„My Lady, lasst mich das doch erledigen. Es wäre mir eine Freude."
Ich kam Aleera zuvor und griff schwungvoll nach dem bereits ziemlich schmutzigen Mopp, den ich aus dem Putzwasser zog und mich wieder umdrehte. Mit einem zuckersüssen lächeln ging ich einige schnelle Schritte auf Kira zu, die mit einem arroganten Lächeln wartete und knallte ihr den Wischmopp auf den weissen, oberen Teil ihres eleganten Kleides. Das schmutzige Wasser hinterliess einen Fleck, der nicht schön anzusehen war und einige Tropfen verfingen sich sogar in ihren geflochtenen Haaren.
Kurz war es ruhig. Aleera hatte sich eine Hand vor den Mund geschlagen, einige Mädels aus Kiras Gefolgschaft grinsten schadenfroh und Kira selbst starrte fassungslos an sich hinunter. Der Elf hinter ihr hatte das Gesicht wütend verzogen. Die Brühe lief ihr über das Dekollete und das Kinn hinunter.
Zufrieden setzte ich den Mopp auf den Boden und stützte mich auf den hölzernen Stiel. Oh, fühlte sich das gut an. Das beste Gefühl seit sechs Monaten.
„Ups. Ich Tollpatsch."
Meinte ich breit lächelnd und als Kiras Blick meinen traf, war er mörderisch. Mir verging das Lächeln ganz schnell, als sie wie eine Furie mit einem lauten Kreischen auf mich zukam. Sie packte mich mir ihren schönen, mit Schmuck verzierten Händen und rang mich mühelos zu Boden. Ich versuchte zwar, mich zu wehren, aber ich hatte keine Chance. Trotz ihrer zierlichen Figur war sie unglaublich stark. Frustration erfüllte mich, als sie meine Arme auf den Boden pinnte und auf eine Sprache, die ich nicht verstand, einen Befehl bellte. Ich hasste es, keine Kontrolle zu haben. Ich hasste diese Welt, ich hasste die Art, wie ich behandelt und angesehen wurde und am allermeisten hasste ich meine Schwester dafür, dass ihr egal war, wie es mir ging und dass sie unseren Plan vernachlässigte.
Oh, und ich hasste Kira. Das wurde mir in dem Moment bewusst, als der Kübel voller Schmutzwasser über mir ausgekippt wurde.
Ich konnte nur noch Mund und Augen schliessen, dann war ich nass.
Die kalte Feuchtigkeit sog sich in mein Leinen-Gewand und ein übler Geruch machte sich um mich herum breit. Ich unterdrückte ein Würgen und meine Arme wurden losgelassen, damit ich mich hustend aufrichten konnte. Ich hörte Gelächter und sah an mir hinunter. Meine nassen Haare hingen mir über den Rücken und überall klebte Schmutz. Ich biss mir auf die Lippen. Ich würde nicht weinen. Diesen Gefallen machte ich ihr nicht.
Sie würden keinen Grund haben, sich noch mehr ab mir zu belustigen. Also verbannte ich das Brennen der Tränen aus meinen Augen und stand langsam auf.
In dem Moment, als ich den Kopf hob, um das einzusammeln, was von meiner Würde noch übrig blieb, teilte sich die Zuschauerschaft in der Mitte und Dorian trat vor, neben ihm Kilian und noch zwei junge Männer, die mir unbekannt waren.
„Was soll der Scheiss, Kira?"
Hörte ich das Wiesel zischen und spürte das Brennen auf meinem Gesicht, als Dorian wortlos stehen blieb und sein Blick langsam an mir hinunter wanderte.
Ich atmete langsam aus und senkte den Blick, weil ich nicht auf das herablassendes Gelächter warten wollte, in das er sicherlich gleich mit einsteigen würde. Zu meinem grossen Schock, klebte das dünne Leinenkleid an mir wie eine zweite Haut. Es betonte die Form meiner vollen Oberschenkel, meiner runden Hüfte, zeigte meine schmale Taille, bis zu der mein nasses und schmutziges Haar reichte und am aller schlimmsten, es klebte an meinen Brüsten, deren Nippel aufgrund der Kälte hervorstanden. Absolut erniedrigend.
Alarmiert hob ich den Kopf und traf wieder auf Dorians Blick, der sich so stark verdunkelt hatte, dass meine Beine ganz schwammig wurden. Er liess nicht von mir ab. Er sah mich nur an und sagte nichts. In seinen Augen schien ein Sonnensturm zu toben. Und ich meinte für eine Sekunde, sowas wie Interesse darin zu erkennen. Da er jedoch ein Elf war und diese nicht auf dieselbe Art empfanden, wie wir Menschen, musste ich mich da wohl geirrt haben.
Kilians Schulter stiess Dorian an und mit einem einzelnen Aufschlag seiner langen Wimpern war sein Blick wieder klar und er bewegte sich.
Ich war erst jetzt imstande, mich zu bewegen.
Scham erfüllte jede Körperzelle von mir und ich versuchte, mit meinen Armen meinen Busen zu bedecken.
„Jemand soll ihr etwas bringen, um sich zu bedecken", seine Stimme war hart und Killian kam mit einem schwachen, fast schon entschuldigenden Lächeln auf mich zu, und hing mir seine gut riechende, saubere Jacke über die Schultern. Ich zuckte vor seinen Händen zurück, zog sie aber sofort enger um mich. Kilian trat wieder einen Schritt zurück und begutachtete kopfschüttelnd die Wasserlache, die sich um meine Füsse herum gebildet hatte.
Dorian, der nun sichtlich verärgert wirkte, winkte Aleera zu sich.
„Du. Bring sie auf ihr Zimmer und besorg ihr frische Klamotten. Und danach räumst du hier auf."
„Natürlich, mein Prinz", flüsterte Aleera und kam mit gesenktem Blick auf mich zu.
Ich sah rüber zu Dorian und erwischte kurz seinen Blick, bevor er sich abwandte.
„Was sollte diese Scheisse?"
Hörte ich ihn knurren und dann erhob sich Kiras Stimme. Mehr hörte ich nicht mehr, denn Aleera zog mich bereits hinter sich her.
In meiner Kammer angekommen half sie mir aus den nassen Kleidern, was schwerer war, als gedacht.
„Du hast mir geholfen."
Meinte sie dann etwas ungläubig und mit Dankbarkeit in der Stimme.
„Ja. Scheint so."
Meinte ich. Und hätte ich es nicht getan, wäre ich jetzt noch trocken und hätte mich nicht bis auf die Knochen vor einem Prinzen blamiert. Ich hasse diese Welt. Ich hasse Dorian und Kilian. Ich hasste einfach alles.
„Danke. Dafür schulde ich dir etwas."
Ich blinzelte etwas und sah in ihr lächelndes, hübsches Gesicht.
„Du brauchst es nicht jetzt einzufordern. Aber wisse, wenn du mich jemals brauchen solltest, werde ich da sein."
Ich hatte über Elfen-Schwüre gelesen. Ich wusste nicht sicher, ob das einer war, aber wenn schon, dann war er bindend. Elfen konnten entgegen dem Irrglauben zwar bestens lügen, aber auf eine gewisse Art und Weise konnten sie einem Schwur nicht entkommen.
Also nickte ich nur und hoffte, dass sich dieses Erlebnis irgendwann noch auszahlen würde.
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Devouring Dreams
FantasyIn einer fremden Welt feststecken, gemeinsam mit ihrer Schwester an ein Königshaus verkauft werden und den magischen Kreaturen dort gnadenlos unterlegen sein, davon kann Zenya ein Lied singen. Und trotzdem beschliesst sie, sich ihren Weg zurück in i...