Kapitel 2.3

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~Seth

Es dauerte immerhin einen Tag, bis ich die Karte wieder in der Hand hielt.

Später stand ein Gespräch mit der Schulleitung der Kapitalisten-Schule für mich an, deshalb musste ich mich irgendwie ablenken. Redete ich mir jedenfalls ein. Das erste Mal, seit Phil sie mir in die Hand gedrückt hatte, sah ich sie richtig an. Sie hatte die Größe einer normalen Visitenkarte und bestand aus festem Hochglanz-Papier, welches mit Feuer und dem Schriftzug der Band bedruckt war. Auf der Rückseite standen diverse Social Media Kanäle, eine Internetseite, sowie eine Email-Adresse. Handschriftlich war noch ein Name - Philipp irgendwas- und eine Handynummer draufgekritzelt worden.

Es wäre das vernünftigste, diese verdammte Karte einfach in den Müll zu werfen und darauf zu hoffen, dass Phil und sein dämlicher Mantel nicht noch einmal auftauchen würden. Stattdessen klappte ich meinen Laptop auf und suchte nach der Homepage der Band. Eine Webseite in düsteren Rottönen und mit vielen Pentagrammen, die ebenso zu einer satanischen Sekte gehören könnte. Sympathisch.  Gleich am Anfang der Seite prangte ein Bild, auf dem die Band auf der Bühne bei einem Konzert abgebildet war. Phil hatte nicht zu viel versprochen - an Feuer sparten sie wirklich nicht. Mehrere Feuersäulen waren im Vordergrund zu sehen, aber auch im Hintergrund leuchteten brennende Elemente. Das ganze Licht war in Rottönen gehalten und diese Szene hatte zugegebenermaßen etwas höllisches an sich. 

Die Menschenmenge, die vor der Bühne abgelichtet wurde, sah üppiger aus, als ich erwartet hatte. Schien, als hätte ich gestern eine kleine Berühmtheit getroffen. 

Ich suchte nach 'Inferno' bei Spotify und las, während ich das erste Lied hörte, die Bandbeschreibung. "Inferno ist eine vierköpfige Metalband aus London, die in den letzten Jahren einen enormen Aufstieg verbuchen kann. Mit imposanten Feuershows, düsteren Bühnenbildern und Konzerten, die im Gedächtnis bleiben, begeistern sie nicht nur eingefleischte Fans der Szene. Hinter der satanisch-dämonischen Aufmachung der Band, verbergen sich unter anderem religions- und gesellschaftskritische Texte, die in melodischem Rock und Metal eingebettet sind."

Ich zog die Augenbrauen hoch. Gesellschaftskritische Satanisten mit dezentem Faible für Feuer? Nett. 

Und die Klänge, die durch die Kopfhörer in meine Ohren drangen, hörte ich tatsächlich nicht zum ersten Mal. Ich konnte nicht mal genau sagen, um welche Musikrichtung es sich handelte, irgendwas zwischen Rock und Metal, ein bisschen sphärisch, melodisch, aber trotzdem nicht zu langweilig. Gar nicht schlecht eigentlich. 

Und bevor ich noch auf dumme Gedanken kam, setzte ich die Kopfhörer ab und klappte den Laptop zu. Ich musste ohnehin langsam los, wenn ich nicht zu spät zu meiner netten Verabredung mit der britischen Snob-Schule kommen wollte. 

Etwa eine Stunde später fand ich mich schließlich vor einem protzigen, alten Gebäude mit vergoldete Fensterrahmen wieder. Es sah aus, als könnte man sich darin verlaufen und als würde es darin nur so wimmeln vor Leuten, die zu viel Geld besaßen. Das Bedürfnis, einfach wieder umzukehren und in den Park zu fahren, war so groß, dass ich einen Schritt zurück trat.

Aber jetzt zu kneifen machte nichts besser. Und dieses verdammte Gespräch würde ich schon irgendwie überleben. Ich straffte die Schultern und ging in dem Moment auf den Eingang zu, in dem die Tür geöffnet wurde und ein Meer von Schülern herausströmte. Wunderbares Timing. Ich schob mich an den Menschen vorbei, wobei mir nicht entging, dass sie mich anstarrten. In dieser Herde von Schülern in Uniform stach ich aus der Masse hervor wie ein bunter Hund - oder ein schwarzes Schaf. Schuluniformen. Mir stellten sich die Nackenhaare auf.

Auch auf dem Gang drehten sich die Leute nach mir um. Sie unterbrachen ihre Gespräche, drehten den Kopf in meine Richtung, starrten mich an. Fast so, als wäre da noch immer dieses göttliche Surren der Macht, das mich umgab. 

Inferno - Todessohn IIIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt