Outing

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Mickey
Blaue Jeans. Das dunkle Hemd. Haare nach hinten gekämmt. Gut.
Ich war so leer. Innerlich. Jetzt wo ich wusste dass er lebte. Dass er sich gestellt hatte. Dass er mich verlassen hat, um seinen Scheiß zu regeln. Dass er mich vermisste. Dass er zugegeben hatte einen Fehler gemacht zu haben. Dass er mich nie nach Colorado locken hätte dürfen. Dass er sich in jedem Brief entschuldigte. Dass er mich liebte. Und dass es trotzdem nicht reichte. Dass ich trotzdem nicht genug war und dass er dachte er wäre mir zu viel. Als wäre mein Herz ein verdammter Eisblock.
Ich trat aus meinem Zimmer. Ging pissen und wusch mir das Gesicht mit kaltem Wasser. Das Blut auf meinen Fingerknöcheln war schon getrocknet. Ich fühlte mich wie ein scheiß Zombie. Der Alkohol in den letzten Monaten hatte alles betäubt. Aber seit ich die Whiskeyflasche gestern gegen die Wand geschmissen hatte, hatte ich keinen Tropfen mehr getrunken. Jetzt fühlte es sich an, als wäre ich aufgetaucht. Aufgetaucht aus dem Wasser, das alles so schön dumpf machte und die Gefühle ertränkte. Aber ich brauchte einen Job. Einen richtigen Job. Ich wollte ihm nicht als weinerliche Pussy gegenübertreten, sondern wie ein Mann. Ich wollte nicht, dass er sah wie verletzt ich war. Ich war ein geprügelter Hund aber nur innerlich. Die Fassade musste ich nun aufrecht erhalten.
Wir betraten einen großen Raum mit Tischen und Computern zu jeder Seite. In der Mitte stand eine Dame am Empfangstresen.
„Hallo, wie kann ich Ihnen helfen?"
„Wir möchten zu Josh." Sagte Mandy und trommelte mit den Fingern auf dem Metall.
„Haben sie einen Termin?"
„Sagen sie, Mandy möchte ihn sehen."
Die Dame nahm einen Hörer ab und sprach mit jemandem am Telefon. Auf dem Banner an der Wand sah ich einen Schriftzug 'Chicago serve security guards'
„Er wird sie nun empfangen. Die Treppe nach oben und dann Links die erste Tür"
Mandy klopfte. Ich bekam von dem Gespräch nicht viel mit. Mein Gehirn hatte anderes zu tun. Es war damit beschäftigt, die Gefühle und Gedanken zu sortieren die ich in den letzten Monaten ertrunken hatte. „Sehr gut, Mr. Milkovich. Dann sehe ich sie Montag um 13 Uhr. Die Adresse schicke ich ihnen noch. Holen sie sich bitte im Keller ihre Ausrüstung ab." Der Mann gab mir die Hand und Mandy einen Zettel. Wir gingen in den Keller und ich bekam eine schusssichere Weste mit Firmenlogo, einen Waffengurt mit Schlagstock und Taser, sowie ein Funkgerät. Ich unterschrieb und wir gingen wieder nach Hause. Ich hatte jetzt einen Job. Toll. Ich wusste nicht wie Mandy das angestellt hatte, aber ich war ihr dankbar dafür. Auch wenn ich es gerade nicht zeigen konnte.
Mandy ging die Treppen zum Haus nach oben und plötzlich stiegen mir die Tränen wieder in die Augen. Sie drehte sich um als sie merkte, dass ich stehen blieb. „Wenn Dad dich so sieht..." Sie hatte recht. Ich wischte mir die Tränen aus den Augen und wir gingen durch die Tür. Ich bemerkte zwar, dass mein Vater im Wohnzimmer saß, und auch, dass er immernoch seine Waffe reinigte, aber ich wollte kein Wort mit ihm wechseln und verzog mich in mein Zimmer. Als ich vor der Türe stand, merkte ich, dass sie einen spalt offen stand. „Mickey Milkovich. Du kleiner Sohn einer Hure. Beweg deinen Schwuchtel Arsch hier her." Tönte es aus dem Wohnzimmer. Ich sah auf mein Bett und erkannte, dass die Briefe weg waren und das Schloss meines Zimmers aufgebrochen war. Scheiße. Ich war gerade im Begriff meine Beine in die Hand zu nehmen und zu rennen, als ich hinter mir das klacken einer Waffe hörte. Ich drehte mich langsam um und sah in das Gesicht meines Vaters. Blanke Wut zeichnete sich darauf ab. „Du..." Und dann schrie er so laut dass ich kein Wort verstand. Ich lies die homophoben Schimpftiraden über mich ergehen. Ich fühlte nichts. Als würde ich an der Wasseroberfläche schwimmen und in den wolkenlosen Himmel schauen. Nichts. Er spuckte mir ins Gesicht und ich sah ihn nur an. „Fertig?" fragte ich monoton als er kurz durchatmete.
„Dieser rothaarigen Schwuchtel werde ich den Schwanz abhacken und ihn dir in den Arsch schieben bis er vorne wieder raus kommt. Dieser Bastard hat meinen Jungen zur Schwuchtel gefickt. Ich bring ihn um. Und du darfst zusehen. Vielleicht geht dir dabei einer ab. Ich hätte diesen Arschficker damals umbringen sollen als er dich hier gefickt hat."
Er lächelte. Und da war es. Der kleine Funken Wut den ich brauchte um auszurasten. Hätte er mich beleidigt wäre mir das egal gewesen. Aber jetzt ging es um ihn. Und er war schuld, dass wir jetzt an diesem Punkt standen. Hätte er nicht Svetlana geholt...
Ich schlug ihm die Waffe aus der Hand. Ich hatte plötzlich so eine Kraft in mir, dass ich ihn zu Boden stieß, mich auf seine Brust setzte und prügelte. „Ich liebe ihn verdammte scheiße. Und ich bin verdammt nochmal schwul Dad. Akzeptier das endlich!" Brüllte ich ihm mitten ins Gesicht. Immer und immer wieder schlug ich zu. Bis er bewusstlos war. Ich lies ab. Mandy und Iggy standen in der Tür und beobachteten mich. Zwei meiner Cousins saßen auf dem Sofa und starrten mich an. Lip stand in der Haustür und schaute zu mir. Keiner wagte es, dazwischen zu gehen. Keiner hielt mich davon ab. Ich stand auf, ging in mein Zimmer und holte meinen Rucksack. Ich packte das wichtigste ein. Das Geld, die Kippen und die Briefe vom Küchentisch. Ich ging ins Bad und wusch das Blut meines Vaters von meinen Händen. Dann zog ich mir etwas anderes an.
„Versteck dich gut, Mickey. Wenn er dich findet bist du tot." Sagte Iggy und klopfte mir auf die Schulter. "Mutig, das zuzugeben. Respekt alter." Sagte er noch und verschwand.
„Lebt er noch?" fragte Mandy „Mir egal." Sagte ich. Öffnete mir eine Dose und steckte mir eine Kippe an. Ich verlies das Haus. Es war nicht das erste mal, dass ich mich vor meinem Vater verstecken musste. Aber es war das erste mal, dass ich ihn so geschlagen hatte. Ich hätte mich nie getraut ihn jemals zu schlagen. Deshalb wusste ich auch nicht wie schlimm die Prügel diesmal sein würden, wenn ich nach Hause kommen würde. Ob ich jemals nach Hause zurück konnte?

Love is a Battlefield... [Gallavich]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt