Der Anfang

72 4 0
                                    

>Guten Morgen liebe Kinder. Ihr seit heute aber früh dran.< mit diesen Worten begrüßte uns Frau Abdullah.
Sie ist eine alte Frau aus unserer Nachbarschaft. Unsere Eltern sagen immer das sie die wohl netteste Frau in der Nachbarschaft, wenn nicht ganz Deutschlands wäre. Sie hat früher andauernd die Kinder im Viertel gesittet. Sie ist Muslima, doch hier macht es keinen Unterschied ob Moslem, Christ, Jude oder sonst was, hier sind wir wie eine Familie. Doch leider ist sie sehr krank geworden. Sie hat einen Tumor und wird nicht lange leben. Zudem lebt die arme Frau alleine, sie hat keine Verwandten mehr.
Die Nachbarskinder besuchen sie jeden Tag und obwohl es sie glücklich macht leidet sie oft darunter. Nicht weil sie besuch kriegt, sondern nachher alles sauber machen muss, was für sie eine Qual ist. Daher habe ich mit den Kindern abgemacht das wir sie gemeinsam besuchen, so kann ich ihr immer helfen.

Heute aber war sie mit den Gedanken nicht anwesend. Gerade als ich sie darauf ansprechen wollte fing ein Kind an zu weinen. Es ist beim Laufen gestolpert und hingefallen. Das Geschrei holte sie zurück zu uns.
Während ich die Schürfwunden des Kindes verarztete saßen alle um den Gartentisch herum. Das kleine Mädchen weinte immer noch, da fing Frau Abdullah an uns eine Geschichte zu erzählen, wie tapfer sie damals war als sie sich beim spielen verletzte.
Plötzlich, wie aus dem Himmel gegriffen, fragte jemand warum sie eigentlich allein lebt, wo ihr Mann sei und ihre Kinder. Noch nie hatte es jemand gewagt sie das zu fragen. Es war für jeden ein Tabu Thema.
Die Kindern wurden neugierig und jedes einzelne Kind wollte es nun wissen. Geschockt sah ich erst die Kinder und dann Frau Abdullah an. Ihre Augen waren mit Tränen gefüllt und ihr Körper bebte. Eine kurze Zeit lang war ich überfordert bis ich mich schließlich selber sagen hörte: >Kinder es ist besser wenn ihr jetzt geht. Ich glaube Frau Abdullah ist müde.<.
Die Kinder diskutierten mit mir, naja sie quengelten eher.
>Nein mein Kind, bleibt noch. Wir beide wissen das es dich auch interessiert. Vielleicht tut es mir ja gut darüber zu sprechen, vor allem wenn ich ja bald so oder so weg muss.< sagte Frau Abdullah zu mir und nahm ein großes Schluck Wasser. Sie bat mich jedem ein Stück Kuchen zu geben und mich zu ihr zusetzen.

>Meine Geschichte beginnt mit einem Samstag, den 15. Mai 2010 um genau zu sein. Ich war damals 22 Jahre alt und machte eine Ausbildung zur Kauffrau im Gesundheitswesen. Ich wohnte in Münster, in Nordrhein-Westfalen, über 100 km von meinem Elternhaus weg. Damals war es schwer eine Ausbildung zu finden und hätte ich keine gefunden wäre ich abgeschoben worden. Meine Eltern waren nicht streng, ich musste kein Kopftuch tragen oder etwas der gleichen. Ich durfte nur keinen Freund haben und eben gewisse Dinge nicht tun.
Jedenfalls damals gab es viele Blogs die Online waren. Auch ich hatte eins, es hieß Bollywood News. Ja genau, ich war sehr verrückt danach. Leider gab es nicht viele, so gut wie keine Seiten die uns mit deutschen Neuigkeiten fütterten, also beschloss ich meine eigene Seite zu erstellen. Diese wurde sehr beliebt.
Eines Tages erhielt ich einen Anruf, wobei meine Geschichte schon hier anfing. Auf der anderen Leitung war ein Manager der mir ein Angebot machte. Ich solle einen Bollywood Schauspieler interviewen. Anfangs klang es seltsam, daher fragte ich nach den Absichten für das Interview. Es hieß das meine Seite so beliebt sei, das der Schauspieler meine Hilfe bräuchte. Als ich den Namen wissen wollte blockte dieser Manager ab. Ich sagte ihm ich interviewe doch nicht jemanden dessen Namen ich nicht mal weiß. Er zögerte, besprach etwas mit einer anderen Person und gab mir dann den Namen. Es war die Rede von Shahrukh Khan! Er war damals unter den Namen King of Bollywood bekannt. Seine Filme zählen heute zu den Klassikern. Ich erklärte mich bereit zu dem Treffen, wenn es in einem Cafe meiner Wahl sein würde. Vorsicht war angesagt. Sie wollten mich aber in einer Hotel Lounge treffen. Weitere Informationen mailte man mir.
Nun ja, ich gab dies auch in meiner Vlog Abteilung an, und bat meine Leser sich 10 Fragen ihrerseits auszusuchen.
Ich durfte nur keine Daten, wie wann er in Deutschland sein würde, für wie lange oder wo er übernachte, verraten.

Und schon sind wir am 15. Mai 2010 angekommen..< sagte sie und nahm wieder ein Schluck Wasser. Mittlerweile haben sich einige Eltern, die ihre Kinder abholen wollten, dazu entschieden auch zu zuhören.

>Der 15. Mai 2010 war ein Samstag. An dem Tag traf ich ihn, Shahrukh Khan. In echt sah er aber viel älter aus.< sie schmunzelte an die Erinnerung.
>Wir hatten ein normales Interview, am Anfang zumindest. Ich weiß nicht mehr wie oder warum, aber wir kamen irgendwie zum Thema ich und Schauspielerei. Er gab zu ein paar Tanzvideos von mir gesehen zu haben und sehr beeindruckt gewesen zu sein. Und sagte er würde mich gerne in Bollywood Filmen sehen.
Ich lachte darüber und sagte das er mich nicht mal mit 50 Filmen zur Berühmtheit machen könnte, dich er meinte ihm reiche eh nur einer. Dann wollte er wissen warum ich so negativ über mich selber dachte. Ich lenkte ihn von der Frage ab, ich wusste es ja selber nicht. Er wettete mit mir und ich ging drauf ein, ich dachte es wär ja eh nicht ernst gemeint. Und fügte eher mit belustigter Strenge hinzu, dass ich erst meine Ausbildung beenden möchte und außerdem kein Hindi spreche. Doch er lächelte mich nur an und bat mich um meine Nummer. Manchmal wünsche ich mir ich hätte es abgelehnt..<. Frau Abdullah war den Tränen wieder nah. Wir Zuhörer beschlossen nach Hause zu gehen. Aber die Kinder waren dagegen, bis Frau Abdullah uns versprach das sie morgen weiter erzählen würde.

Ich blieb als einzige da und räumte auf. Doch auch als ich fertig war ließ mir eine Sache keine Ruhe. Warum war ihr Blog so beliebt, dass ein Mega Superstar mit ihr ein Interview haben wollte. Frau Abdullah kam mir entgegen, sie musterte mich an und fragte mich dann was mich bedrücke. >Es ist nichts.Wirklich.< war meine Antwort. Mir gelang zwar ein Lächeln, doch meine Frage blieb. Jetzt räusperte sie sich >Welche Frage hast du? Hab keine Angst, ich werde weder traurig noch sauer. Denn wenn man was erzählt sollte es jeder verstehen und dazu gehören eben auch Fragen stellen.<.
Eien Moment war ich baff, innerlich kämpfte ich darum ob ich fragen sollte oder nicht.
Am Ende stellte ich ihr die Frage, wenn auch zögernd.
>Ich habe nicht nur News mitgeteilt, sondern auch meine eigene Meinung. Mir war es egal über welchen Bollywood Star ich schrieb, wenn ich glaubte das etwas wahr war hab ich es gesagt, wenn nicht dann auch. Meine Meinung war sehr Professionell, deshalb auch so beliebt.<.

Nach ihrer Erklärung verabschiedete mich von und ging heim.
Dort erwarteten meine Eltern mich auch schon. Auf ihre Fragerei, ob was mit Frau Abdullah sei & warum ich so spät bin, erzählte ich von Frau Abdullahs Geschichte. Meine Eltern wollten mir nicht glauben, denn nicht einmal sie haben sich jemals getraut sie einfach auf ihr Vergangenheit anzusprechen. Also schlug ich ihnen vor am nächsten Tag einfach mitzukommen.

Nur mit dirWo Geschichten leben. Entdecke jetzt