Wut

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Die folgenden Wochen wechselte Emilia kein Wort mehr mit mir. Sie sah mich nicht einmal mehr an. Und ich konnte es ihr nicht verübeln. Ich hatte sie enttäuscht. Ich war zu weit gegangen.

Mit jedem Tag, den Emilia nicht mit mir redete, wuchs mein Bauch. Inzwischen schleppte ich eine riesige Kugel mit mir herum. Niemandem hatte ich davon erzählt. In der Schule versteckte ich meinen Bauch unter weiter Kleidung. Bisher hatte es niemand bemerkt, was ich wirklich erstaunlich fand.
In Wahrheit versteckte ich den Bauch auch vor mir selber. Er war die Erinnerung daran, warum ich meine Ehe gegen die Wand gefahren hatte. Ich wollte dieses Kind nicht.

Wie jeden Tag verbrachte ich auch diese Pause in meinem Klassenraum. Ich hatte keine Lust mich im Lehrerzimmer aufzuhalten. Ich wollte meine Ruhe haben und die konnte ich nur in meinem leeren Klassenzimmer finden.
Ich saß an meinem Pult und aß meinem Salat, als ich plötzlich auf dem Flur Geschrei hörte. Ich seufzte. Nicht einmal in der Pause konnte man seine Ruhe haben. Ich stand auf und sah auf dem Flur nach. Dort fand ich Emilia und Cenk.
„Du durchgeknallte Kampflesbe!", schrie Cenk.
Als ich das hörte, brannte mir eine Sicherung durch. Ich packte Cenk am Kragen und drückte ihn gegen die Wand. „Du elender intoleranter Trottel. Wenn ich noch einmal erleben, dass du so über Emilia sprichst, mach ich dich fertig. Komm mal in der Realität an. Wenn du keine Ahnung hast, wovon du redest, halt besser die Klappe!"
„Aber Sie wissen es, ja?", gab Cenk zurück.
„Ja, weiß ich", schleuderte ich ihm entgegen.
Cenk lachte mir hämisch ins Gesicht. „Sie hatten was mit einer Frau? Sie sind ekelhaft", sagte er.
Ich ballte meine Hand zu einer Faust. Dieser Junge war das Letzte. Er war ein arrogantes Arschloch und ich kochte vor Wut. Ich war kurz davor, ihm meine Faust in seine beschissene Fresse zu rammen. Plötzlich spürte ich einen starken Griff an meinen Oberarmen. Bestimmt wurde ich in einen leeren Klassenraum geschoben. Es war nicht Emilia. Es war nicht ihr Duft. Als ich mich umdrehte, sah ich in Caros Gesicht.
„Spinnst du? Du musst auf dich aufpassen! Du bist schwanger", sagte Caro.
„Mir ist dieses Kind scheißegal", sagte ich. Dabei konnte ich Caro nicht einmal ansehen.
Sie aber stellte sich direkt vor mich und sah mir in die Augen. „Hör auf", flüsterte sie.
„Ich werde sie zur Adoption freigeben", sagte ich.
„Leyla, hör auf! Ich kenne dich. Das alles war nicht dein Plan. Aber du kannst das nicht. Du würdest dir ewig Vorwürfe machen. Du bist nicht so eiskalt wie du glaubst. Du hast ein Herz, ein großes Herz. Und nur durch Emilia hast du dich endlich mal getraut zu deinen Gefühlen zu stehen. Lass nicht zu, dass du dich wieder verschließt", sagte sie.
„Ich will es nicht. Nur wegen dem hier ist meine Ehe kaputt", sagte ich und deutete auf meinen Bauch.
„Nicht dein Kind ist daran schuld, sondern du. Du hast sie betrogen und du hast nicht verhütet", sagte Caro.
„Du klingst wie meine Schwester", sagte ich.
„Vielleicht weil wir die beiden Menschen sind, die dich am besten kennen", sagte sie.
Ich schüttelte meinen Kopf. „Nein, das ist Emilia", flüsterte ich.
Caro nickte.
„Ich vermisse sie so", sagte ich.
„Dann kämpf um sie", sagte Caro.
„Ich kann nicht. Ich kann das nicht von ihr verlangen. Ich hab sie betrogen. Ich hab ihr unglaublich wehgetan. Sie hat in ihrem Leben schon so viel durchgemacht. Sie verdient jemand Besseren als mich. Sie verdient es glücklich zu sein. Ihr Leben sollte leicht sein und nicht so kompliziert", sagte ich.
„Manchmal bist du so blöd", sagte Caro. Überrascht sah ich sie an. „Ich hab Emilia inzwischen ein wenig kennengelernt. Sie ist nur glücklich mit dir. Du bist diejenige, die sie glücklich macht", sagte Caro.
Das Klingeln meines Handys bewahrte mich vor einer Antwort.
Danke.
Aber mach das nie wieder!
Obwohl ich nicht wusste, was ich von dieser Nachricht halten sollte, grinste ich.
„Emilia?", fragte Caro.
Ich nickte.
„Vielleicht ist deine Ehe mit Emilia doch noch nicht vorbei", sagte sie.
„Frau Yilmaz, ich muss Sie sprechen!"

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