Das Weihnachtswunder - Ethans Sicht

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„Magst du Weihnachten noch immer nicht?", fragte sie ein wenig vorwurfsvoll.

„Nein!", meinte ich. „Und du? Konnte ich dich bekehren, es nicht mehr zu mögen?"

„Nein!", antwortete auch Emily.

„Dann haben wir also eine Patt-Situation. Wir kommen nicht weiter", sprach ich das Offensichtliche aus.

„Aber sieh es dir doch mal an!", flüsterte sie und drehte sich um ihre eigene Achse.

Wir standen zwischen vielen schneebedeckten Tannenbäumen, überall Schnee und Eis. Vereinzelte Schneeflocken fielen langsam zu Boden. So als würden sie versuchen, uns zu erschlagen. Der klägliche Versuch, uns niederzustrecken.

Tränen sammelten sich in ihren Augen. Den ganzen Tag hatte sie versucht, glücklich zu sein. Aber ich kannte sie. Und Emily kannte mich. Ich wusste, dass sie log. Sie versuchte die Zukunft auszublenden, aber sie war nun mal unser Schicksal. Wir wussten, es würde das letzte Mal sein, dass wir zusammen Weihnachten feiern würden. Es würde das letzte Mal sein, dass wir einander sahen. Und es war ihr wichtig, dass ich verstand. Es war ihr wichtig, dass ich erkannte, was ich ihr bedeutete.

Es war ihr wichtig.

„Siehst du?", fragte sie. Tränen rannen in Strömen ihr Gesicht hinunter. Sie hielt mir ihre Hand entgegen. Schnee lag darauf. Weiß glitzernder Schnee.

„Warum siehst du es denn nicht?" Ihre Stimme brach ab.

Ich lief langsam auf Emily zu und schlang meine Arme um ihre Taille. Sie weinte. Sie weinte in meinen Armen.

„Alles wird gut", wisperte ich in ihr Ohr.

„Nein... Das wird es nicht...", wimmerte sie. „Ich sehe dich heute das letzte Mal. Und dann bin ich weg. Für immer..."

Ich wusste es. Ich wusste es nur zu gut.

Sie hatte recht.

„Ich liebe Weihnachten... Ich liebe dich...", weinte sie in meine Jacke.

Beruhigend streichelte ich ihr über die Haare und küsste sie auf den Scheitel.

„Ich liebe dich auch...", flüsterte ich zurück.

Jetzt schluchzte sie. Sie schluchzte herzzerreißend. Und ich konnte nichts tun. Immer war sie glücklich gewesen. Und selbst wenn etwas sie aus der Bahn geworfen hatte, hatte ich immer gewusst, wie ich sie wieder auf Kurs hatte bringen können. Aber heute nicht. Heute war ich machtlos. Ich konnte nichts tun. Rein gar nichts.

Und ich wollte ihr so viel sagen. Ich wollte ihr sagen, wie viel sie mir bedeutete. Ich wollte ihr sagen, dass sie das Wertvollste in meinem Leben war und dass ich sie niemals vergessen würde. Niemals.

„Hör auf", bat ich. „Bitte. Ich flehe dich an."

Sie hob ihren Kopf und sah in mein Gesicht.

Angst und Verzweiflung spiegelte sich in ihrem Blick. Ich sah es ihr an.

Und ich senkte meinen Kopf, schloss langsam die Augen. Als ihre zarten Lippen endlich auf meine trafen, war dieser Moment für mich vollkommen. Ich küsste sie leidenschaftlich. Verzweifelt. Hier standen wir, inmitten von Tannen. Schnee. Eis. Aber vor allem Liebe.

Und ich spürte es. Ich spürte alles. Das, was sie mir in den letzten Jahren hatte vermitteln wollen, spürte ich endlich. Ich spürte den Geist von Weihnachten.

Er erfüllte mich. Ich verstand. Ich verstand endlich.

Es war kaum zu glauben.

Langsam öffnete ich die Augen.

„Ich... Ich spüre es!", flüsterte ich und strich eine von Emilys roten Haarsträhnen hinter ihr Ohr. Sie schmiegte ihren Kopf an meine Hand.

„Wirklich?", wisperte sie leise.

Ich nickte, den Blick liebevoll auf sie gerichtet.

Und dann sagten wir es. Bestimmt zum hundertsten Mal heute Abend. So bedeutungsvoll. Nur drei kurze Wörter. Niemals hatten Wörter eine größere Macht als jetzt.

„Ich liebe dich!"

This Christmas - Weihnachtsspecial 2023Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt