Ich stellte mein Gepäck in die Wohnung meines Großvaters. Es fühlte sich hier noch einsamer an, als nach seinem Tod.
Ich ließ mich auf der Couch nieder und schaute aus dem Fenster.
Ich fragte mich, ob die anderen bereits von der Trennung wussten. Keiner hatte sich bisher gemeldet. Wahrscheinlich hatten sie einfach viel zu viel zu tun.
Kaum hatte ich diesen Gedanken zu Ende gedacht, klingelte es an der Tür. Und da ich so gut wie unsichtbar in Centium City war, konnte das nur einer meiner Nachbarn sein.
Und damit hatte ich recht. Es war kein anderer als Kaz, der vor meiner Tür stand.
Mit einem breiten Lächeln zog er mich in seine Arme, was ich nur halbherzig erwiderte. Er schien sofort zu merken, dass etwas anders war. Ein Stück schob er mich von sich, um mich anzusehen.
„Was ist?", wollte er wissen.
Ich konnte ihn nicht einmal ansehen, konnte es nicht ansprechen. Ich wollte einfach nicht denken.
Statt etwas zu sagen, drückte ich mein Gesicht gegen seine Brust und kuschelte mich an diese. Zögerlich legte Kaz seine Arme um mich und hielt mich fest.
„Ist etwas passiert?", flüsterte er besorgt nach einiger Zeit der Stille.
Von mir kam nur ein nicken.
Ich konnte spüren, wie er mir mit seiner Hand beruhigend über den Rücken strich.
„Chase", murmelte ich leise gegen sein Shirt.
Kaz löste sich und schaute mich an.
„Was hat er gemacht?"
Ich konnte mir nun die Tränen nicht mehr zurückhalten. Alleine daran zu denken, war zu schmerzhaft.
„Er... hat... Schluss... gemacht", brachte ich nur unter Schluchzen hervor.
Kaz schaute mich entsetzt an, während ich erneut mein Gesicht in seinem Shirt verbarg.
„Er hat was?!"
Sofort wurde ich festgedrückt. Ich klammerte mich an ihn. Gefühlt war es das Einzige, was mir gerade noch Halt verschaffte.
„Komm, lass uns zur Couch."
Er schloss die noch offene Wohnungstür hinter sich und schob mich langsam ins Wohnzimmer. Sanft drückte er mich auf das Sofa, und kaum hatte er sich gesetzt, hatte ich mich wieder an ihn geklammert.
„Ich schätze, ich darf heute nicht mehr nach Hause gehen?"
Das schmunzeln in seiner Stimme bemerkte ich sofort. Mir war leider nicht danach, dieses zu erwidern.
Ich nickte nur auf seine Frage. Und schon wieder drückte er mich fest an sich.
„Hat er dir gesagt, wieso?", wollte Kaz nach einiger Zeit wissen.
„Er hat... gesagt, wegen... dir, mir und ihm und der Bionik."
„Was ein Idiot."
Ich schlug ihn leicht, kaum merkbar. Dazu fehlte mir die Kraft.
„Er ist kein Idiot", murmelte ich kaum verständlich.
„Doch, das ist er, Juna. Jemanden wie dich zu verlassen ist dumm."
Verheult schaute ich auf.
„Ich dachte, das Thema ist durch."
Er rollte mit den Augen.
„Dann lass es mich anders sagen. Seit du hier eingezogen bist, hängst du an ihm. Du bist immer an seiner Seite. Egal was für Dummheiten er macht, du hältst zu ihm. Und das so sehr, dass du dabei dein eigenes Leben aufs Spiel setzt. Oder gibt es einen anderen Grund, warum du den Chip angenommen hast?"
Stumm schaute ich ihn an.
„So jemanden zu verlassen, ist Dummheit."
Ich wusste nicht, was ich dazu sagen sollte. War das das, was Kaz in mir sah? Oft halte ich einfach nur das Gefühl, im Weg zu sein, weil ich nicht wirklich dazu gehörte.
„Weißt du, ich hätte das nie zugelassen."
Kaz grinste mich breit an, doch mir war absolut nicht danach. Meine Abneigung gegen seinen Spaß schien er sofort zu bemerken.
„Ist nur die Wahrheit."
Manchmal war er einfach zu gut. Dafür, dass es Kaz war.
„Hör zu!"
Ich schaute auf und wischte mir die Tränen weg.
„Es tut mir leid, dass ich dich da reingeritten habe."
Sofort mischte ich mich ein.
„Du kannst nichts dafür, dass ich..."
Kurz zögerte ich, es auszusprechen.
„... dass ich Gefühle für dich habe."
„Ich hätte auch einfach still sein können, nach eurem ersten Date. Dann hättest du es nie erfahren. Und wäre ich kein Vollidiot gewesen, als Oliver dein Gedächtnis gelöscht hatte, dann wäre nie etwas zwischen uns passiert."
Ich schüttelte den Kopf und widersprach ihm.
„Du kannst nie wissen, was sonst passiert wäre. Vielleicht wäre es ganz anders gelaufen. Schlimmer."
„Weißt du, Davenport hatte mal erzählt, dass Leo aus der Zukunft hergereist ist. Du musst also nur darauf warten, bis er Zeitreisen ..."
„Nein, Kaz!"
Tatsächlich entwich mir ein leises lachen.
„Das werde ich sicher nicht tun."
„Wieso denn nicht?"
Ich schaute ihn an.
„Du weißt genau, dass man in die Vergangenheit nicht eingreift. Nachher passiert noch etwas schlimmes."
„Zum Beispiel?"
Seufzend schaute ich auf den Boden.
„Ich könnte euch anderen auch verlieren."
Mal wieder wurde ich in eine feste Umarmung gezogen. Doch die hatte ich auch nötig. Alleine zu sein, war das Schlimmste, was ich mir gerade vorstellen konnte.
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Zwischen Bionic und Superkräften
FanfictionJuna ist neu in Centium City. Da sie von nun an im Daventower wohnt, lernt sie direkt auch ihre neuen Nachbarn kennen. Eine Bande junger Menschen mit ungewöhnlichen Fähigkeiten. Kaum hatte sie sich mit Kaz angefreundet, hatte sie es mit Superschurke...