Triggerwarnung: Selbstverletzendes Verhalten, Theamatisierung von Suizid
POV Ju
Warum war uns nicht aufgefallen, dass da noch jemand war, dass uns jemand filmte. Es ging einfach nicht in meinen Kopf rein.
Inzwischen hatte ich nach meinem Handy gegriffen und wurde von Nachrichten überschwemmt.
Viele fragten mich wie es mir ging und ob sie lang kommen sollten. Ob man mir sonst irgendwie helfen konnte. Ich las die Nachrichten von so vielen Creatern, die sich nach mir erkundigten. Manche nur in einer kurzen Nachricht. Manche hingegen schrieben eine lange Nachricht. Hauptächlich Leute mit denen ich auch privat viel zu tun hatte. Joon, Rewi und Thomas hatten mir die längsten Nachrichten zukommen lassen.
Naja abgesehen von 3 anderen Personen. Meine Eltern und mein Bruder hatten die ganze Sache auch mitbekommen. Ich hatte immer versucht ihnen nicht zu zeigen wie schlecht es mir psychisch manchmal ging. Ich wollte ihnen keine Sorgen bereiten. Doch jetzt hatten sie es so deutlich zu sehen bekommen. Ich fühlte mich schlecht.
Ich antwortete niemanden auf die Nachrichten, trotz dessen das ich die meisten gelesen hatte. Ich fühlte mich einfach nicht in der Lage dazu. Dieses Video raubte mir den letzten Nerv. Ich hatte einfach vergessen wollen was ich gestern Abend vor hatte. Aber jetzt wussten alle Bescheid und alle erinnerten mich daran was passiert war. Und alle wollten eine Erklärung. Das war mir alles zu viel.
Und als ich dann auch noch kurz durch Insta scrollte viel mir ein Name ins Auge. Moment den Accountnamen hatte ich schon mal gesehen. Ich dachte kurz darüber nach. Und dann viel es mir wie Schuppen von den Augen. Natürlich, der Typ der das Video gepostet hatte.
Schnell klickte ich den Chat an. 'Hi Julien, wie schade das du nicht gesprungen bist. Mal wieder kam Rezo rechtzeitig um zu helfen. Diesmal sogar mit dem kleinen Mexi im Schleptau. Mal sehen wie lange dein Glück noch anhält. Vielleicht schaffst du es ja beim nächsten Mal endlich auch durchzuziehen. Niemand braucht dich hier.' las ich die Nachricht.
Woher wusste er von meinem letzten Suizidversuch und davon, dass auch damals Rezo mich von dort weg geholt hatte? Ich hatte das damals niemanden erzählt und auch Rezo hatte ich um Verschwiegenheit gebeten und ich wusste er hält sich daran sowas nicht weiter zu erzählen. Also wussten eigentlich nur Rezo und ich davon. Wer war diese Person? Und warum wollte sie meinen Tot? Kannte ich die Person? Hatte ich dieser Person irgendwie weh getan?
Diese ganze Fragen waren mir zu viel. Diese ganze Sache war mir zu viel. "Ich geh kurz ins Bad" verkündete ich und sprang schnell auf und ging in Rezos Bad.
Ich spürte, dass meine Atmung beschleunigt war. Spürte Panik in mir aufsteigen. Ich musste etwas tun. Verzweifelt durchwühlte ich Rezos Schränke im Bad. Und tatsächlich fand ich nach kurzer Zeit was ich suchte. Ganz unten in einer Schublade befanden sie sich: Rasierklingen.
Schnell nahm ich mir eine aus der Verpackung und setzte an meinem Handgelenk an. Ich spürte den vertrauten Schmerz und wurde ruhiger.
Ich sah mir mein Handgelenk an. Ich hatte einige Schnitte darüber verteilt. Das Blut lief schnell aus den Wunden und färbte meinen Arm und den Boden rot. Ich betrachtete das ganze Spektakel einfach nur. Ich wollte die Blutung nicht stillen, wozu auch?
"Ju, alles ok? Du bist schon ziemlich lange da drin." hörte ich Rezo von vor der Tür sagen. Ich wollte schon lügen und einfach sagen 'Ja, alles ok ich komm gleich raus.' aber dann viel mir wieder was ein. Ich hatte Rezo versprochen ihn niemals wieder im Bezug auf meinen psychischen Zustand anzulügen.
Damals bei meiner letzten extremen depressiven Phase hatte ich die ganze Zeit beteuert, dass alles ok war. Erst relativ am Ende hatte Rezo deshalb rausgefunden wie es mir wirklich ging. Hatte gesehen wie mein Arm aussah. Als er es von sich aus rausgefunden hatte war er dann einfach für mich da. Ich hatte Angst gehabt wenn es wer herausfindet könnte die Person mich dafür verurteilen oder enttäuscht von mir sein. Ich hatte diese Zweifel damals dann auch Rezo offenbart. Und die Worte die von Rezo folgten wusste ich noch Wort für Wort: "Ich würde dich niemals dafür verurteilen. Diese Wunden zeigen, dass du gekämpft hast um zu überleben. Ich möchte dich nur um eine Sache bitten. Bitte lüg mich nicht mehr über deinen psychischen Zustand an. Wenn ich dich Frage wie geht's dir kannst du mir gerne mit scheiße antworten. Du musst mir dann auch nicht sagen warum wenn du nicht willst. Aber bitte lüg mich nicht mehr deswegen an. Dann muss ich mir auch nicht so viele Sorgen um dich machen wenn ich weiß, ein es geht mir gut bedeutet auch es geht mir gut." Richtig und ich hatte damals zugestimmt. Den ich wollte das Rezo sich nicht permanent Sorgen um mich machte. Und ich wusste ich konnte ihm sagen wie es mir geht ohne das er mich danach in irgendeiner Form beurteilen würde. Er würde mich auch nicht ausfragen. Wenn ich nichts weiter dazu sagen will musste ich nicht. Er wird es nicht weiter thematisieren.
Und darum antwortete ich: "Nein, nichts ist ok." "Darf ich rein kommen?" fragte Rezo als nächstes nach. Inzwischen war der Boden voller Blut. Ich hatte anscheinend einige sehr tiefe Schnitte gesetzt. Das sollte eigentlich versorgt werden.
Ich lehnte mich vor zur Tür und drehte den Schlüssel im Schloss damit die Tür wieder offen war. Rezo musste das gehört haben und das als die eindeutige Antwort, die sie auch sein sollte erkannt haben. Denn Rezo betrat den Raum direkt darauf.
Er sah zu mir herunter, da ich auf dem Boden saß. Er schaute sich meinen Arm an. Aber anstaat dessen empört zu sein oder sonst irgendwas ließ er sich nur vor mir auf den Boden sinken und unarmte mich. Offensichtlich war es ihm egal, dass er dadurch komplett mit Blut eingesaut wurde.
Und dann sagte er während der Unarmung etwas womit ich so gar nicht gerechnet hätte: "Ich bin stolz auf dich." Tränen bildeten sich in meinen Augen. Es klang so ehrlich. Ich weiß nicht wann mir zuletzt jemand gesagt hatte, dass er stolz auf mich war. Es traf mich gerade irgendwie anders krass aber auf einer guten Ebene. "Aber warum?" fragte ich dann nach. Ich hatte keine Ahnung worauf man in dieser Situation bitte stolz sein sollte. "Weil du mir die Wahrheit gesagt hast und mich rein gelassen hast." antwortete Rezo. Verstehe das ergab Sinn. Er war stolz darauf, dass ich nicht wieder versuchte alles zu verheimlichen und mit mir alleine aus zu machen.
Nach einer Weile löste er sich von mir. "Darf ich das versorgen?" fragte er komplett ruhig nach. "Ja." antwortete ich nur. Es war irgendwie ironisch. Niemanden außer Rezo würde ich in diesem Moment auch nur in die Nähe meines Armes lassen, geschweige denn davon mir den Arm versorgen zu lassen. Aber bei Rezo war das was anderes. Bei Rezo war es ok.
Rezo nahm sich sein Verbandszeug und begann zunächst damit das Blut grob weg zu wischen. Schließlich war inzwischen mein ganzer Arm voller Blut. Dann desinfizierte er die Schnitte und machte schließlich Verbandzeug drum. "Wenn die Blutung komplett aufgehört hat würde ich dann gerne noch Creme drauf machen." sagte Rezo als er fertig war.
"Ok, dann lass ich dich den Verband nachher nochmal wechseln." sagte ich und ich sah das Rezo mich anlächelte. Warum lächelte er jetzt bitte?POV Rezo
Ich wusste wie schwer es Ju fiel zu sagen wenn es ihm schlecht geht. Und ich wusste auch wie schwer es ihm viel jemanden an seine Wunden zu lassen. Umso stolzer war ich, dass er mir die Wahrheit gesagt hatte und mich nun sogar seinen Arm verbinden ließ. Und als er dann auch noch zustimmte mich später den Verband nochmal wechseln zu lassen konnte ich nicht anders als zu lächeln.
Natürlich war es ein Rückschlag, dass Ju sich wieder ritzte. Aber sein Umgang damit war ein großer Fortschritt. Ich machte mir deshalb diesmal wesentlich weniger Sorgen um ihn als letztes Mal. Den ich wusste ich würde mitbekommen wenn er sich wieder was tat und ich dürfte es versorgen damit es sich nicht entzündet. Ich bin so stolz auf Ju.
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Liebe ist kompliziert (Juzofy)
FanficWenn zwei sich lieben leidet der dritte. Zumindest ist es das was Ju empfindet als Mexi und Rezo sich immer und immer näher kommen und er sich immer mehr ausgegrenzt fühlt.