass er keine Chance hatte." ,,Als ob." Mein Bruder öffnet die Augen und guckt zu mir, weswegen ich nicke. ,,Krass, und jetzt?" ,,Ich weiß nicht. Er wollte mich gestern küssen, doch ich habe abgeblockt." ,,Der Typ muss voll auf dich stehen. Irgendwie romantisch." ,,Wieso?" ,,Zwei Jahre lang hat er versucht, den Kontakt zu dir wieder zu bekommen, und nun, wo er dich endlich wiedersehen kann, will er dich nicht ein zweites Mal gehen lassen." ,,Er durfte mich nicht küssen. Ich bin ohne ein Wort zu sagen gegangen." ,,Kooks, seit wann bist du so ein Herzensbrecher?" fragt er voller Ironie und beginnt zu lachen. Doch ich bleibe stumm. ,,Meinst du, dass es ihn wirklich so sehr getroffen hat?" abrupt hält er inne. "Wenn du es nicht wolltest, hast du völlig richtig gehandelt. Das sagst du doch auch immer. Dein Ich empfand dies zu dem Zeitpunkt richtig, also mach dir keine Vorwürfe, dass du so gehandelt hast." "Ich frage mich nur, ob er es wirklich so meint." ,,Ich denke, einen Teil seines Herzens hat er an dich verloren, und das schon vor 2 Jahren."

~°•♡•°~
Der Junge schnappt sich ein Boot und fährt los – ungewiss, wohin und was dort auf ihn lauern würde, doch zieht es ihn hinaus zur Insel, vor der ihn die Bewohner der kleinen Küstenstadt warnten. Monster, die sich deine Seele einverleiben, hausen dort, und doch vermag es der Junge nicht zu glauben. Sein Leben war trist und einsam, er will das Abenteuer, und doch ist es eben jenes, welches ihn Stunden später fast das Leben kostet. Ein Sturm zieht auf, und plötzlich ist sein Leben nicht mehr da. Er glaubt in den Wellen zu sterben, bis er plötzlich nichts mehr spürt. Fernab seiner Heimat liegt er an einem Strand, kaum bei Bewusstsein, kaum am Leben, aber dem Tode nicht nah genug. Komplett benommen öffnet er die Augen und schaut sich am Strand um, bis er eine Schönheit sieht, die er zu träumen glaubt. Das Gewand des jungen Mannes schimmert wie das Mondlicht, so rein ist es. Die hauchdünnen Ketten am Körper schimmern wie die Sterne. Überall sind kleine Monde, und doch ist es eben jene Kette, die der junge Mann im Sand verlor, nachdem er davon rannte, als er merkte, wie der Schiffbrüchige langsam erwachte...
~°••°~

Kaum setzt die Dämmerung ein, gehen wir los zum Restaurant, um für den Abend zu essen. Das kleine, aber feine Burger Restaurant auf dem Campingplatz ist etwas abseits zwischen den modernen Ferienhäusern, die neu auf dem Park errichtet worden sind. Während die anderen den Weg entlanggehen, gehe ich am Wasser entlang und schaue zum Horizont, an dem sich die Sonne spiegelt. Nicht mehr lange, und ich muss eine Entscheidung über ihn fällen.

Eigentlich will ich ihm nicht böse sein. Ich will ihn kennenlernen, doch soll uns die Zeit hier wieder reichen? Ich kenne weder seine Hobbys noch seine Ängste. Was weiß ich schon über ihn? Es fühlt sich so verloren an. Besteht dann überhaupt noch eine Chance für uns?

Plötzlich wird mir kalt, und ich springe von dem großen Stein, der sich neben anderen am Steinstrand befindet, runter und auf den festen Untergrund, eh ich zu den anderen gehe und wir gemeinsam essen. Hier im Urlaub ist es merkwürdig. Zuerst essen wir, und dann gehen wir weiter in die Strandbar, welche neben gemütlichen Liegen auch Schaukeln und Hängematten als Sitzgelegenheit anbietet. Meine Familie und ich setzen uns, und schon bald verfallen wir in Gespräche. ,,Sooris Blinddarm ist geplatzt." Ich schaue von meinem Cocktail auf und zu meinem Onkel, der die Nachricht von meiner Tante laut verliest. Ursprünglich war geplant, dass sie heute eine Darmspiegelung bekommt doch allem Anschein nach haben sie es noch vorher festgestellt das es sich um den Blinddarm handelt. ,,Wie kann es sein, dass das jetzt erst aufgefallen ist?" frage ich doch achtet man nicht auf meine Worte. ,,Sie haben eine Notoperation für 20 Uhr angesagt." ,,Sie ist zweimal geröntgt worden, hat ein MRT durch und einen Ultraschall. Wie konnte das nicht auffallen?" frage ich weiter, doch die anderen zucken nur mit den Schultern. ,,Wichtig ist, dass sie jetzt endlich wissen, was sie hat", erwidert Lisa, und ich nicke. Ich lehne mich an die Sitzlehne und atme tief ein und aus. Es sind fast 24 Stunden vergangen, seit sie ins Krankenhaus gekommen ist – ein Wunder, dass sie noch lebt...

Während ich meinen Gedanken hinterherjage, bemerke ich nicht, wie mein Onkel zusammen mit Lisa immer wieder zu mir hinüberschaut und im nächsten Augenblick fliegt ein Eiswürfel durch die Luft, der direkt in den Ausschnitt meines Hemdes fällt. Das Gelächter geht los, während ich nur für mich hin brumme und den Eiswürfel wieder aus meinem Hemd hole, eh ich die oberen Knöpfe des Hawaiihemdes schließe. ,,Ach komm schon, Jungkook, sei nicht so ein Spießer", sagt mein Onkel, und abschätzig verdrehe ich die Augen. Wenn es heißt, den ganzen Tag durchzusaufen, sich einen Scheiß für sein Kind und seine Frau zu interessieren und versuchen, verlorene Momente mit seinen anderen Kindern aufzuholen, die sich im Nachhinein darüber lustig machen, dann bin ich gerne weiterhin ein Spießer. Ich will das alles nicht mehr, ich will nach Hause.

,,Hey, Min Yoongi!" ruft Bambam plötzlich, und meine Gedanken sind wie weggefegt. Stattdessen gucke ich in die gleiche Richtung wie Bambam und Lisa und halte inne. Yoongi, Jin und Namjoon stehen und gucken sich kurz an, eh sie zu uns kommen. Sind sie alle wieder hier? ,,Dass ich dich hier noch einmal sehen darf", erwidert Bambam, und verwirrt gucke ich zu ihm. Haben sie sich vor 2 Jahren auch mal unterhalten? ,,Kennen wir uns?" fragt Yoongi, und mein Herz beginnt schneller zu schlagen. ,,Nein, aber ich bin ein großer Fan von deiner Musik."

Was zum Teufel?

My Time ~ My LIFE, my mind (Sugakookie)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt